Allgegenwärtige Bedrohung im täglichen Leben – „Der Realist“

Was ich über Israel und den Konflikt mit den palästinensischen Nachbarn weiß, habe ich aus den Medien erfahren. Zeitschriften, Zeitungen und Fernsehreportagen zeichnen ein vielfältiges Bild eines Konfliktes, der nicht erst seit 1948 diese Region beherrscht. Die Graphic Novel „Der Realist“ von Asaf Hanuka gibt ebenfalls Einblicke in diesen Konflikt – diese sind aber eher persönlich und überzeugen durch die künstlerische Sicht.

Erschienen ist der erste Band der Reihe bei Cross Cult, bei denen man einen solchen Comic kaum vermutet hätte. Üblicherweise veröffentlicht Cross Cult verschiedene Genre-Comics, meist aus den Bereichen Science Fiction und Horror. Ohne phantastische Elemente kommt „Der Realist“ allerdings nicht aus; der Zeichner lässt immer wieder die Realität aufbrechen und gibt phantastische Einblicke in seine Geschichten.

Asaf Hanuka (Text und Zeichnungen): „Der Realist“. Aus dem Hebräischen von Uri Reick.
Cross Cult, Stuttgart 2015. 192 Seiten. 29,95 Euro

Asaf Hanuka ist auch im wirklichen Leben ein Familienvater, der mit allerlei Problemen zu kämpfen hat: Streit mit der Frau, Ärger mit dem Kind, zu hohe Mietpreise für die Wohnung – all das kennt man als durchschnittlicher Mitteleuropäer ebenfalls. Bei Hanuka kommt allerdings stets die Politik dazu: In den Medien wird ständig über Terror berichtet, die allgegenwärtige Bedrohung spielt in das tägliche Leben hinein, auf der Straße wird demonstriert. In Israel ist das Leben eines gewöhnlichen Bürgers doch sehr viel anders geartet als in Mitteleuropa.

Der Zeichner Asaf Hanuka überträgt all diese Themen in seine Comics. Auf jeweils einer Seite stellt er Szenen seines Lebens und seiner Umgebung nach. Das ist stets eher realistisch gezeichnet, wird lakonisch erzählt und zeigt in oftmals überraschenden Bildern, wie sich sein Leben entwickelt. Witzig sind die Einseiter selten, manchmal muss man immerhin schmunzeln. Immer wieder verzerrt der Zeichner die Realität. Die Welt wird zu einem Bild aus einem Superhelden-Comic, ein Mensch verzerrt sich in ein impressionistisches Bild, sein Sohn wird zu einem Monster … all das bringt die Comics und die Realität auf einer ganz anderen Ebene wieder in Einklang.

„Der Realist“ ist keine Geschichte, die man zügig durchliest. Es ist eine Sammlung von einseitigen Comics, die einen immer wieder zum Staunen bringen und durch die man viel über den Künstler und sein Leben erfährt. Politik schildert er nicht direkt – man erfährt nichts über seine persönliche Meinung –, aber er zeigt die Auswirkungen von Krieg und Terror. Das ist spannend und mitteilsam zugleich.

Dieser Text erschien zuerst auf: perry-rhodan.net

Klaus N. Frick ist Chefredakteur der Science-Fiction-Heftroman-Serie „Perry Rhodan“ sowie Autor zahlreicher Romane und Kurzgeschichten.