Comics aus Zamonien – „Die Stadt der träumenden Bücher“

Nach dem Ableben seines geschätzten Lehrmeisters erbt Saurier-Dicher Hildegunst von Mythenmetz ein Manuskript von beispielloser sprachlicher Schönheit. In Buchhaim, der „Stadt der träumenden Bücher“ will er nun das Mysterium dieser makellosen Dichtkunst ergründen. Doch neben Unmengen an Büchern und Buchverrückten, an aufregenden Abenteuern und kostbaren Literaturschätzen trifft der junge Schriftgelehrte auch auf zwielichtige Gestalten und undurchsichtige Intrigen…

Die Zamonien-Romane aus der Feder des ursprünglich in der Comic-Landschaft beheimateten Autors Walter Moers haben nicht nur dank des beliebten Seebären Käpt’n Blaubär einen irrsinnigen Grad an Bekanntheit und Beliebtheit erreicht. Es liegt vor allem an dieser unnachahmlich charmanten und eigensinnigen Mischung aus gewitzten, sprachlichen Spielereien, stimmungsvoller Fantastik und dem bissig-satirischem Blick, mit dem Moers sein reales Umfeld wahrnimmt und beschreibt. Wer schon einmal auf einer Buchmesse gewesen ist, dem wird sehr schnell dämmern, wie real die Inspirationen für das zunächst so bizarr und exotisch anmutende Szenario wahrscheinlich gewesen sind.

Viele dieser Tugenden rettet der Schöpfer des „Kleinen Arschlochs“ mithilfe der herrlich detaillierten Digitalmalereien des Münsteraner Künstlers Florian Biege in die neunte Kunst. Die erinnern vor allem durch die stimmungsvoll leuchtenden Farben in manchen Momenten dezent wahrnehmbar an Daniel Lieskes großartige „Wormworld-Saga“, ohne ihn stilistisch zu immitieren. Da bleibt zu hoffen, dass Florian auch nach dem schon bald erscheinenden zweiten Band der „Stadt der träumenden Bücher“ noch viele weitere Möglichkeiten erhält, seine beeindruckenden Fähigkeiten in umfassenden Comic-Projekten zu präsentieren.

Ja, liebe Zamonien-Freunde, selbstverständlich ist diese Adaption des ersten Buchhain-Abenteuers kein „Ersatz“ für die erzählerische Tiefe des Romans. Das wollte sie sicher auch nie wirklich sein. Sie ist eine andere Perspektive auf eine tolle Geschichte, die andere, nun eben visuelle Schwerpunkte setzt. Natürlich müssen wie in jeder Umsetzung eines Romans auch ein paar Details, etwa zur Beziehung zwischen Hildegunst und seinem Meister, unter den Tisch fallen oder werden nur Lesern des Originals durch entsprechende Referenzen bewusst. Dafür dürfen wir aber auch Zeugen neuer Inszenierungen von großartigen Sequenzen wie der psychedelischen Konsumhypnose werden, die sich auch in gemalter Form nicht vor den großen Worten verstecken braucht. Auch ist es nicht nötig, sich ehrfürchtig die Frage zu stellen, ob die Intention des Autors durch diese neue Gewichtung verschoben, die Aussage seines Werkes verzerrt wird. Walter Moers selbst war verantworlich für Szenario und Dialoge der beiden Bände und wird vermutlich eine ganz gute Ahnung davon haben, was er mit seinem Buch sagen wollte und wo er dessen Akzente sieht.

Ein toller, dichter Fantasy-Comic in der zauberhaften Welt von Zamonien, dessen Highlight aber ganz klar die opulenten Bilder von Florian Biege sind.

Walter Moers (Text), Florian Biege (Zeichnungen): Die Stadt der träumenden Bücher Bd. 1: BuchhainKnaus Verlag, München 2017. 112 Seiten 25,00 Euro