Daredevil von Kevin Smith

Die zweite Staffel der viel gelobten „Daredevil“-Serie wirft ihre Schatten voraus, und Fans der Netflix-Adaption von Marvels Mann ohne Furcht freuen sich schon händereibend auf den Punisher und Elektra. Ende der 90er war es um den blinden Schutz-Teufel aus dem Universum der Avengers längst nicht gut bestellt. Das Hoch, das Daredevil der visionären Arbeit von Frank Miller (Sin City) zu verdanken gehabt hatte, war fast 20 Jahre später vollständig verflogen. Wieder einmal waren die Verkaufszahlen überschaubar, drohte Daredevil als Held und Serie in der Bedeutungslosigkeit zu versinken. Generell war Marvel damals wirtschaftlich und kreativ ziemlich angeschlagen. Also gründeten Joe Quesada und Jimmy Palmiotti das Marvel-Knights-Imprint und versuchten als Redakteure, den Karren mit aufregenden, erwachsenen Storys um zu jener Zeit nicht so gefragte Helden wie Daredevil, Black Panther oder den Punisher (dieses Jahr alle im TV oder Kino zu sehen – so kann’s gehen) aus dem Dreck zu ziehen.

Für den Neustart von „Daredevil“ unter dem Marvel-Knights-Label, den Quesada selbst zeichnete und Palmiotti tuschte, gewannen sie als Autor den lebenslangen Comic-Fan Kevin Smith, 1998 bereits bekannt für seine Filme „Clerks“ und „Chasing Amy“. Kurz vor Erscheinen seines womöglich beliebtesten Streifens „Dogma“ schrieb Smith einen Comic-Mehrteiler über den Helden aus Hell’s Kitchen, den Panini jetzt als Sammelband neu auflegt. Den 228 Seiten starken Reprint von „Daredevil: In den Armen des Teufels“ gibt es nun als Paperback und als auf 222 Exemplare limitierte Hardcover-Ausgabe mit Variant-Cover.

Die Geschichte kommt ziemlich dramatisch daher, da Smith die gesamte Mythologie und Supporting Cast von Daredevil – incl. Black Widow – mit einbezieht und Matt Murdocks Leben von einem Feind komplett unter Beschuss nehmen lässt. Darüber hinaus ist „In den Armen des Teufels“ vor allem comic-historisch von nicht unerheblicher Bedeutung. Mit dieser Story begann zum einen eine neue Ära für „Daredevil“, wo nach Smith Kreative wie David Mack („Kabuki“), Brian Bendis („Ultimate Spider-Man“), Alex Maleev („Hellboy“), Ed Brubaker („Captain America“) und Michael Lark („Lazarus“) folgten. Zum anderen kämpfte sich Marvel dank des Wirkens von Quesada und Co. aus der Krise, und ein paar Jahre nach Smith und „Babylon 5“-Erfinder J. Michael Straczynski (ab 2001 Autor von „Spider-Man“) kam mit einem gewissen Joss Whedon („Buffy“) ein weiterer Mann aus TV und Film als Autor von „Astonishing X-Men“ im veränderten, wieder attraktiven Haus der Ideen an – der Beginn einer Verbindung, die in den ersten beiden erfolgreichen „Avengers“-Film-Blockbustern und der TV-Serie „Marvels Agents of S.H.I.E.L.D.“ mündete.

Kevin Smith, Joe Quesada, Jimmy Palmiotto: Daredevil: In den Armen des Teufels. Panini, Stuttgart 2016. 228 Seiten, € 19,99
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