Weniger Witze, mehr Zeitlupen

© Warner

Zack Synders faschistoide Liebe zu Wagneropern nacheifernder Aufgeblasenheit bleibt, trotzdem ist seine Version der „Justice League“ der bessere Film.

Als „Justice League“ 2017 in die Kinos kam, war die Enttäuschung bei vielen Fans der DC-Comics groß. Regisseur Zack Snyder, der den Film fast schon fertiggestellt hatte, zog sich nach dem Suizid seiner Tochter Autumn von dem Projekt zurück. Außerdem meinten die Bosse bei Warner Bros., seine Version sei zu düster. Man wünschte sich ein quietschbuntes Gegenstück zu den Marvel-Filmen, holte also Joss Whedon an Bord und ließ ihn den Film vollenden. Das Ergebnis wirkte seltsam unfertig und wirr, die Motive der handelnden Figuren waren teils kaum nachvollziehbar und der Hauptschurke wirkte ebenso blass wie seine CGI-Erscheinung schlecht war. Das Einspielergebnis war dann auch eher so lala, vermutlich mit Müh und Not ein break even.

Kurz danach formierte sich im Internet eine immer lauter werdende Bewegung, die die Veröffentlichung eines angeblich existierenden „Snyder-Cuts“ forderte. Wie so oft in den vergangenen Jahren wucherten da bald fanatische Auswüchse und einige Snyder-Fans schreckten auch vor Cybermobbing und Drohungen nicht zurück. Andererseits bekamen die Rufe nach dem Snyder-Cut auch Unterstützung von den Darstellern in „Justice League“. 2020 kündigte Zack Synder schließlich an, seine Version von „Justice League“ würde Anfang 2021 auf dém Streaming-Dienst HBO Max als vierteilige Miniserie erscheinen. Daraus wurde aber nichts. Stattdessen erschien Anfang März 2021 ein vierstündiger Snyder-Cut auf HBO-Max.

Ist der Snyder-Cut besser als der Whedon-Cut? Ja, um Welten. Sogar ich, der ich Synders faschistoide Liebe zu Wagneropern nacheifernder Aufgeblasenheit nicht teile und auch bei „Zack Snyder’s Justice League“ oftmals über die unfreiwillige Komik lachen musste (der Zeitlupen- und Ultrazeitlupen-Fetisch!), fand den entschieden besser als die Whedon-Version. Das hier ist düsterer, ernsthafter, aber auch mit viel mehr Verständnis für das Ausgangsmaterial gemacht als das Kasperle-Theater von Whedon. Nehmen wir beispielhaft den Kampf der Amazonen gegen Steppenwolf. Bei Whedon macht der Bösewicht kurzen Prozess mit völlig hilflosen Amazonen, bei Synder muss sich Steppenwolf richtig anstrengen, die Amazonen treten mächtig Arsch und zeigen, warum sie ernstzunehmende Kriegerinnen sind. Überhaupt ist die Action durchwegs härter und mitreißender als im Whedon-Schnitt.

Viele Charaktere kriegen hier erstmals die Entwicklungszeit, die sie verdienen und die den Zuseher überhaupt erst begreifen lässt, was ihr Deal ist. Der Humor wurde ebenso zurückgefahren, wie die Farbgebung von grellbunt zu düster wechselte. Es gibt weiters einen völlig anderen Soundtrack, der meistens besser ist (nur das New Age-Geplärre, das jedes Mal ertönt, wenn Wonder Woman zu sehen ist, nervt tierisch). Gegen Ende hin wird leider vieles ein bisschen too much. So hat der Film gleich vier oder fünf Enden zu viel, und die deuten alle auf Fortsetzungen hin, die es wohl nie geben wird. Es sei denn, der Snyder-Cut schlägt ein wie eine Bombe, was ich stark bezweifle. Die Überlänge, die finstere Stimmung sowie das ungewöhnliche 4:3-Bildformat dürften viele eher abschrecken. Außerdem haben mit Ausnahme der Keyboard-Warriors viele gar nicht mitgekriegt, dass es eine neue Version von „Justice League“ gibt. Und viele, die den Whedon-Cut gesehen haben, werden mit gewissem Recht nicht scharf darauf sein, sich den vermeintlich gleichen Film noch einmal anzusehen. Was schade ist, denn „Zack Snyder’s Justice League“ ist beinahe ein komplett anderer Film, und ein viel besserer noch dazu.

Zack Snyder’s Justice League
USA 2021

Regie: Zack Snyder – Drehbuch: Zack Snyder, Chris Terrio, Will Beall, Chris Terrio – Produktion: Charles Roven, Deborah Snyder – Kamera: Fabian Wagner – Schnitt: David Brenner, Carlos M. Castillón, Dody Dorn Darsteller: Ben Affleck, Gal Gadot, Ezra Miller, Henry Cavill, Ray Fisher, Amy Adams, Ciaran Hinds, Jeremy Irons – Länge: 242 Min.

Bernhard Torsch ist freier Publizist und schreibt u. a. für KONKRET, Jungle World, Jüdische Allgemeine und Prinzessinnenreporter.de.