Nicht zuletzt durch zwei erfolgreiche Kinofilme unter der Regie des genialen „Pans Labyrinth“-Schöpfers Guillermo del Torro ist Hellboy längst nicht mehr nur Lesern amerikanischer Indie-Comics ein Begriff. Der infernalische Ermittler in übernatürlichen Fällen verbindet dabei trashige Horror-Motive aus Groschenromanen und B-Movies mit europäischer Folklore und den Mythologien zeitloser Gruselvirtuosen wie H. P. Lovecraft oder Edgar Allen Poe. Im Mittelpunkt der Handlung des Opus Magnum aus der Tuschefeder des Amerikaners Mike Mignola steht dabei ein freundlicher, aber dennoch eindrucksvoller Dämonenjunge, den der junge Wissenschaftler Trevor Bruttenholm aus dem Zweiten Weltkrieg mit heim in die Vereinigten Staaten bringt. Dort gründet er die „Behörde zur Untersuchung und Abwehr paranormaler Erscheinungen“ (kurz B.U.A.P.), in der menschliche Agenten an der Seite von Golems, Fischmenschen, Dämonen und paranormal begabten Individuen gegen die Mächte der Finsternis kämpfen.
Was sich zunächst insbesondere für genrefremde Leser reichlich albern anhören mag, ist durch Mignolas einzigartigen reduzierten Gothic-Stil und die insbesondere im Vergleich zur US-Konkurrenz sehr atmosphärische, tempoarme Erzählweise eine der vielleicht wichtigsten Comicserien dieser Generation. Hellboy ist der Inbegriff der Verschmelzung von Pop- und Hochkultur, der zugänglichen Unterhaltung mit Anspruch und dabei jede Menge Stil und Eigenständigkeit bietet. Die Serie bildet die Grundlage für das umfassende „Mignolaverse“, ein Comic-Universum, in dem zahlreiche auf der Ursprungsreihe basierende Serien wie „B.U.A.P.“, „Abe Sapien“ oder „Lobster Johnson“ miteinander interagieren.
Die deutsche Veröffentlichung des Kult-Comics im Ludwigsburger Verlag Cross Cult spaltete Fans und Sammler in zwei Lager. In hübschen, wertigen, aber auch dezent verkleinerten Hardcover-Bänden erschienen die Abenteuer des Höllenjungen mit der riesigen Faust hierzulande in einer unkolorierten Fassung. Waren einige Leser verzückt davon, den meisterhaften Strich Mignolas nun absolut störungsfrei genießen zu dürfen, machte für andere die extrem stimmungsvolle und gelungene Farbgebung des Originals einen großen Teil der charakteristischen Atmosphäre aus. Die Gebete letzterer wurden nun erhört. Die Wiederveröffentlichung der Hellboy-Saga erfolgt in jenem prunkvollen Format, das sich bereits beim exzellenten „Baltimore“ oder den Spinoff-Sammlungen „Geschichten aus dem Hellboy-Universum“ bewährt hat. Im unveränderterweise leicht reduzierten, aber diesmal vollfarbigen Format bieten die „Hellboy-Kompendien“ jeweils drei der ursprünglichen Sammelbände als elegante und eindrucksvoll umfangreiche Hardcover-Bände mit Lesezeichenbändchen.
Diese Veränderung in Haptik und Präsentation hat deutlich größere Auswirkungen auf das Leseerlebnis, als man zunächst glauben mag. Denn mit all seinen Querbezügen zu großen, literarischen Horrormeistern und volkstümlichen Erzählungen fühlt sich Hellboy gleich noch buchstäblich gewichtiger an, wenn man seine Abenteuer in einem großen, schweren Buch verfolgt, das an die Lektüre genau dieser Ursprünge erinnert und eigentlich auf einem großem Lesepult mit Kerzenständern gelesen werden sollte.
Wer bereits die schwarzweiße Urveröffentlichung im Sammlerregal stehen hat, der sollte den Kauf des ersten „Hellboy Kompendium“ von seiner Einstellung zur Farbgebung und zum Geldbeutel abhängig machen. Für neue Leser gibt es im Grunde keine Diskussion. „Hellboy“ darf einfach in keiner gut sortierten Comicsammlung fehlen und das Kompendium bietet den idealen Einstieg ins Thema zu einem fairen Kurs und in exzellenter Aufmachung.
Mike Mignola: Hellboy Kompendium 1. Cross Cult, Ludwigsburg 2016. 448 Seiten, € 50,00