Bei einer Mafia-Schießerei im Central Park gerät eine junge Familie ins Kreuzfeuer. Mutter Castle und ihre beiden Kinder erliegen noch am Tatort ihren Verletzungen. Der Ex-Marine und Vater Frank überlebt das Blutbad hingegen. Die bittere Gebursstunde des Punishers, des wohl populärsten Antihelden aus dem Hause Marvel, ist wohl nicht nur Comic-Experten ein Begriff.
Das Mitte der Neunziger erschienene „Erste Jahr“ des brutalen Rächers zeigt seinen Fans aber nun erstmals die dunklen Stunden, Tage und Wochen nach dem Tod der Familie Castle und die schmerzhafte Verwandlung in den Punisher. Vermutlich anlässlich seines prominenten Auftritts in der Netflix-Serie „Daredevil“ und der nun aufgrund des riesigen Erfolges bevorstehende Solo-Show der Figur erschien bei Panini kürzlich eine der wichtigsten Interpretationen seiner Entstehungsgeschichte in einer neuen Auflage. Das Erfolgsduo Abnett und Lanning, u.a. verantwortlich für jene „Guardians of the Galaxy“-Phase, die auch die Grundlage für den Kinofilm bildete, erzählt die ikonische Geschichte als stilechten 70er-Thriller, in dem sich Charles Bronson ganz wie zuhause gefühlt hätte.
Ein verwundbarer, unter Schock stehender Frank lässt dabei viel Raum für seinen zwielichtigen „Partner“, den versoffenen Sensationsreporter McTeer. Der will Frank dabei helfen, die Alibis der Todesschützen zu entkräften und sich dabei ganz nebenbei eine lukrative Story sichern. Die dreckigen, desillusionierten Nebenfiguren sind die eigentlichen Helden und Leistungsträger im spannenden und kurzweiligen Krimi. Sie verkürzen die Wartezeit der Leser, die dem Moment entgegenfiebern, in dem Franks Nerven endlich zerreissen und er all jene bestraft, bei denen das Rechtssystem versagt hat.
Diese langsame Verwandlung sorgt für einen großartigen Spannungsbogen und eine starke Punisher-Story, die zu den besten und wichtigsten Stationen des Mannes mit dem Schädel auf der Brust gehört, bevor ihm Garth Ennis und Steve Dillon seinen Weg auf den Comic-Olymp sicherten. Einen Platz in jeder gut sortierten Helden-Sammlung hat sich der alternativ auch als streng limitiertes Hardcover erhältliche Sammelband also redlich verdient.
Dan Abnett, Andy Lanning, Dale Eaglesham: Punisher: Das erste Jahr. Panini, Stuttgart 2016. 108 Seiten, € 12,99 (Softcover), 25,00€ (Limitiertes Hardcover)