Neil Gaimans „American Gods“ – Die Götter müssten entzückt sein

„American Gods“ aus dem Jahre 2001 ist einer der bekanntesten Romane von Fantastik-Meister Neil Gaiman, ausgezeichnet mit dem Hugo, dem Nebula, dem Locus und dem Bram Stoker Award. Gaiman, der 1992 aus England in die Staaten gezogen war, erschloss sich über den Roadtrip seines Protagonisten Shadow, der den Ex-Knacki geradewegs in einen brutalen Krieg der alten Götter-Immigranten und der aggressiven Neuzeit-Götter führt, das Land und das Phänomen Amerika.

Zuletzt ist der Roman 2015 als literarischer Director’s Cut in der über 12.000 Wörter längeren Lieblingsfassung von Gaiman und ferner in einer Komplett-Neuübersetzung bei Eichborn auf Deutsch erschienen. Seit Mai 2017 kann man hierzulande außerdem die pompöse, etwas überstilisierte TV-Serien-Adaption durch Bryan Fuller und Michael Green auf Amazon Prime streamen. Damit nicht genug: Bei Splitter startete die Comic-Interpretation dieses gepriesenen Werks der modernen Fantasy. Federführend ist dabei wieder einmal der erfahrene US-Künstler P. Craig Russell, der nicht nur Hellboy, Dr. Strange, Elric, Conan, die Opern von Mozart und Wagner oder Kiplings Dschungelbücher in Szene setze, sondern auch allerhand Gaiman-Geschichten in Comic-Form: „Sandman“, „Mordmysterien“, „Coraline“, „Das Graveyard-Buch“.

Die Comic-Variante von „American Gods“ funktioniert wie die gelungene Verquickung von „Das Graveyard-Buch“: Russell hat die Story in Seiten und Panels umgebrochen und liefert die Layouts und die Vorzeichnungen – Reinzeichnung samt Details besorgt Scott Hampton. Der hat in seinem malerischen Stil einst z. B. die erste „Lucifer“-Miniserie von Mike Carey bei Vertigo realisiert, jenes Spin-off zu Neil Gaimans „Sandman“-Saga, aus dem kürzlich ebenfalls eine schwer unterhaltsame TV-Serie hervorgegangen ist. Darüber hinaus bebilderte Hampton ein Kapitel von Gaimans originaler „Die Bücher der Magie“-Serie, die Harry Potter vorausging, die Zombie-Comics „Simon Dark“ und „Star Spangled War Stories“ sowie Clive Barkers „Hellraiser“. Weitere Back-up-Flashbacks im Auftaktband von „American Gods“ übernahmen neben Russell die Größen Walt Simonson („Thor“) und Colleen Doran („Orbiter“), während in der Cover-Galerie hinten im Hardcover Titelbilder von Dave McKean („Sandman“) oder Glenn Fabry („Preacher“) auftauchen.

Viel Prominenz also für diese ausladende, werkgetreue Comic-Umsetzung von „American Gods“, einem der erfolgreichsten Fantasy-Romane seit dem Jahrtausendwechsel, dank dem die alten Götter aus den Millennia davor so lebendig und präsent erscheinen, wie sie sich das wünschen.

Neil Gaiman (Text), P. Craig Russell (Text), Scott Hampton (Zeichnungen): American Gods: Schatten Buch 1. Aus dem amerikanischen Englisch von Gerlinde Althoff. Splitter, Bielefeld 2017. 144 Seiten. 19,80 Euro