Comic-Bestenliste 2018 – Teil 5 (von 5)

Erstmals haben sich 29 Kritikerinnen und Kritiker aus Deutschland, Österreich und der Schweiz zusammengetan, die in Presse, Rundfunk und Internet regelmäßig Comics, Mangas und Graphic Novels besprechen, um eine gemeinsame Bestenliste für das zurückliegende Jahr zusammenzustellen.

Die Comic-Bestenliste orientiert sich in ihrem Erstellungsverfahren an der renommierten „SWR Bestenliste“ für Literatur. Die Jurorinnen und Juroren, die am Ende der Seite aufgelistet sind, konnten bis zu vier Comics aus 2018 sowie dem 4. Quartal 2017 benennen, denen sie möglichst viele Leser und Leserinnen wünschen, und vergaben je einmal 15, 10, 6 sowie 3 Punkte.

Seit dem 28. Dezember wurden die ca. 50 bestplatzierten Comics Tag für Tag veröffentlicht – bis am heutigen Neujahrstag die „Top 10“ bekanntgegeben werden und feststeht, welcher Titel als Gewinner den „Preis der deutschsprachigen Comic-Kritik 2018“ erhält.

Und der Gewinner ist mit riesigem Vorsprung: „Am liebsten mag ich Monster“ von Emil Ferris, auf Deutsch herausgegeben von Panini Comics.


http://www.avant-verlag.de/files/comic/cover-full/avant_DerUmfall_Cover-500.jpgPlatz 10 (mit 28 Punkten)

Mikael Ross:

DER UMFALL (avant-verlag)

HC-Album, 128 Seiten, farbig, € 28,00, ISBN: 9783945034941 • Leseprobe: http://t1p.de/w4wz

Den aus München stammende Comic-Künstler Mikael Ross führte das Studium an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee in die Hauptstadt.
Andrea Heinze im rbb kulturradio: „(…) Anfang des Jahres ging das erste Berliner Comicstipendium an Mikael Ross, der über einen jungen Mann mit geistiger Behinderung recherchieren wollte. Inzwischen ist der Comic zu der Recherche erschienen. ‚Der Umfall‘ heißt er und erzählt davon, wie sich im Leben eines Behinderten plötzlich alles ändert. ‚Der Umfall‘ ist ein Wortspiel – oder eigentlich ein Missverständnis, denn Noel kann nicht mehr zu Hause wohnen, nachdem seine Mutter einen Unfall hatte. Für Noel wird das immer der ‚Umfall‘ bleiben, weil er mit dem Wort Unfall nichts anfangen kann und weil seine Mutter im Badezimmer umgefallen ist. Anschließend musste sie ins Krankenhaus. Weil sich seine Mutter nicht mehr von diesem ‚Umfall‘ erholt, wird Noel in eine Behinderteneinrichtung nach Niedersachsen gebracht (…)“, http://t1p.de/te5k
Andreas Platthaus auf faz.net: „(…) erst die Freiheit, mit der Ross die Ergebnisse seiner zweijährigen Recherchen in Neuerkerode (die zu großen Teilen in Gesprächen mit den dort lebenden Menschen bestand) zu einer stringenten Erzählung umformte, macht die Qualität von ‚Der Umfall‘ aus. Und wird dem gerecht, was Ross in Neuerkerode beobachtet und besprochen hat. Gezeichnet ist das in einem für Deutschland ganz seltenen Stil, der die Begeisterung von Ross für französische Vorbilder erkennen lässt, vor allem für Nicolas de Crécy und Christophe Blain. Deren Meisterschaft für karikatureske Elemente in geradezu malerisch angelegten Dekors (…) hat Ross nachgeeifert, und es ist ihm gelungen, diese bisweilen märchenhafte Stimmung auch in seiner Geschichte zu erschaffen – ein Kunststück und zugleich erzählerische Notwendigkeit (…)“, http://t1p.de/qayv


https://www.splitter-verlag.de/images/product_images/popup_images/Black_Hammer_02_lp_Cover_900px.jpgPlatz 10 (mit 28 Punkten)

Jeff Lemire (Szenario) & Dean Ormston, David Rubin (Zeichnungen)

BLACK HAMMER (Splitter Verlag)

Bisher zwei HC-Bücher, 176–184 Seiten, farbig, € 19,80–24,80, ISBN/Band 2: 9783962190828 • Originalveröffentlichung 2016/17 in der ersten „Black Hammer“-Heftserie im amerikanischen Verlag Dark Horse • Kolorierung: Dave Stewart & David Rubin • Übersetzung aus dem amerikanischen Englisch: Katrin Aust • Leseprobe aus Band 1: http://t1p.de/rtxu

Aus dem „Black Hammer“-Universum des kanadische Comic-Künstler Jeff Lemire liegen bei Splitter zudem schon zwei Spin-off-Bände vor.
Christian Gasser in Radio SRF 2 Kultur: „(…) Zu den Superhelden ist der 1976 geborene kanadische Autor Jeff Lemire über Umwege gestossen. Er ist zwar, wie alle nordamerikanischen Buben, mit Superheldencomics aufgewachsen. Doch erlebte er seinen Durchbruch als Autor und Zeichner von Comics mit autobiographisch grundierten Graphic Novels (…) Der Erfolg öffnete ihm die Türen der Grossverlage DC und Marvel, wo er als Autor an einigen Serien mitschrieb. Das war ihm schon bald nicht mehr genug – er beschloss, sein eigenes Superhelden-Universum zu schaffen. In ‚Black Hammer‘ verpflanzt er nun urbane Superhelden in die Provinz und verwebt Persönliches und Psychologisches mit Versatzstücken aus dem Superheldengenre (…)“, http://t1p.de/i9p9
Jeff Lemire im Gespräch mit Lars von Törne für den „Tagesspiegel“: „(…) Wenn man nur direkte Superhelden-Geschichten macht, in denen die Hauptfiguren auf andere Figuren einprügeln, wäre das für mich als Autor uninteressant. Ich muss die Figuren auseinandernehmen, die emotionale Verbindung für mich finden und dann den Superheldenkram um die Emotionen und die innere Landschaft des Charakters aufbauen. Ich bin eben in den 80er Jahren aufgewachsen, was bekanntlich die große Ära der Dekonstruktion war. Das Zeug, das mich als jüngeren Leser wirklich beeindruckt hat, war Frank Miller mit seinem Daredevil und Batman, Alan Moore mit ‚Swamp Thing‘ und dann ‚Watchmen’ … Diese Arbeiten hatten einen großen Einfluss auf mich als Kind (…)“, http://t1p.de/gvzh


https://www.reprodukt.com/wp-content/uploads/9783956401473.jpgPlatz 8 (mit 30 Punkten)

Antonia Kühn:

LICHTUNG (Reprodukt)

SC-Buch mit Klappbroschur, 256 Seiten, s/w, € 24,00, ISBN: 9783956401473 • Leseprobe: http://t1p.de/6w9v

Das erste größere Comic-Werk der Hamburger Comic-Künstlerin, die in Anke Feuchtenbergers Illustrationsklasse an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) ihr Handwerk erlernte.
Birte Förster auf „Titel Kulturmagazin“: „(…) In ihrer Graphic Novel ‚Lichtung‘ nähert sich Comic-Zeichnerin Antonia Kühn Schritt für Schritt dem Zusammenleben einer Familie, das von der Vergangenheit verschluckt zu werden scheint. Dabei legt sie die Beziehungen zwischen Paul, seiner Schwester und dem Vater offen, die durch das Fehlen der Mutter durcheinandergeraten sind (…) In ihrer Umsetzung der größtenteils aus Pauls Perspektive erzählten Familiengeschichte schafft Zeichnerin Kühn eine beeindruckende Vielschichtigkeit und kommt dabei fast ohne Worte aus (…)“, http://t1p.de/664k
Andreas Platthaus auf faz.net: „(…) Besonders meisterhaft ist Antonia Kühns Umgang mit Bildmetaphern, vor allem ihr Gebrauch eines Mobiles, das sich in Pauls Kinderzimmer befand, seit er denken konnte, und bei einem Umzug auseinandergenommen und wieder zusammengefügt wurde – allerdings unter Verzicht auf eine Figur. Dieses fehlende Element, das die ganze Sache aus dem Gleichgewicht bringt oder zumindest weniger komplex macht, wird im Laufe der Geschichte immer wieder mit der toten Mutter gleichgesetzt. Das mag naheliegend klingen, doch wie Antonia Kühn es graphisch umsetzt, ist beeindruckend. Die Mobile-Sequenzen gehorchen anderen seitenarchitektonischen Konzepten als der Rest der Handlung – wie überhaupt die ständig variierende Gestaltung und dabei entstehende variable Verzahnung verschiedener Realitätsebenen ein markanter Zug dieses erstaunlichen Debüts ist (…)“, http://t1p.de/5qil


https://www.schreiberundleser.de/images/sl_terrymoore/titel614.jpgPlatz 8 (mit 30 Punkten)

Terry Moore:

MOTOR GIRL (Schreiber & Leser)

SC-Buch, 224 Seiten, s/w, € 24,95, ISBN: 9783946337737 • Originalveröffentlichung 2016/17 in zehn Heften in Terry Moores amerikanischen Eigenverlag Abstract Studio • Übersetzung aus dem amerikanischen Englisch: Resel Rebiersch • Leseprobe: http://t1p.de/86z6

Der Amerikaner Terry Moore entwickelte den Stoff bereits 2007, stellte die Arbeit an dem Comic dann aber vor allem für seine Serie „Rachel Rising“ zurück, die ebenfalls bei Schreiber & Leser auf Deutsch vorliegt.
Christian Endres auf „Die Zukunft“: „(…) Die Beziehung zwischen Sam und Mike gewinnt einen sofort als die liebenswerteste Halluzination seit Calvin und Hobbes. Dennoch handhabt Moore den Themenkomplex von Krieg, Veteranen und Psychosen natürlich zugleich auf seriöse, einfühlsame Art und Weise. Die knuffigen Besucher aus dem All wecken indes Erinnerungen an Pog und seine Alien-Crew, die den Sumpf in Alan Moores und Shawn McManus‘ berühmter ‚Swamp Thing‘-Story von 1985 aufscheuchten. Zudem warten eine Referenz an ‚Tim und Struppi‘-Schöpfer Hergé sowie Zitate von z. B. Stephen Hawking und Arthur C. Clarke. Man spürt förmlich, wie viel Freude Terry Moore jede detailreiche Schwarz-Weiß-Seite seiner makellos inszenierten Geschichte beim Schreiben und Zeichnen gemacht hat (…)“, http://t1p.de/2sd4
Joanna Gawronska auf „Heldin in Strumpfhose“: „(…) Die Geschichte hat schon einige schmissige Wendungen und Überraschungen parat und verblüfft mit einigen wirklich schrägen Ideen. So liebevoll realistisch seine weiblichen Protagonisten agieren, die Nebenfiguren und Handlungen sind es nicht immer. Aber gerade das liebe ich daran so sehr! In einem Moment muss man laut lachen (und laut schmunzeln), im nächsten drückt sich ein Tränchen aus dem Augenwinkel. Diese Mischung ist doch der Hammer, oder? Muss man aber mögen. Ich mag es nicht, ich liebe es (…)“, http://t1p.de/cp0s


https://www.carlsen.de/sites/default/files/styles/layer_480/public/produkt/cover/9783551776563.jpg?itok=ZFk3k6CjPlatz 6 (mit 31 Punkten)

Émile Bravo:

SPIROU ODER: DIE HOFFNUNG – TEIL 1 (Carlsen Comics)

SC-Album, 96 Seiten, farbig, € 14,00, ISBN: 9783551776563 • Originalveröffentlichung 2018 im Magazin „Spirou“ des belgischen Verlags Dupuis • Kolorierung: Fanny Benoit • Übersetzung aus dem Französischen: Ulrich Pröfrock • Leseprobe: http://t1p.de/li90

Das Album ist als 26. Ausgabe der Reihe „Spirou und Fantasio Spezial“ erschienen und knüpft inhaltlich an Band 8 („Porträt eines Helden als junger Tor“) an, den der Franzose Émile Bravo bereits 2008 schuf.
Andreas Platthaus auf faz.net: „(…) Bravo legt seine Geschichte ‚Die Hoffnung‘ auf runde dreihundert Seiten an, und deshalb waren erst einmal drei Bände angekündigt, deren erster nun aber ’nur‘ mehr als achtzig Seiten umfasst (weshalb es jetzt wohl vier werden, denn Bravo ist Star seiner Zunft genug, um sich nicht profanen Vertriebsargumenten zu beugen). Das heißt aber auch, dass wir es jetzt lediglich mit einem Bruchteil von bestenfalls einem Drittel und schlimmstenfalls nur einem Viertel zu tun haben, für ein Urteil über das Ganze also gar keine ausreichende Grundlage besteht. Wenn ich trotzdem sage, dass die Geschichte atemraubend gut ist, dann erfolgt diese Einschätzung nur aufgrund des ersten Kapitels. Und das mag andeuten, was am Ende zu sagen sein wird, wenn Bravo dieses Niveau mit den weiteren Kapitel gewahrt haben sollte. Oder vielleicht sogar gesteigert? (…)“, http://t1p.de/f2f4
Émile Bravo im Gespräch mit Ralph Trommer für „taz.die tageszeitung“: „(…) Ich hatte das Gefühl, dass die Geschichte noch nicht auserzählt ist. Mich hat interessiert: Wie wird dieser Junge zu jenem Abenteurer Spirou, den der Zeichner André Franquin ab 1946 geprägt hat? Und ich dachte: Zu dem konnte er sich nur während des Krieges entwickeln. Mein Ziel war es also zu erzählen, wie ein Kind während der Besatzungszeit unter den deutschen Nazis überleben und zu seinem­ persönlichen Humanismus finden kann. Auch die anderen drei Bände habe ich bereits geschrieben und gezeichnet, aber noch nicht getuscht und koloriert. Ich musste die Geschichte zusammen entwickeln. Sie werden nun im Jahresrhythmus erscheinen, der vierte Band also 2021 (…)“, http://t1p.de/csdr


https://www.tokyopop.de/manga/media/image/5d/bc/c4/die-zeit-am-abgrund-cover.jpgPlatz 6 (mit 31 Punkten)

Inio Asano:

DIE ZEIT AM ABGRUND (Tokyopop)

Großtaschenbuch mit Klappbroschur, 252 Seiten, s/w & farbig, € 12,00, ISBN: 9783842048850 • Originalveröffentlichung 2017 im Seinen-Magazin „Big Comic Superior“ des japanischen Verlags Shogakukan unter dem Titel „Reiraku“ • Übersetzung aus dem Japanischen: Hana Rude

Vom japanischen Mangaka Inio Asano erscheint derzeit auch die Serie „Dead Dead Demons DeDeDeDeDestruction“ bei Tokyopop.
Gina Dähmlow auf Sumikai: „(…) Inio Asanos Seinen-Manga ‚Die Zeit am Abgrund‘ widmet sich den sozialen und beruflichen Komplikationen, die sich aus dem Mangaka-Beruf ergeben. Wir erleben einen älteren Protagonisten namens Fukusawa, der einen Hit-Manga abschloss und sein bisheriges Leben sowie den Arbeitsablauf um sich herum infrage stellt. So beschäftigen ihm der Leistungs- und Konkurrenzdruck aber auch die Tatsache, dass er kaum noch soziale Kontakte pflegt und sich als Künstler nicht frei entfalten darf. Stattdessen muss der Protagonist bei den Verlagen Kriterien erfüllen, damit das Werk bei einem bestimmten Publikum ankommt. Fukusawa verlor durch all diese Dinge sämtliche Leidenschaft an seinem Beruf. Mit dieser Einstellung erfolgt letztendlich auch in seinem Privatleben eine große Veränderung (…)“, http://t1p.de/95ll
Michel Decomain porträtierte den Manga-Künstler Asano auf „Tagesspiegel Online“: „(…) Asano erzählt von jungen Menschen, die unter gesellschaftlichem und familiärem Erwartungsdruck leiden, unter Perspektivlosigkeit und der Friss-oder-stirb-Mentalität eines außer Kontrolle geratenen, sich von innen selbst zerfressenden Kapitalismus, der seit zwanzig Jahren in der Wirtschaftskrise steckt. Demgegenüber stehen die Hoffnungen, Wünsche und Träume der Jugend, die Leidenschaften, Freundschaften und Liebschaften, die unter den Anforderungen des Erwachsenenlebens erdrückt zu werden drohen (…)“, http://t1p.de/ckem


https://www.carlsen.de/sites/default/files/styles/layer_480/public/produkt/cover/9783551723475.jpg?itok=5dhMbsuSPlatz 5 (mit 33 Punkten)

Pascal Jousselin:

UNSCHLAGBAR! 1: GERECHTIGKEIT UND GEMÜSE (Carlsen Comics)

SC-Album, 48 Seiten, farbig, € 12,00, ISBN: 9783551723475 • Originalveröffentlichung regelmäßig seit 2013 im Magazin „Spirou“ des belgischen Verlags Dupuis unter dem Titel „Imbattable“  • Kolorierung: Laurence Croix • Übersetzung aus dem Französischen: Marcel Le Comte • Leseprobe: http://t1p.de/1g0w

Der zweite Sammelband mit Einseitern des französischen Comic-Künstlers Pascal Jousselin ist für Ende Februar 2019 angekündigt.
Joanna Gawronska auf „Heldin in Strumpfhosen“: „(…) die unglaubliche Magie des Comics. So nennt Unschlagbar sie. Und das vollkommen zu Recht. Aber was – oder wer? – ist Unschlagbar denn nun? Ein unfassbar unaufgeregter Kerl mit Wohlfühlbäuchlein, der seine Heldentaten nicht mit Muskelkraft vollbringt, sondern mit der Magie der Comics. Dabei nutzt er alles, was das Medium zu bieten hat: Panels, Perspektiven, selbst die Sprechblasen können zu einer mächtigen Waffe im Wortgefecht gegen raffgierige Bürgermeister werden (…)“, http://t1p.de/0ii2
Peter Hetzler im „Tagesspiegel“: „(…) er findet Wege, die sonst niemand findet. Beispielsweise, um Dinge aus der Zukunft in die Gegenwart zu holen. Eine ausgeklügelte Grafik nutzt die Panelstruktur des Comics dazu, um den Raum für die Zeit durchlässig zu machen (…) Der 1973 geborene Autor und Zeichner Pascal Jousselin gewinnt dem Medium auf diese Weise völlig neue Aspekte ab. Er spielt mit der Panelstruktur und nutzt sie dazu, die Handlung auf mehreren, sich einander beeinflussenden Zeitebenen gleichzeitig laufen zu lassen. Unser Gefühl für Raum und Zeit wird dabei auf bizarre Weise auf den Kopf gestellt. Solange etwas noch nicht passiert ist, kann man es noch verhindern? Hier nicht (…)“, http://t1p.de/w5ji


https://www.schreiberundleser.de/images/sl_affendaemmerung/titel607.jpgPlatz 4 (mit 40 Punkten)

Pascal Rabaté nach Alexei Tolstoi:

DER SCHWINDLER (Schreiber und Leser)

HC-Album, 544 Seiten, s/w, € 39,80, ISBN: 9783946337638 • Originalveröffentlichung von 1998–2001 in vier Alben im französischen Verlag Vents d’Ouest unter dem Titel „Ibicus“ • Übersetzung aus dem Französischen: Resel Rebiersch • Leseprobe: http://t1p.de/6a5o

Die Romanvorlage von Alexei Tolstoi, einem entfernten Verwandten von Lew Tolstoi, ist auf Deutsch unter den Titeln „Ibykus“ und „Die Emigranten“ veröffentlicht worden.
Christian Gasser auf Radio SRF 2 Kultur: „(…) Als Rabatés Comic-Adaption vor rund zwanzig Jahren in Frankreich erschien, wurde sie als Ereignis gefeiert. Sie heimste wichtige Preise ein und mauserte sich zum Bestseller und zum Klassiker. Nun erscheint ‚Der Schwindler‘ auch auf Deutsch, im Nachgang des 100. Jahrestags der Russischen Revolution. Das war höchste Zeit: Denn der fette Wälzer des französischen Zeichners ist keine Spur gealtert und immer noch dringlich und begeisternd. ‚Der Schwindler‘ schildert die Verwirrungen und das Chaos vor und während der Russischen Revolution. Dies aus der Perspektive eines amoralischen und zynischen Glücksspielers, Hochstaplers, Betrügers, Zuhälters, Rauschgifthändlers und zaristischen Spitzels, der sich erst noch als Aristokrat ausgibt (…)“, http://t1p.de/nzei
Gerd Heger auf SR.de: „(…) Wer den Begriff Graphic Novel sinnlich erfahren möchte, sollte Pascal Rabatés ‚Schwindler‘ in die Hand nehmen – gefühlt locker 5 Kilo im Format eines Ausstellungskatalogs. Ein bisschen größenwahnsinnig ist es schon, einen kompletten Roman von Meister Tolstoi, nämlich ‚Ibykus – die Emigranten‘, in fast 2000 kleinen und großen aquarellierten Bildern umzusetzen. Die Geschichte des unbedeutenden Büroangestellten Semjon Iwanowitsch Newsorow in den Wirren der Revolution saust von Petrograd über die Weiten Russland bis hin in das damals großweltige Tblissi und nach Istanbul am Anfang des 20. Jahrhunderts, von Weissagungen geprägt, deftigen Liebesaffären, grausigen Mordgeschichten, Rettungen in letzter Minute und viel moralischer Flexibilität (…)“, http://t1p.de/hebo


https://www.reprodukt.com/wp-content/uploads/9783956401619.jpgPlatz 3 (mit 43 Punkten)

Tillie Walden:

PIROUETTEN (Reprodukt)

SC-Buch mit Klappbroschur, 400 Seiten, zweifarbig, € 29,00, ISBN: 9783956401619 • Originalveröffentlichung 2017 im amerikanischen Verlag First Second Books unter dem Titel „Spinning“ • Übersetzung aus dem amerikanischen Englisch: Sven Scheer • Handlettering: Olav Korth • Leseprobe: http://t1p.de/m1lc

In der Graphic Novel verarbeitet die junge Amerikanerin ihren eigenen Karriereversuch im Spitzensport.
Barbara Buchholz im „Tagesspiegel“: „(…) Hinter Pirouetten und Sprüngen auf dem Eis stecken viel Arbeit und Konzentration, doch sie wirken elegant und leicht. Das gilt auch für Tillie Waldens Zeichnungen: Ihr sparsamer, lockerer Strich wirkt skizzenhaft und fängt Bewegungen und Stimmungen perfekt ein, zartes Aquarell-Violett kontrastiert mit dunkellila Flächen, gelben Akzenten und luftigem Weißraum. Auf den Seiten wechseln sich Splashpanels, Waffelgitter oder Szenen ohne jeden Rahmen ab und bringen – zusammen mit dem Erzählrhythmus – Dynamik und Spannung in die eher introspektive Geschichte. Die 1996 geborene US-amerikanische Künstlerin erzählt in ‚Pirouetten‘ von ihrer Kindheit und Jugend als Eiskunstläuferin in Austin/Texas und von ihrer Hassliebe zu diesem kalten Sport, dem sie schließlich nach zwölf Jahren radikal den Rücken kehrt, um einen ganz anderen Weg einzuschlagen. Eigentlich aber geht es um viel mehr: Um Erwachsenwerden, Coming-Out und Emanzipation (…)“, http://t1p.de/blte
Tillie Walden im Gespräch mit Moderatorin Shanli Anwar auf „Deutschlandfunk Kultur“: „(…) Die Zeit, die ich früher mit Schlittschuhlaufen verbracht habe, verbringe ich jetzt mit Zeichnen. Wenn ich früher um 5 Uhr früh aufgestanden bin, um zum Eiskunstlaufen zu gehen, dann fange ich jetzt an mit Zeichnen. Und ich musste mir erst selber beibringen, dass Zeichnen kein Wettbewerb ist, dass ich da gegen niemanden antrete. Ich habe am Anfang viel zu viel und viel zu schnell gearbeitet. Ich musste mir klarmachen: Es gibt keine Jury, ich mache das für mich. Und es ist nicht so, dass das Zeichnen dasselbe für mich ist wie das Schlittschuhlaufen, aber es spiegelt es auf jeden Fall wider (…)“, http://t1p.de/lay9


https://www.carlsen.de/sites/default/files/styles/layer_480/public/sonstiges/9783551721150.jpg?itok=qWmOKCd8Platz 2 (mit 45 Punkten)

Flix:

SPIROU IN BERLIN (Carlsen Comics)

HC-Album, 64 Seiten, farbig, € 16,00, ISBN: 9783551721150 • Kolorierung: Marvin Clifford • Leseprobe: http://t1p.de/fq3z

Der aus Münster in Westfalen stammende Felix „Flix“ Görmann, der inzwischen seit vielen Jahren in Berlin lebt, durfte als erster deutschsprachiger Comic-Künstler ein „Spirou“-Album gestalten.
Christoph Haas in der „Süddeutsche Zeitung“: „(…) Die meisten heutigen ‚Spirou‘-Zeichner orientieren sich mehr oder minder stark an André Franquin. Flix ist dagegen seinem eigenen Stil weitgehend treu geblieben. Nur die Hintergründe sind deutlich sorgfältiger ausgearbeitet, als dies sonst bei ihm der Fall ist. Hier greift der dokumentarische Anspruch der frankobelgischen Schule: Spielt ein Geschehen an realen Orten, so sollen diese auch korrekt wiedergegeben werden. Wie in seinem Zeitungsstrip ‚Schöne Töchter‘ bricht Flix die schlichte Panelreihung mehrmals zugunsten eines Layouts auf, das den Leser auf eine ungewöhnliche, aber stets schlüssige Weise über die Seite führt. ‚Spirou in Berlin‘ ist ein außergewöhnlich gelungenes Album, nichts Geringeres als ein zukünftiger Klassiker (…)“, http://t1p.de/x1m2
Andrea Heinze im Deutschlandfunk: „(…) Ganz nebenbei zitiert Flix auch anderen Figuren des ‚Spirou‘-Universums, die gar nicht auftauchen. Besonders schön: Das Marsupilami – ein Tier, das seinen ultralangem Schwanz blitzschnell in eine Schlagwaffe verwandeln kann, darf eigentlich aus urheberrechtlichen Gründen bei Flix gar nicht auftauchen, kommt irgendwie doch immer wieder vor – zum Beispiel im Logo einer Frittenbute. Der Band ‚Spirou in Berlin‘ wimmelt nur so von guten Ideen: die maroden Staatsfinanzen der DDR sollen mit künstlich hergestellten Diamanten aus einer riesigen unterirdischen Maschine gerettet werden, DDR-Witze und Wortspiele wechseln einander ab. Und dann bricht Flix auch noch die strenge Panel-Struktur der ‚Spirou‘-Bände auf und lässt eine Verfolgungsjagd durch ein Lüftungssystem über eine ganze Seite mäandern (…)“, http://t1p.de/gkg1


https://www.paninishop.de/static/artbilder/jpg/AMLIEBSTENMAGICHMONS_563.jpgPlatz 1 (mit 125 Punkten)

Emil Ferris:

AM LIEBSTEN MAG ICH MONSTER (Panini Comics)

SC-Buch, 420 Seiten, farbig, € 39,99, ISBN: 9783741608087 • Originalveröffentlichung 2017 im amerikanischen Verlag Fantagraphics unter dem Titel „My favorite Thing is Monsters“ • Übersetzung aus dem amerikanischen Englisch: Torsten Hempelt • Leseprobe: http://t1p.de/4x0c

Derzeit arbeitet die Amerikanerin Emil Ferris am abschließenden zweiten Teil ihres autobiographischen Graphic-Novel-Werks.
Christian Gasser auf Radio SRF 2 Kultur: „Als Erstes fallen die Zeichnungen auf: Mit vielen Bleistift- und Kugelschreiberstrichen schafft Emil Ferris ausdrucksstarke und leidenschaftliche Bilder. Sie changieren zwischen bewegten Gemälden und steifen Kinderkritzeleien, zwischen realistischer Räumlichkeit und abstrahierender Stilisierung. ‚Am liebsten mag ich Monster‘ ist durchsetzt mit zahlreichen Referenzen an die Kunstgeschichte und an Horror-Comics. Nicht weniger dicht und vielschichtig ist die Geschichte der amerikanischen Autorin. ‚Am liebsten mag ich Monster‘ heisst ihre Graphic Novel. Es ist das fiktionale Tagebuch der zehnjährigen Karen Reyes aus Chicago und spielt sich ab vor dem Hintergrund der gesellschaftlich bewegten späten 1960er-Jahre. Nichts liebt Karen mehr als Monster. Sehnlichst hofft sie auf eine Begegnung mit einem Werwolf, um dank seines Bisses selber einer zu werden. Bis es soweit ist, zeichnet sie sich selber schon mal als Ungeheuer mit mächtigen Beissern (…)“, http://t1p.de/0t6i
Emil Ferris im Gespräch mit Sophie Peyrard für die ARTE-Sendung „Tracks“: „(…) Was Monster anderen Leuten voraus haben? Also für mich sind alle Leute Monster. Und die besten Monster sind die, denen das bewusst ist. Ich wollte als Kind kein Mädchen sein – das will ich bis heute nicht . Ich wollte ein Werwolf sein, wollte in den Wald gehen und mich verwandeln können. Ich wusste immer, dass ich nicht so war wie alle anderen, merkte aber bald, dass ich damit nicht allein bin und dass jeder noch ein anderes Wesen in sich trägt (…)“, http://t1p.de/ypgw (online bis 02.11.2021)


DIE JURY

Barbara Buchholz (Comixene, Der Tagesspiegel, http://t1p.de/p02p)
Gina Dähmlow (Sumikai, http://t1p.de/pm2m)
Christian Endres (die zukunft, Geek!, http://t1p.de/ukpk)
Birte Förster (Titel Kulturmagazin, http://t1p.de/qtej)
Gerhard Förster (Die Sprechblase, http://t1p.de/wv34)
Christian Gasser (Radio SRF 2, Neue Zürcher Zeitung, http://t1p.de/mlz5)
Joanna Gawronska (Heldin in Strumpfhose, http://t1p.de/8szp)
Christoph Haas (Süddeutsche Zeitung, taz. die tageszeitung, http://t1p.de/fqdm)
Volker Hamann (Alfonz, Reddition, http://t1p.de/lr8o)
Gerd Heger (Saarländischer Rundfunk, http://t1p.de/6kz0)
Andrea Heinze (Deutschlandfunk, rbb Kulturradio, http://t1p.de/6hpf)
Jule Hoffmann (Deutschlandfunk Kultur, http://t1p.de/htfj)
Alex Jakubowski (ARD-aktuell, Alfonz, http://t1p.de/34ug)
Martin Jurgeit (Buchreport, die neunte, http://t1p.de/mnzr)
Karin Krichmayr (Der Standard, http://t1p.de/yjp7)
Jörg Krismann (Comixene, http://t1p.de/axkj)
Gerrit Lungershausen (Comicgate, Closure, http://t1p.de/7xy3)
Frank Neubauer (ZACK, http://t1p.de/u63o)
Mattes Penkert-Hennig (Dein Antiheld, http://t1p.de/5j86)
Andreas Platthaus (Frankfurter Allgemeine Zeitung, http://t1p.de/8f1s)
Claudia Reicherter (Südwest Presse, http://t1p.de/8v3n)
Martin Reiterer (Wiener Zeitung, http://t1p.de/71xu)
Volker Robrahn (Comic-Talk, http://t1p.de/m4q0)
Martin Schöne (3sat, http://t1p.de/qzyh)
Sabine Scholz (Animania, Der Tagesspiegel, http://t1p.de/g2ju)
Lars von Törne (Der Tagesspiegel, http://t1p.de/zuip)
Ralph Trommer (taz.die tageszeitung, http://t1p.de/cagt)
Gesa Ufer (Deutschlandfunk Kultur, rbb radioeins, http://t1p.de/680j)
Hans Jürg Zinsli (Berner Zeitung, Tages-Anzeiger, http://t1p.de/kifj)


DIE WEITEREN TEILE DER COMIC-BESTENLISTE 2018

Teil 1: http://t1p.de/m6w8
Teil 2: http://t1p.de/uekf
Teil 3: http://t1p.de/620a
Teil 4: http://t1p.de/264m