Jubiläum! Vor 50 Jahren begann Carlsen in Deutschland mit „Tim und Struppi“ Comics zu veröffentlichen. Nur wenige Verlage, die auch oder nur Comics im Programm haben, können eine derartige stolze Historie aufweisen. Das muss natürlich entsprechend gefeiert werden. Mit speziellen Veröffentlichungen, durch die sich der Hamburger Verlag bereits in der Vergangenheit bei vorherigen Jubiläen einen Namen gemacht hat (die Älteren erinnern sich sicher an die formidablen Sammelbände im Schuber zum 25. und 30. „Geburtstag“ – Reisende im Wind, Die 7 Leben des Falken, Ein indianischer Sommer und andere Klassiker). Heuer startet man – von April bis September wird es monatlich neue Titel geben – mit fünf preiswerten Two-In-One Bänden (zwei Einzelalben in einem Band), die allesamt Serien beinhalten welche seit Jahrzehnten bei Carlsen erscheinen und die man getrost als Säulen des Verlages betrachten kann. Altbewährtes halt.
Los geht der Two-In-One Reigen mit „Gaston“, dem chaotischen Redaktionsboten, den André Franquin einst erdachte und der gegenwärtig auch in der Spirou Gesamtausgabe seine Gastauftritte absolviert. Gaston treibt sprichwörtlich im Carlsen Verlag sein Unwesen, und das seit 1981. Die Gags in diesem Band stammen aus den Alben 9 und 10 der 19-bändigen, aktuell erhältlichen Reihe und natürlich sind Gastons Auto, seine Harfe des Grauens, Bruchmüller und die nicht zustande kommenden Verträge und Wachtmeister Knüsel mit von der Partie. Die witzigen Gags sind es immer wieder wert, neu entdeckt zu werden und verlieren auch beim x-ten mal Lesen nicht ihren Charme.
Mit dem „Marsupilami“ präsentiert Carlsen noch eine Figur aus der Feder Franquins, die ebenfalls in Spirou ihr Debut feierte. Das Fabeltier mit den fabelhaften Fähigkeiten bekam später seine eigene Serie, die bis heute fortgeführt wird und die ab 1987 bei Carlsen erscheint (mit einem Hardcover-Intermezzo bei Ehapa zwischen 2001 und 2005). Im Jubiläumsband sind die ersten beiden Alben abgedruckt, die unter den wachsamen Augen Franquins von Greg (u.a. Andy Morgan, Luc Orient) geschrieben und von Batem gezeichnet wurden. Letzterer ist heute noch immer mit von der Partie und war anlässlich des Neustarts der Reihe zu Gast beim letzten Comicfestival in München.
Noch einmal Franquin im dritten Two-In-One Band? Nein. Für die „Spirou + Fantasio“ – Doppelausgabe wählte der Verlag zwei spätere Episoden – die klassischen Franquin Geschichten bleiben aktuell der bereits erwähnten Gesamtausgabe vorbehalten. Hier nun lesen wir „Die Rückkehr des Z“ und „Die dunkle Seite des Z“, als Band 35 und 50 der Reihe erschienen. Beide Episoden behandeln Abenteuer mit dem Zyklotrop, dem Erzfeind der beiden Helden. Während Band 35 von Tom & Janry inszeniert wurde, stellte in Band 50 das neue und aktuelle Kreativteam Fabien Vehlmann und Zeichner Yoann zum drittenmal sein Können unter Beweis. Beiden blieb es auch vorbehalten, das Marsupilami nach langer Abwesenheit wieder in das Spirou Universum einzugliedern (mit dem aktuellen Band 53, „Der Zorn des Marsupilamis“). Die Abenteuer von Spirou und Fantasio erscheinen seit 1981 bei Carlsen.
Nach den Science Fiction Storys um und mit dem Zyklotrop verlassen wir den Funny-Stil, bleiben aber im phantastischen Genre. „Valerian & Veronique“, als Agenten des „Raum-Zeit-Service“ bereits seit 1979 im Carlsen Verlag tätig, erwarten uns mit zwei Abenteuern. „Das Land ohne Sterne“ und „Willkommen auf Alflolol“ sind aktuell im zweiten Band der Gesamtausgabe erhältlich. Der Science Fiction Dauerbrenner der Altmeister Pierre Christin und Jean-Claude Mézières wird uns dieses Jahr noch öfter begegnen, erscheint doch im Mai die langerwartete Verfilmung von Luc Besson in den Kinos (Besson und Mézières arbeiteten bereits bei „Das fünfte Element“ zusammen).
Der letzte Two-In-One Band ist ganz einer Dame gewidmet, die 1982 erstmals bei Carlsen ihre Abenteuer bestritt (zuvor trat sie bereits in der Reihe „Topix“ bei Bastei auf). „Yoko Tsuno“, die Serie um die hübsche, zierliche wie entschlossene Japanerin, von dem ehemaligen Hergé Mitarbeiter Roger Leloup in klarer Linie umgesetzt, präsentiert die ersten beiden Geschichten der Reihe in einem Band. Beide Seiten der Serie werden so beleuchtet: die reinen SF-Episoden um die außerirdischen Vineaner („Unterirdische Begegnung“) und die abgeschlossenen Geschichten, die mitunter auch in Deutschland spielten („Die Orgel des Teufels“) und die auch mal mehr, mal weniger mit fantastischen Elementen angereichert sind. Ungewöhnlich ist die (zur Zeit noch) achtbändige Gesamtausgabe, die nicht chronologisch, sondern thematisch geordnet ist.
Also kein Tim und Struppi? Die klassische Serie, mit der der Carlsen Verlag seine Comic-Veröffentlichungen begann? Keine Bange. Hier erscheint für alle Fans im Juli eine Hardcover-Gesamtausgabe im Jubiläumsschuber (für schlappe 199 Euro). Denn 50 Jahre Carlsen bedeutet schließlich auch 50 Jahre „Tim und Struppi“ in Deutschland. Die neuen Two-In One Bände richten sich natürlich nicht in erster Linie an Sammler (für diese illustre Kundenschar gibt es ab Mai die entsprechenden Titel), sondern sollen neue Kundschaft, sprich neue Leser, gewinnen helfen. Mit kleinem Geld und damit wenig Risiko bekommt man viel Comic und kann so quasi „unverbindlich“ einen Versuchsballon starten und in neue Serien-Welten eintauchen. Freilich, wer Spirou sammelt wird sich auch hier bedienen und Puristen mögen das kompaktere Format bemängeln, aber die Zielgruppe sind eben neue Leser, inkl. eines gewissen Werbezweckes, ähnlich wie das auch beim Gratis-Comic-Tag ist, der jährlich im Mai stattfindet. Dann geht es auch beim Carlsen Jubiläum weiter, nämlich mit der Gesamtausgabe von „Blacksad“.
André Franquin: Gaston. Carlsen, Hamburg 2017. 96 Seiten in Farbe, Softcover, 9,99 Euro
Greg, Batem & André Franquin: Marsupilami. Carlsen, Hamburg 2017. 96 Seiten, 9,99 Euro
Tome & Fabien Vehlmann, Janry & Yoann: Spirou & Fantasio. Carlsen, Hamburg 2017. 96 Seiten, 9,99 Euro
Pierre Christin, Jean-Claude Mézières: Valerian & Veronique. Carlsen, Hamburg 2017. 96 Seiten, 9,99 Euro
Roger Leloup: Yoko Tsuno. Carlsen, Hamburg 2017. 96 Seiten, 9,99 Euro