Spider-Woman: Baby an Bord

spiderwoman1_softcover_706Eltern werden ist nicht schwer? Wer hat denn einen solchen Unfug in den Raum gestellt? Denn dass alleine schon die angeblich doch so schöne Schwangerschaft eine echte Achterbahnfahrt werden kann, das erfährt Jessica Drew alias Spider-Woman am eigenen, beachtlich zunehmenden Leibe.

Dabei hatte sich Jessica das alles so hübsch zurechtgelegt: Angenervt vom ständigen Stress, hat sie ihren Job bei den Avengers hingeschmissen, ihre on/off-Beziehung zum Schwerenöter Hawkeye endgültig hinter sich gelassen und betreibt anstelle mit dem investigativen Journalisten und Daredevil-Buddy Ben Urich eine Privatdetektei.

Anfangs lässt sie sich von ihrem nicht mehr zu verkennenden Zustand nicht beirren, aber ihre gute Freundin Captain Marvel redet ihr schließlich doch ins Gewissen und schickt sie in eine Klinik, die die beste Betreuung des Universums verspricht, inklusive legendärer Doola (oder Trulla, wie sie Jessia gerne nennt). Kleiner Haken an der Sache: kaum in der Klinik angekommen, muss Jessica feststellen, dass die fiesen, gestaltwandlerischen Skrulls den Laden übernommen haben. Denn in dem Hospital wird gleichzeitig der Skrull-Prinz Klundirk behandelt, der im Zuge eines Staatsstreichs entführt werden soll – und da sind die anderen Patienten natürlich gehörig im Wege.

Und so macht sich Jessica daran, in einem von Aliens unterwanderten, schier endlosen Gebäude zuerst den Erbauer des gesamten Systems zu finden, um von dem Kollegen den Schlüssel zum Öffnen der versperrten Dimensionsportale zu bekommen – und natürlich auch noch den Prinzen zu retten, denn schließlich ist sie eine waschechte Heldin. Schwierig nur, weil das alles höchst instabil am Rande eines schwarzen Loches abgeht und sich klein Jessica zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt dringlich anmeldet…

spider-woman-int1In der brandneuen, im Januar diesen Jahres in den USA gestarteten Spider-Woman-Serie, deren erste fünf Ausgaben hier in „Geburt mit Hindernissen“ zusammen mit einem kleinen Prolog aus Amazing Spider-Man 1 von 2015 erscheinen, setzt Dennis Hopeless nach den Ereignissen des Mega-Events Secret Wars an und legt einen Neustart für den Charakter vor, der seit 1977 in verschiedenen Inkarnationen durch das Marvel-Universum schwingt.

Vom Vater als letzte Heilungschance mit Spinnengift behandelt, entwickelte sich Jessica zunächst zur Schurkin bei Hydra, schloss sich allerdings bald den Avengers an und wurde von den Skrulls gekidnappt, damit eine Skrull-Vertreterin in ihre Rolle schlüpfen und die Secret Invasion vorbereiten konnte. Somit wundert es kaum, dass Jessica nicht besonders gut auf die grünhäutigen Runzelwesen zu sprechen ist und trotz ihres Zustandes alles daran setzt, die Insassen der intergalaktischen Klinik vor dem sicheren Untergang zu retten und dabei noch coole Sprüche zu reißen. Captain Marvel Carol Danvers ist dabei zur Tatenlosigkeit verdammt, während Jessica in ehrenwerter Heldenpose auch noch den Skrull-Prinzen rettet, was Javier Rodriguez in dynamischer, leicht funny-orientierter, stilisierter Manier teilweise über ganzseitige Panels inszeniert.

Und dann folgt die eigentliche Überraschung: was erst nur als kleine Coda zu den Geschehnissen wirkt, liefert dann noch den lesenswertesten Teil der ganzen Sammlung. In Kapitel 5 sieht sich Jessica nämlich nicht intergalaktischen Bedrohungen gegenüber, sondern etwas viel Schlimmerem – dem überwältigenden, täglichen Überlebenskampf, den ein frischer neuer Erdenbürger nun mal mit sich bringt. Zwischen Windeln und Schlafmangel nahe am Nervenzusammenbruch, schwört Jessica ihrer Superheldenkarriere ab, dies könne sie nicht mehr verantworten, immerhin habe sie jetzt Verantwortung – bis dann Ben Urich ihr geschickt den richtigen Weg weist: wer sich selbst verleugnet und seine eigentliche Identität aufgibt, kann niemals das richtige Vorbild für seine Kinder sein. Ein amüsant-realistischer Blick auf die Aspekte also, die Eltern niemals (noch) kinderlosen Pärchen verraten würden (denn das wäre ja die Wahrheit und nicht die Romantik) – und ein Appell, niemals das eigene Selbst aufzugeben. Somit bunte Comic-Action und Elternberatung in einem. Bestens!

Dennis Hopeless, Javier Rodriguez: Spider-Woman 1: Geburt mit Hindernissen. Panini, Stuttgart 2016. 124 Seiten, € 16,99