Geistreiche Geschichten in Escher-Optik – „Rork“

Die Abenteuer des wortkargen und geheimnisvollen Rork erschienen erstmals Anfang der Achtziger Jahre im belgischen Comic-Magazin „Tintin“. Nach fast zehn Jahren und insgesamt acht Bänden fand die Reihe 1993 ihren Abschluss, bevor Künstler Andreas Martens seine psychedelische Gedankenwelt mit der Spinoff-Reihe „Capricorn“ fortführte. Im Verlag Schreiber & Leser erscheint nun erstmals eine aufwändige, deutsche Gesamtausgabe, die neben zahlreichen, großformatigen Artworks sogar bislang unveröffentlichte Kurzgeschichten beinhaltet.

Die Wege des geheimnisvollen Rork kreuzen auffällig oft die obskursten Gestalten und Situationen. Egal ob ihn ein Medium kontaktiert, das den Kontakt zu den Toten verloren hat, oder ein Freund, der eine Technik entwickelt hat, jeden kugelförmigen Gegenstand durch Druck auf einen mathematisch ermittelten Punkt zur Explosion zu bringen. Inklusive der Erde. Sind es am Anfang noch diese skurrilen Begebenheiten im Leben anderer, rücken später Rork selbst und seine ungewisse Herkunft immer mehr in den Vordergrund. Etwas oder jemand muss verantwortlich sein, für die außergewöhnlichen Fähigkeiten des weißhaarigen Ermittlers in übernatürlichen Angelegenheiten…

Selten lässt sich ein Werk so schwierig kategorisieren wie „Rork“. Grob macht es sicher Sinn, in der eigenwilligen Reihe einen frühen Wegbereiter für moderne Mystery- und Grusel-Reihen wie Mike Mignolas „Hellboy“ zu sehen. Doch Andreas verfolgt einen sehr künstlerischen, chiffrierten Ansatz. Seine wirklich extrem aufwändigen Zeichnungen erinnern immer wieder an komplexe Kupferstiche oder Holzschnitte. Die Begeisterung für und Inspiration durch architektonische Zeichnungen und die Werke von Lithographie-Meister Escher sind unverkennbar. Allein die zwischen den Geschichten eingestreuten Pinup-Motive müssen den Perfektionisten Jahre seines Lebens gekostet haben.

Die komplexe, detailverliebte Optik inszeniert perfekt die poetische, metaphorische Welt von Rork, in der keine Erkenntnis je wirklich ausgesprochen wird. Stattdessen bleibt es stets dem Leser selbst überlassen, wie er die Ereignisse auf den Seiten vor sich deuten möchte. Bevor diesen Herbst der zweite und abschließende Band bei Schreiber & Leser erscheint, bleibt noch etwas Zeit um sich mit dem ersten Band in die berauschenden Bildwelten des ersten Bandes einzufinden.

RORK: Gesamtausgabe, Band 1 & 2. Schreiber & Leser, Hamburg 2015. 256 / 240 Seiten, je 39,80 Euro