„Jaybird“ – Kleiner Vogel im dunklen Gemäuer

Seit Ende September speist der Erko-Verlag, hinter dem der bekannte bosnische Verleger, Agent und Sammler Ervin Rustemagić steht, deutschsprachige Comic-Novitäten in den hiesigen Markt. Den Anfang machen das neueste, 34. „Jeremiah“-Album von Rustemagićs langjährigem Klienten und Freund Hermann, zwei Sammelbände von „Die Partisanen“ und „Jaybird“, ein international erfolgreicher Comic-Export aus Finnland.

Bei „Jaybird“ handelt es sich um das Comic-Debüt der Zwillinge Jaakko und Lauri Ahonen, die dafür in ihrer finnischen Heimat 2012 mit dem Kultahuippu-Preis für das beste illustrierte Buch und 2013 mit dem Comics Finlandia-Award für den besten finnischen Comic des Jahres ausgezeichnet wurden. 2014 gab es auf dem Lucca Comics-Festival 2014 zudem den italienischen Gran Guinigi-Preis für die beste Graphic Novel des Jahres, und 2015 kam noch eine Nominierung für den amerikanischen Eisner Award hinzu.

Der Blauhäher, dem die Panel-Erzählung ihren Namen verdankt, hat es nicht leicht: In einem riesigen, unheimlichen alten Haus blicken die Portraits seiner ordengeschmückten Ahnen streng auf ihn herab, während er gegen Staub und Einsamkeit kämpft und sich obendrein um seine greise Mutter kümmern muss. Kochen, füttern, Windeln wechseln – das volle Programm. Was sich hinter den mit Brettern verbarrikadierten Fenstern des Familiensitzes befindet, weiß der junge Vogel nicht aus erster Hand. Seine Mutter erzählt ihm von bösen anderen Vögeln, die nur zu gerne ins Haus gelangen und ihnen die Augen auspicken würden. Aber wer lediglich eine Spinne als Freund hat, kann der Verlockung trotz aller mütterlichen Einflüsterungen und Warnungen nicht ewig widerstehen …

Beim Lesen wird schnell klar, wieso die Gebrüder Ahonen mit ihrem Erstling in mehr als einem Comic-Kulturkreis für Aufsehen sorgten. „Jaybird“ ist eine ungeheuer finstere, ja bittere Geschichte, die sich in der Tradition düsterer Fabeln nicht scheut, dorthin zu gehen, wo’s weh tut. Eine intensive, sehr gut erzählte Story, die sich überdies ganz auf die Macht der Bilder – des Gezeigten, des Ausdrucks, der Blickwinkel und der Farben – verlässt und bloß so viele Worte einsetzt, wie unbedingt nötig.

Stark gemacht.

Jaakko und Lauri Ahonen: Jaybird. Erko Verlag, Wuppertal 2015. 128 Seiten, 19,95 Euro