EINDRINGLINGE von Adrian Tomine

Eindringlinge_CoverSeine Arbeiten, die unter anderem seit Jahren im „New Yorker“ abgedruckt werden, machten den 1974 geborenen Comic-Künstler Adrian Tomine zu einem der absoluten Lieblinge des amerikanischen Feuilletons. Passend also, dass der Blurb zu seiner gerade auf Deutsch erschienenen Panel-Storysammlung „Eindringlinge“ von Chris Ware stammt, der ungefähr dieselbe Güteklasse hat wie Tomine, wenn es um das Ansehen und das Standing außerhalb der Comic-Szene, jedoch innerhalb des ‚literarischen Zirkels’ geht.

„Eindringlinge“, das im Original unter dem Titel „Killing and Dying“ veröffentlicht wurde, macht jeden Leser zum Voyeur und, nun ja, zum Eindringling. Denn die sechs kurzen Geschichten im Hardcover, dessen transparenter Schutzumschlag seinen Schlagschatten-Effekt selbst erzeugt, demonstrieren nicht nur das gesamte erzählerische und stilistische Repertoire ihres Schöpfers, der heute mit Frau und Kindern in Brooklyn, New York lebt. Zudem gewährt jede Story auf wenigen Seiten Einblick in mehr als ein Leben, mehr als ein Schicksal.

Tomine erzählt von einem Gärtner, der seine Berufung in Pflanzenskulpturen findet und damit seine Familie aufreibt (im Übrigen die beeindruckend gut komprimierte Miniatur eines jahrelang laufenden Comic-Strips). Von einer jungen Frau, deren Doppelgängerin ihr Leben massiv beeinflusst. Von einem ungleichen, ungemein merkwürdigen Paar. Von einer Familie, in der ein Stand-up-Comedy-Kurs im Vordergrund steht, im Hintergrund aber das unerbittliche Leben zuschlägt. Von einer anderen, zeitweise zerrütteten und durch zahlreiche Flugmeilen getrennten Familie. Und von einem Mann, der buchstäblich in sein früheres Leben einbricht.

„Eindringlinge“ von Adrian Tomine – keine ‚Graphic Novel’, und trotzdem genau der richtige Comic für den ‚Literaturbetrieb’. Nur dass es statt Prosa hier eben Panels mit Bildern und Text gibt.

Adrian Tomine: Eindringlinge. Reprodukt, Berlin 2016. 120 Seiten, € 24,00