Die Zeit ist reif für einen neuen Auftritt des „Meisters des Quack-Fu“.
Das Comic-Universum der Marvel-Helden bietet nicht nur muskulöse Cape-Träger und großbrüstige Super-Amazonen. Im Laufe der 77-jährigen Verlagsgeschichte und insbesondere in jüngerer Vergangenheit bemüht man sich um immer größere, kulturelle und inhaltliche Vielfalt. Dass man dabei auch humoristische Ausflüge unternimmt ist nicht neu. Und so gibt es nicht nur schlagfertig witzelnde Publikumslieblinge wie Spider-Man und Deadpool, sondern auch bereits während ihrer Entstehung komisch und überzogen angelegte Charaktere, wie das Eichhörnchen-Mädchen „Squirrel Girl“ oder den durch die aufwändig verfilmten „Guardians of the Galaxy“ bekannten „Rocket Raccoon“.
Eine der wohl skurrilsten Figuren, die in der humoristischen Abteilung des US-Verlags entstanden sind, ist „Howard the Duck“. Erstmals 1976 durfte der chauvinistisch-rauhbeinige Enterich seine eigenen Comic-Abenteuer erleben und konzentrierte sich bereits damals darauf, etablierte und ernst gemeinte Superhelden wortwörtlich tierisch zu nerven und sie so der Lächerlichkeit preiszugeben.
Zehn Jahre später wurde Howie unter der Regie von „Star Wars“-Schöpfer George Lucas und an der Seite von „Zurück in die Zukunft“-Schönheit Lea Thompson die Ehre zuteil, einer der ersten Marvel-Kinohelden zu werden. Auch wenn vielen Zuschauern die Marke zu diesem Zeitpunkt noch gar kein Begriff war. Durch die große Akzeptanz der Leser für immer vielfältigere, skurrilere Konzepte scheint die Zeit reif, um dem „Meister des Quack-Fu“ einen neuen, explosiven Auftritt zu verschaffen. Bereits wenige Monate nach Vollendung veröffentlicht Panini die abgeschlossene Miniserie von 2015 nun im hübsch broschierten, deutschen Sammelband.
Im modernen, cleanen Look darf die mürrische Ente nun abermals verkrustete Heldenklischees aufbrechen, stört Doctor Strange beim interdimensionalen, heimlichen Pokern oder treibt den weinerlichen Spider-Man an den Rand des Suizids. Gemeinsam mit der frechen, mysteriösen Tätowiererin Tara gerät er durch eine von Rentnern begangene Serie von Raubüberfällen auf die Spur eines mächtigen Artefakts.
Der neue Howard ist ein tierischer Spaß, vor allem aber für informierte Fans des Marvel-Universums. Gänzlich unerfahrenen Comic-Lesern werden viele der zahlreichen Anspielungen auf längst vergessene Comic-Abenteuer und Genre-Klischees sicher entgehen und der vielschichtige Humor sich wohl nicht ganz erschließen. Bereits mit ein wenig Hintergrundwissen amüsiert man sich allerdings vortrefflich über die abfälligen Seitenhiebe des spöttischen Erpels und bekommt eine wirklich witzige Marvel-Story, die gleichzeitig ein Seitenhieb auf und eine Liebeserklärung an die oft festgefahrenen Erzählstrukturen im Helden-Comic ist.
Chip Zdarsky, Jason Latour, Joe Quinones, Katie Cook : Howard the Duck. Panini, Stuttgart 2016. 116 Seiten, broschiertes Softcover, € 12,99