Superman: American Alien

Superman ist nicht einfach bloß ein Superheld. Er ist der Prototyp, das Konzept hinter einem ganzen Genre. Nach über achtzig Jahren ist eine eigene Mythologie um die einst von Jerry Siegel und Joe Shuster entwickelte Figur herangewachsen. Doch einige Dinge zeugen noch immer von den naiven Wurzeln der Figur, die nicht immer mit modernen, düsteren, komplexen Erzählungen in Comic, Film und Fernsehen kompatibel sind. Warum dieses Cape, warum legt Clark Kent lediglich seine Brille ab und wird dann einfach nicht mehr als der schüchterne Reporter des Daily Planet erkannt? Warum dieser eigenartige, ganz schön selbstbewusste Name und warum prangt ein riesiges „S“ auf der Brust des „Mannes aus Stahl“.

samericanalien1miniAll dieser Fragen hat sich Autor Max Landis angenommen, der sein Geschick in der modernen, schlüssigen Aufbereitung von Heldenmythologien bereits im großartigen „Found-Footage“-Film „Chronicle“ unter Beweis stellen durfte. In der von Fans und Kritikern international gefeierten Mini-Serie „Superman – American Alien“ erzählt er stets von unterschiedlichen, hochkarätigen Künstlern illustrierte Episoden aus den unterschiedlichsten Lebensstationen des letzten Überlebenden vom Planet Krypton. Während diese Einzelstories im Grunde lediglich eine weitere der unzähligen Neuerzählungen von Supermans Entstehungsgeschichte bilden, hat es bislang vermutlich noch niemand so effektiv wie Landis geschafft, jeden einzelnen, noch so kitschig oder überholt wirkenden Aspekt der Figur glaubhaft und nachvollziehbar in eine zeitgenössische Erzählung zu übersetzen.

„American Alien“ steckt voller großartiger, emotionaler Momente. Ohne je den Respekt vor den historischen Wurzeln der Marke zu verlieren, legt Max Landis hier das perfekte Einstiegswerk für junge oder neue Fans von „Superman“ vor, wird jede einzelne Geschichte stilistisch immer goldrichtig mit einer völlig neuen Grundstimmung erzählt, deren roter Faden die charakterliche Entwicklung der Figur ist. Warum Superman ein Cape trägt, oder ein „S“ auf der Brust, warum er sich überhaupt „Superman“ nennt sind Entscheidungen des Helden selbst. Diese Entscheidungen fallen in starken Dialogen mit zahlreichen anderen Charakteren aus dem DC-Universum und sorgen bei alteingesessenen Fans mehr als einmal für eine Gänsehaut der entzückten Erkenntnis.

Dieser Sammelband sollte auf der Einkaufsliste jedes Interessenten für Superman-Comics ganz oben stehen und funktioniert ganz hervorragend für sich selbst, ohne jede Vorkenntnis oder Zusammenhänge mit fortlaufenden Serien. Wahrlich super!

Max Landis, Francis Manapul, Jae Lee u.v.a: SUPERMAN: AMERICAN ALIEN. Panini, Stuttgart 2016. 188 Seiten, € 19,99