Mein Arzt ist ein Alien

Der zurückgezogen lebende Mediziner Harry Vanderspeigle wird vom Sheriff und vom Bürgermeister der nahegelegenen Kleinstadt in die Ermittlungen zu einer Mordserie einbezogen. Das gefällt Harry zwar überhaupt nicht, da aber der einzige Arzt des Dorfes unter den Opfern ist, lässt sich schwer abschlagen, dass Harry wenigstens vorübergehend die medizinische Versorgung der Bewohner übernehmen soll. Wiederwillig übernimmt er die an ihn herangetragenen Aufgaben, unterstützt die Ermittlungen und versorgt seine Patienten. Und tatsächlich scheint keinem der Menschen aufzufallen, dass ihr Doktor Vanderspeigle genau das nicht ist – ein Mensch. Sondern ein waschechter, gestrandeter Außerirdischer.

Es ist schon ausgesprochen charmant, wie „Resident Alien“ konstruiert ist. Ein menschenscheues Genie, das bislang zurückgezogen lebte, aber nun durch einen Notfall permanent zu zwischenmenschliche Interaktionen gezwungen wird, wäre bereits ohne das extraterrestrische Gimmick eine schöne Grundlage für gepflegte Kleinstadt-Kriminalistik. Das Spiel mit der Wahrnehmung der Menschen, die Beziehungen zwischen den liebenswert überzeichneten Figuren bereitet bei der leichten Lektüre genauso viel Spaß wie das Mitfiebern und -ermitteln.

Visuell gibt sich der Band hübsch, aber bescheiden. Details entstammen ausschließlich der Tuschearbeit, die einfachen, kaum schattierten Farben unterstreichen das nostalgische Krimi-TV-Serien-Feeling. Die in diesem Band abgeschlossene, erste Miniserie ist eine sympathische Geschichte, aber auch eine spannende, interessante Grundlage für weitere Storys. Gut, dass Splitter bereits im November den zweiten Band nachreicht, der durch die auf dem Comic basierende TV-Serie mit Alan Tudyk vielleicht auch eine breitere Öffentlichkeit erreichen kann. Viel Potential lässt sich auf jeden Fall absehen.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf: DeinAntiheld.de

Matthias Penkert-Henning liebt seit frühen Kindheitstagen wilde Fantasy- und SF-Storys. In einer Zeit vor der großen CGI-Revolution fand er solche Epen vor allem in Comicbüchern. 2015 gründete er das Online-Magazin DeinAntiHeld.de. Zudem schreibt für den Tagesspiegel, Panini Comics Deutschland, Comic.de und viele andere. Darüber hinaus produziert er animierte Video-Trailer für Comics und Manga. Auch wenn er mit Superhelden und Geschichten aus Entenhausen groß geworden ist, machen zynisch-brutale Storys wie zu Glanzzeiten von Autor Garth Ennis dem Oberhausener Familienvater besonders viel Spaß.

Peter Hogan (Szenarist), Steve Parkhouse (Zeichner): „Resident Alien Bd. 1“. Aus dem Englischen von Katrin Aust. 104 Seiten. 19,80 Euro