Mondsüchtige Hardboiled-Hommage

Im Auftaktband zu Atsushi Kanekos neuer Manga-Serie „Wet Moon“ möchte Japan kurz nach Kennedys Ermordung in das Wettrennen ins All einsteigen und neben den USA und der Sowjetunion alles dafür tun, um einen Menschen auf den Mond schicken. Vor diesem Hintergrund der 60er-Jahre ermittelt der junge Inspektor Sata, der selbst eine gewisse Geschichte mit dem Mond hat, in einer Mordserie, die sich durch zerstückelte Leichen auszeichnet und mit Japans Bemühungen in Richtung Mond zu tun zu haben scheint. Nachdem Sata die Hauptverdächtige mehr als einmal entkommt, hat er nicht nur einen Metallsplitter im Kopf, der ihm Erinnerungslücken, Halluzinationen und andere Aussetzer beschert – er entwickelt außerdem eine regelrechte Obsession, was die Femme fatale angeht, für deren Ergreifung er zuhause in Eigenregie sogar Fahndungsplakate druckt. Seine korrupten Kollegen auf dem Revier ziehen ihn derweil auf die dunkle Seite und verwickeln den verwirrten Sata in illegale Machenschaften …
Der 1966 geborene Atsushi Kaneko wollte eigentlich Filmemacher werden und als solcher Stanley Kubrick nacheifern, dem Genie hinter „2001 – Odyssee im Weltraum“. Kanekos „Wet Moon“ wird für seinen Protagonisten ebenfalls zur Odyssee zu Wahrheit und Realität. Letztlich ist die Story in diesem ersten Band, der als hübsche Klappenbroschur in originaler Leserichtung und mit farbigen Anfangsseiten auf Deutsch vorliegt, eine interessante Hommage an das Genre der Noir- und das Hardboiled-Krimis, wobei Kaneko gekonnt zwischen den Mangas seiner Heimat und westlichen Comics und Filmen vermittelt. Nicht umsonst wird er mit US-Künstlern wie Paul Pope verglichen, und der Geist von Philip K. Dick und David Lynch ist in Satas Fall auch nie weit.
„Wet Moon“ könnte ab und zu ein bisschen leichter zu durchschauen sein – dennoch gefallen der rauschartige Drive und die starken Schwarzweiß-Bilder dieser Hardboiled-Huldigung.
Der zweite Band der Trilogie folgt im Dezember.

 

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Atsushi Kaneko: Wet Moon Bd. 1. Carlsen, Hamburg 2015. 278 Seiten, € 19,90