Coronakrise: DC Comics lässt Arbeit an DC: Black Label- und 5G-Titeln pausieren

© DC Comics

Mit COVID-19 im Nacken wird die US-Comicindustrie momentan – wie alle anderen Industriezweige auf der Welt auch – mit schweren Herausforderungen konfrontiert.

Als vor etwas zwei Wochen Diamond Comic Distributors ankündigte, den Dienst einzustellen und vorerst keine weiteren Comics nahezu aller großen US-Verlage anzunehmen und an Shops und Buchhandlungen zu verteilen, kam dies einem Supergau gleich, denn es setzte die Verlage unter großen Zugzwang, sich überlegen zu müssen, wie mit anstehenden Veröffentlichungen umzugehen sei.

Während viele Druckereien weitestgehend stillstehen, geht das Gerangel um potentielle digitale Veröffentlichungen weiter. Die meisten Publisher lassen jedoch die Finger von Vorabveröffentlichungen auf digitaler Basis, um den gerade geschlossenen Comicshops und Buchhandlungen nicht auch noch den letzten Sargnagel in die ohnehin schon fragilen Zukunftsaussichten zu treiben.

Dass der Handel gerade auf schmerzhafte Weise ausblutet, haben auch die großen Player verstanden und versuchen mit Wermutstropfen zumindest kleine Zeichen zu setzen und Beistand zu signalisieren. So kündigte u. a. DC Comics an, 250.000 US Dollar an die Book Industry Charitable Foundation zu spenden, um in finanzielle Notlage geratene Shops zu unterstützen. Doch wie sollen die Verlage mit ihrem bestehenden Auftragsvolumen umgehen? Künstler*innen und Freelancer aller Art arbeiten schließlich an aktuellen Titeln, die in den kommenden Wochen eigentlich auf den Markt geworfen werden sollten.

Der Valiant Comics Verlag machte den Anfang und informierte seine Künstler*innen, dass die Arbeiten an bestimmten Titeln vorerst einzustellen sind. Marvel Comics, Oni Press, IDW und auch Dark Horse Comics zogen nach.

Nicht selten wurde angegeben, dass die Kreativen dennoch weiterhin bezahlt werden würden. Dass sich dies bei der großen Anzahl der als Freelancer beschäftigten Künstler*innen vornehmlich auf die letztendlich auch abgegebenen Arbeiten beziehen wird, dürfte klar sein. Heißt: Auftrag weg, Einkommen weg.

Image Comics ließ sogar die ersten Festangestellten gehen, um das Stammpersonal zu reduzieren und langfristig Kosten zu sparen. Da der Verlag weitgehend jedoch nicht mit klassischen Page Rates arbeitet, ist es vielmehr den Kreativen überlassen, ob sie weiterarbeiten oder nicht. Die Honorare durch den Verlag dürfte letztendlich jedoch ebenfalls ausbleiben, da Image Comics nur für das zahlt, was sie veröffentlichen können. Und ein Verlag, der exklusiv an Diamond gebunden ist und somit aktuell keine Titel an Comicshops oder Buchhandlungen ausliefern kann, wird auch momentan nichts weiter veröffentlichen.

DC Comics ließ Künstler*innen bisher jedoch wissen, dass sie wie gewohnt weiterarbeiten können. Abgesehen von einzelnen Verschiebungen bezüglich der Release Dates gab es wenig extravagante Meldungen zu verzeichnen.

Nun sollen jedoch einzelne Kreative eine Info erhalten haben, dass Arbeiten an bestimmten „DC: Black Label“-Titeln und auch potentiellen „5G“-Projekten vorerst zu pausieren seien. Ursprünglich war geplant, mit der „alles verändernden“ „5G“-Initiative im Oktober dieses Jahres für den US-Markt zu starten, doch spätestens mit der überraschenden Entlassung Dan DiDios entstanden erste Zweifel an diesem Vorhaben. Dass sich der Start von „5G“ nun verschieben wird – sollte es überhaupt dazu kommen -, dürfte besiegelt sein.

DC Comics’ Imprints für Kids- und Young Adult Comics sollen jedoch nach wie vor auf Hochdruck laufen, da diese auch vornehmlich über Penguin Random House ausgeliefert werden, welche die Buchhandlungen in den Staaten auch nach wie vor beliefern. Bislang zumindest. Schaut man sich jedoch die Entwicklungen der vergangenen Wochen an, wirkt jede ergriffene Maßnahme wie ein verzweifeltes Aufbäumen vor dem großen Untergang.

Verlage, Comicshops und Künstler*innen werden auf größtmögliche Unterstützung der Leserschaft angewiesen sein, um diese Krise überstehen zu können. Aktuell sowie auch nach dem Ende des Shutdowns, wann auch immer dieser anstehen mag.

Auch für uns hiesige Leser*innen werden die Einschnitte des US-Marktes spätestens im kommenden Jahr spürbar werden. Wie effektiv der Auftragseinbruch und das Ausbleiben der US-Veröffentlichungen für Lizenztitel publizierende Verlage wie Panini Comics, Cross Cult oder auch Splitter auszubügeln ist, kann sich aktuell kaum abschätzen lassen, solange man eben nicht weiß, wie lange der US-Markt unter den aktuellen Bedingungen zu leiden hat.

Einzelne Verlage des deutschen Comicmarktes sind daher gleich zwei überaus riskanten Entwicklungen ausgesetzt: dem noch immer bestehenden Shutdown des hiesigen Buch- und Comichandels sowie den aus den USA auf unseren Markt zurollenden Konsequenzen, die auch deutsche Verlage zwingend im Auge behalten sollten.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf: bizzaroworldcomics.de

Emanuel Brauer ist Betreiber des Comic-Blogs bizzaroworldcomics.de, Autor für das Comic-Fachmagazin Comixene sowie auch für Comic.de.