Rostig, aber nicht verkalkt – „Die alten Knacker“

Es beginnt mit einer Beerdigung. Zwei der Trauergäste, die selbst schon halb im Grab stehen, kommen zu spät. Aber Pierrot und Mimile haben es auch nicht eilig mit dem Sterben. Zwar lebt der eine in einer Bruchbude, umgeben von den Erinnerungen an seine Zeit als rebellischer Gewerkschaftler, und der andere in einem sterilen Altersheim mit dem sprechenden Namen Totenau, aber mit dem Leben abgeschlossen haben sie noch lange nicht. Der dritte im Bunde ist Antoine, dessen Frau Lucette zu Grabe getragen wird. Die drei sind Jugendfreunde, die in der Gegend aufgewachsen sind und deren Veränderung hautnah erlebt haben.

Dass ausgerechnet die Beerdigung sie wieder zusammenführt, ist angesichts ihres Alters vielleicht kein Wunder. Was danach geschieht, kann man allerdings als ein solches bezeichnen. Und nicht nur für „Die alten Knacker“, auch für die Leser, die sich beim Auftaktband der neuen Serie von Autor Wilfrid Lupano (Alim der Gerber, Der Mann, der keine Feuerwaffen mochte) und Zeichner Paul Cauuet auf ein amüsantes, bemerkenswert schön ins Szene gesetztes Abenteuer gefasst machen können. Denn während der Trauerfeier wird die Vergangenheit der drei Männer wieder höchst lebendig, und gemeinsam mit Sophie, der hochschwangeren Enkelin Antoines, beginnt eine Reise, die alle Beteiligten auf verschlungenen Wegen bis in die Toskana führt.

Das klingt unspektakulär und das ist es auch. Das Wunder liegt eher im Detail. Es ist die Art und Weise, wie die Autoren mit ihren wunderbaren Figuren umgehen, wie sie Gegenwart und Vergangenheit verknüpfen, wie sie Nostalgie immer wieder in die Realität zurückholen und jeden Sermon der Alten über die gute alte Zeit mit einem trockenen Spruch beenden, der zeigt, dass die Knacker keineswegs im Gestern stehengeblieben sind.

Und dann sind da noch einige Überraschungen auf dem Weg, die die alten Männer, die so leicht zu Klischeefiguren werden könnten, zu quicklebendigen, vielschichtigen und ungemein sympathischen Charakteren macht, wie man sie so im Comic wahrlich nicht oft gesehen hat. Auch das Publikum des größten europäischen Comic-Festivals im französischen Angoulême hatte offenbar seinen Spaß und verlieh dem ersten Band der Serie den Publikumspreis. Man darf also wirklich hoffen, dass Antoine, Pierrot und Mimile noch einiges vorhaben – trotz ihres Alters.

Wilfrid Lupano, Paul Cauuet: Die alten Knacker 1: Die übrig bleiben. Splitter, Bielefeld 2015. 64 Seiten, € 14,80