Bereits vor den Ereignissen der neuen „Secret Wars“, Marvels letztem, wieder einmal alles veränderndem Großevent, war Peter Parker zum CEO des riesigen Technologie-Konzerns „Parker Industries“ aufgestiegen. Während ihm bei der Organisation dieses gewaltigen Unternehmens auch ehemalige Todfeinde wie der Junior-Goblin Harry Osborn zur Seite stehen, zieht Peter mit der Übernahme des Baxter Buildings, der ehemaligen Heimat der „Fantastic Four“ den Ärger seines alten Freundes, Weggefährten und einstigen Mitglieds dieser Truppe, Johnny Storm auf sich. Während der zunehmend an Tony Stark erinnernde, international agierende und millionenschwere Spidey in seinem Spinnenjet gemeinsam mit seiner neuen Kampfgefährtin „Mockingbird“ im Aufrag der Regierungsorganisation „S.H.I.E.L.D.“ der mysteriösen Tierkreiszeichen-Verbrecherorganisation „Zodiac“ auf der Spur ist, ereilt ihn plötzlich ein Notsignal. Peters Tante May, die für seine Charity-Organisation humanitäre Hilfe in einem afrikanischem Dorf leistet, wird von einer Bande Kürbis-schleudernder Gnome angegriffen…
Jahrzehnte lang andauernde Comic-Serien, gerade aus der Welt der periperhelden brauchen Veränderungen, so auch Spider-Man. Außer eingefleischten Nostalgikern wird wohl niemand die tausendste Variation eines Spider-Man lesen wollen, der flapsige Sprüche skandierend zwischen Wolkenkratzern herschwingt um gelegentlich einen Bankräuber mit seinen Netzdüsen an einen Laternenpfahl zu fesseln. Veränderung ist gut. Sogar dann, wenn sie die grundlegenden Charakterzüge einer Figur und damit den Ton und die Stimmung einer Serie vollkommen verändert.
Die komplette Zerwürfelung von Peters Status Quo ist anstrengend. Trotz routinierter Autoren und Künstler, wie Slott oder Camuncoli merkt man, wieviel Erzählzeit es eigentlich kostet, neue Personenkonstellationen zu erklären. Das wirkt leider häufig eher gezwungen und unterbricht die für ein Spidey-Buch eigentlich so wichtige Leichtigkeit und den Lesefluss spürbar. Die Vielzahl an Charakteren, die sich gleich zu Beginn in der sehr action-orientierten Story tummeln, sowie die peinlich häufige Erwähnung, dass Peter Parker ja nun längst kein zweiter Tony Stark geworden sei (doch, ist er) leisten da ihr Übriges.
Der neue Spider-Man ist vor allem eine Materialschlacht. Bunt, laut und mit bewusst reduziertem Tiefgang. Das macht ihn, wie auch seine vielen Gadgets und Fahrzeuge zu guter Unterhaltung für jüngere Leser, denen noch nicht viel an menschlichem Drama oder komplexen Charakterbeziehungen gelegen ist. Aber auch alteingesessene Fans der Klassiker von Stan Lee können unter Umständen Gefallen an zahlreichen Andeutungen auf frühere, heitere Abenteuer mit jeder Menge Gast-Helden finden.
Wer sich in beiden Lagern nicht wirklich zuhause fühlt, dem seien stattdessen die Abenteuer von Alternativ-Spinner Miles Morales ans Herz gelegt. Brian Bendis lieferte hier nicht nur die eigentliche Vorlage für den kommenden Kino-Blockbuster „Spider-Man: Homecoming“, sondern beweist auch, dass klassische Erzählmotive der freundlichen Spinne aus der Nachbarschaft gekonnt, ansprechend und aufregend modernisiert werden können. Übrigens hat Miles nach besagten „Secret Wars“ auch den Sprung aus dem alternativem „Ultimate“-Universum in die Hauptkontinuität geschafft. Marvel wird schon wissen warum.
Christos Gage, Dan Slott, Giuseppe Camuncoli, Paco Diaz: Spider-Man Paperback 1: Spider-Man Global. Panini, Stuttgart 2017. 148 Seiten, € 14,99