Kein Ruhestand in Sicht – „Percy Pickwick“

Zu viele Köche verderben den Brei? Keine Binse kommt ohne Gegenbeispiele aus: Comic-Held Percy Pickwick, einstiger Agent des britischen Inlandsgeheimdienstes MI 5, der trotz seines Ruhestands noch ausgiebig in der Verbrechensbekämpfung mitmischt, hat vom oftmaligen Wechsel auf den Stühlen der Kreativen deutlich profitiert. Ursprünglich vom belgischen Comic-Zeichner und –Szenaristen Raymond Macherot (1924-2008) entwickelt, löste der schrullige „Privatdetektiv mit durch und durch britischer Lebensart“ 1959 im legendären Tintin-Magazin seinen ersten Fall. Dem etwas betagten Humor jener frühen Episoden setzten spätestens Autor Bob de Groot und Zeichner Turk als Macherots Nachfolger ab 1971 teils ausgesprochen finstere Thriller-Elemente entgegen. So entwickelten sich Sir Harold Wilberforce Cliftons (wie Pickwicks Name im Original lautet) Abenteuer zu einer schillernden Semi-Funny-Reihe, die mit sehr subtilem Charme die Pole Humor und Spannung auszutarieren versucht: Das erstreckt sich von kritischen Dialogspitzen in Richtung des britischen Adels bis zu Gastauftritten legendärer Krimi-Größen wie Agatha Christie.

Pickwick ist ein Kind der 70er Jahre. In Deutschland wurde er durch Magazinveröffentlichungen in Fix und Foxi, ZACK und Yps populär, in den 80ern folgten Alben-Editionen im Carlsen Verlag. Mit Unterbrechungen wurde die Reihe bis 2008 fortgesetzt; im März 2015 kündigte das belgische Verlagshaus Le Lombard ein neues Pickwick-Album für das Jahr 2016 an.

Bei Toonfish, dem Funny-Imprint des Splitter Verlags, erscheint „Percy Pickwick“ seit November vergangenen Jahres als bibliophile, insgesamt sechsbändige Gesamtausgabe, der fünfte Band ist jüngst in den Handel gekommen. Für diese Neuausgabe hat man sich ordentlich ins Zeug gelegt: In chronologischer Reihenfolge präsentiert man sämtliche Abenteuer inklusive aller, zuvor teils unveröffentlichten Kurzgeschichten. Die redaktionellen Beiträge der Lizenzausgabe, die jedes Buch einleiten, wurden um deutsche ergänzt, die qualitativ mitunter recht ramponierten Materialvorlagen außerdem gründlich restauriert. Zwei Videos (hier und hier), die der Verlag auf seinem YouTube-Kanal veröffentlicht hat, dokumentieren im Zeitraffer die Akribie dieser Restaurationsarbeiten. Somit können sich die deutschsprachigen Pickwick-Fans zweifellos an der weltbesten Edition dieses Klassikers erfreuen.

Bob de Groot, Turk: Percy Pickwick Bd. 5. Toonfish, Bielefeld 2015. 208 Seiten. 29,95 Euro