Mit drei Heften endet „Tess und das Geheimnis der Waldhüter“, der erste Comic der Berliner Künstlerin Kaja Reinki, vorerst. Zu diesem Anlass hat das junge Talent einige Frage zu ihrem kreativen Schaffen, ihren Lieblingsfiguren und zukünftigen Plänen beantwortet!
Treffen könnt ihr Kaja Reinki übrigens vom 02. – 04. Dezember 2016 auf der German Comic Con 2016 in Dortmund am COMIC-Stand! Schaut vorbei und sichert euch ein Autogramm!
„Tess und das Geheimnis der Waldhüter“ ist nach drei Heften erst einmal abgeschlossen. Wenn du zurückblickst, wie unterscheidet sich das Arbeiten an einem eigenen Comic mit den Arbeiten als Illustratorin?
Man denkt zuerst: mehr Freiheit. Aber darin liegt die Tücke.
Ich habe einen hohen Anspruch an mich selbst und musste feststellen, dass man nicht zu wahnsinnig werden darf. Eigentlich wollte ich viel mehr erzählen, all die Ideen für Wesen und Hintergrundwissen rüber bringen, alles in Einzelheiten erklären, wollte in viel aufwändigeren Bildern die fantastische Welt zeigen, die ich im Kopf habe. Aber ein Comic hat nur eine bestimmte Anzahl an Seiten und man hat nur eine gewisse Zeit zur Verfügung.
Es ist für das perfektionistische Herz ein schwerer Prozess, zur Vernunft zu kommen und eine Geschichte zu erzählen die auch mit weniger auskommt und dafür fertig wird. 🙂
Es ist wundervoll eigene Geschichten zu erzählen, da es mein erster Comic ist, macht es aber auch Angst. Man weiß nicht, ob man Fehler gemacht hat, ob die Leser verstehen was du erzählen wolltest, ob die Figuren so gesehen werden, wie man sie selbst sieht.
Man gibt etwas in die Welt hinaus, was ein Stück von sich selbst ist und jeder wird es anders wahrnehmen.
Spannend!
Wenn du „Tess“ in eigenen Worten zusammenfassen müsstest, was ist das Faszinierende an deinen Figuren und ihrer Geschichte?
Für mich geht es in diesem Teil der Geschichte um das Leben, seinen Kreislauf, aber vor allem um Verantwortung. Es passiert schnell, dass man den Blick für sein Umfeld verliert. Man verliert den Kontakt zur Natur oder schon im Kleinsten den Weitblick für seine Taten.
Ich möchte nicht dazu anhalten, jeden Schritt so weit zu überdenken, dass man sich nicht mehr vom Fleck bewegt, weil man Angst hat, Fehler zu machen, jemanden zu verletzen oder auf eine Ameise zu treten. Aber Tess war für mich ein schöner Weg, einen Menschen in eine Situation zu versetzen, in der sie umdenken muss. Wieder aufmerksam wird und offen für neue Wege.
In meiner Welt haben alle Wesen ihre Aufgaben und Beweggründe, für mich sind sie nicht gut oder schlecht, sondern treffen ihre Entscheidungen. Es macht Spaß, ihre Motive zu entwickeln und Lesern die Möglichkeit zu geben, die Figuren etwas genauer zu betrachten und zu verstehen.
Die Geschichte soll wiederum aber auch oberflächlich Spaß machen.
Ich mag es, Lesern Spielraum zu lassen, wie sie mit der Geschichte umgehen wollen.
Umso berührender ist es, wenn mich Menschen anschreiben und von ihren Erfahrungen erzählen, an die sie sich durch „Tess“ erinnert fühlen.
Du arbeitest in deinem Comic ja mit vielen ausdrucksstarken Bildern und kommst ganze Seiten ohne Text aus. Denkst du, dass die visuelle Komponente in Comics wichtiger ist als die textliche?
Ich denke, das ist Geschmackssache. Für mich ganz persönlich kann die visuelle Komponente in Comics sehr wichtig sein. Allerdings nutze ich Bücher und Comics mit verschiedenen Intentionen.
Wenn ich wirklich tief in Geschichten eintauchen möchte, greife ich am liebsten zum Buch und lasse meiner Fantasie freien Lauf. Je dicker die Bücher, umso besser. Ich erfreue mich an den genauen Formulierungen und fülle die restliche Welt auf. Es ist schwer für mich zu beschreiben, aber Bücher erfüllen meine Liebe ans Wort.
Was nicht heißt, dass ich Comics nicht zutraue, große Geschichten zu erzählen. Jedoch werde ich beispielsweise bei schweren Themen nicht zu einem Comic greifen, wo mir persönlich der Stil nicht so sehr zusagt, da greife ich eher zu einem schweren Wälzer, befasse mich mit dem Thema und lasse mich vom Bild nicht ablenken.
Es gibt Künstler, bei denen ich jede Linie verehren könnte, in deren Comics ich mich so am beeindruckendem Handwerk erfreue, dass ich keine tiefsinnigste Geschichte brauche.
Und es gibt Werke, bei denen Geschichte und Bild wundervoll Hand in Hand gehen und ich gar nicht weiß, worüber ich mich mehr freuen soll. Comics von Flix sind da für mich immer meine liebsten Beispiele, wo mich fast leere Panels kurz nach einem Lachanfall zum Weinen bringen können.
Welche Figur aus „Tess“ hat sich im Laufe der Geschichte die Stellung als dein Lieblingscharakter erarbeitet? Hättest du der Figur gerne mehr Raum in deinem Comic gegeben?
Cassie definitiv.
Ihre Geschichte hätte ich gern ausführlich erzählt. Sie trägt eine schwere Bürde mit sich herum, weil sie für das große Ganze handelt. Sie muss sich mit ihrem eigenen Gewissen und den Wünschen Anderer konfrontieren und Entscheidungen treffen, die sie auf dunkle Wege führen könnten.
Toddle und Barf sind die beiden Figuren, mit denen alles angefangen hat, mit denen es jedoch einfach ist, jederzeit kurze Geschichten in einem kleinen extra Format zu erzählen. Da warten auch viele Ideen schon auf ihre Umsetzung.
Du arbeitest ja nicht nur an dem Comic selbst, sondern stellst auch viele kleine Extras wie Schlüsselanhänger her. Was macht dir persönlich am meisten Spaß? Das Entwickeln der Geschichte, die direkte Umsetzung als Comic, Signieren auf Messen oder aber das Herstellen von diesen kleinen Extras?
Das kreative Arbeiten ist meine Leidenschaft, sonst wäre ich nicht so vielfältig in dem Bereich unterwegs. Für mich gehören alle Prozesse zusammen, sie bringen alle ihre eigenen Freuden mit sich und sind wie der nächste Ansporn, um die jeweiligen Hürden und Zweifel zu überwinden.
Beim Entwickeln sprudele ich über vor Ideen, freue mich dann schon auf die Ausarbeitung, für welche ich nie genügend Zeit übrig habe, weil ich weiße Blätter kaum überwinden kann.
Ich habe ganz neu fühlen gelernt, wie schwierig, wie frustrierend dieser kreative Prozess ist. Hoffentlich wird es irgendwann einfacher, die Ideen aus dem Gehirn auf das Papier zu bringen. Aber ich vermute, man lernt nur damit umzugehen und treibt sich weiter an, besser zu werden.
Die Messen helfen, Abstand zu bekommen und zu merken, das andere dein Werk nicht so schrecklich finden wie man selbst.
Dinge händisch anzufertigen, gibt dennoch eine ganz andere Befriedigung, da es mir nach langem Arbeiten schnell fehlt, etwas Handfestes greifen zu können. Alle Bereiche beflügeln sich also gegenseitig.
Kannst du uns schon einen Blick in die Zukunft gewähren und von kommenden Projekten erzählen?
Als Dozentin kommen jetzt erst einmal viele neue Kurse auf mich zu und die Zeit für alle Projekte möchte gut jongliert werden.
Momentan arbeite ich an Kinderbüchern, die Herbst 2017 erscheinen sollen. Eine Sache, die ich schon als Kind machen wollte.
Die Fortsetzung für „Tess“ will gezeichnet werden, geschrieben ist sie ja schon. Da freue ich mich sehr drauf!
Ein paar kleinere Projekte wie Kartenspiele und Minicomics warten darauf, beendet zu werden, welche immer darunter leiden, dass sich große dringende Aufträge vordrängeln.
Ich spiele schon seit längerem mit den Gedanken über ein sehr privates eher ernsteres Comicprojekt, welches mit meiner Familiengeschichte zu tun hat. Ich sollte ins kalte Wasser springen und die ersten weißen Seiten endlich überwinden.
Es stehen also ein paar schöne Projekte in den Startlöchern, wie das immer so ist, darf man meistens noch nicht zu viel verraten.
Kaja Reinki: Tess und das Geheimnis der Waldhüter, Heft 1-3. Popcom, Hamburg 2016. je 24 Seiten, je € 8,00