„Chanie Wenjack war ein kleiner Junge, der am 22. Oktober 1966 starb. Er wollte entlang der Bahngleise nach Hause gehen, um der Cecilia Jeffrey Indian Residential School zu entkommen. Chanies Zuhause war 400 Meilen entfernt, aber das wusste er nicht. Er wusste nicht, wo sein Zuhause war und wie er es finden sollte. Aber wie so viele Kinder der Residential Schools – mehr als man sich vorstellen kann – versuchte er es.”
So liest sich das Backcover der (wortlosen) Graphic Novel „Secret Path“ von Gord Downie (Sänger der legendären kanadischen Band The Tragically Hip) und Comicautor- und zeichner Jeff Lemire (Sweet Tooth, Descender), die vor einigen Wochen im LP-Format erschienen ist, samt Download Code für die zehn Songs von Downie, deren Texte die Bilder Lemires unterbrechen.
Die beiden arbeiten ein trauriges Kapitel kanadischer Geschichte auf, das einen ziemlich sprachlos macht. Denn von der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bis 1996 wurden in etwas 3000 Residential Schools die Kinder von kanadischen Ureinwohnern fern von der Heimat erzogen. Man wollte die Kinder „zivilisieren“, verbot ihnen Kontakt zu den Eltern, verbot ihnen ihre Muttersprache zu sprechen und brachte ihnen stattdessen Englisch und Französisch bei. Der staatliche Auftrag wurde von den Kirchen (von der katholischen Kirche bis zu den Methodisten) nur allzu gern erfüllt. Und mit aller „gebotenen“ Härte, die man schon beim bloßen Gedanken an solche Einrichtungen erahnt.
Die Einkünfte der von Simon and Schuster verlegten Graphic Novel werden übrigens dem National Centre for Truth and Reconciliation (NCTR) an der Universität von Manitoba gespendet, das die Geschichte des Schulen aufarbeitet.
Downie hat auf Grundlage der Graphic Novel auch einen sehr atmosphärischen, todtraurigen Animationsfilm angefertigt, der von seinen Songs begleitet wird. Man kann ihn derzeit auf Vimeo ansehen. Mehr über das Projekt findet sich hier und hier.