30 Kritikerinnen und Kritiker aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, die in Presse, Rundfunk und Internet regelmäßig Comics, Mangas und Graphic Novels besprechen, stellen alle drei Monate eine gemeinsame Bestenliste zusammen.
Die Comic-Bestenliste – präsentiert von buchreport, Comic.de, rbbKultur Radio und Tagesspiegel – orientiert sich in ihrem Erstellungsverfahren an der renommierten „SWR Bestenliste“ für Literatur.
Die Jurorinnen und Juroren, die am Ende der Seite aufgelistet sind, konnten bis zu vier Comic-Novitäten benennen, denen sie möglichst viele Leser und Leserinnen wünschen, und vergaben je einmal 15, 10, 6 sowie 3 Punkte. Hier folgen jetzt die zehn Bestplatzierten für die zurückliegenden Monate …
Flix:
DAS HUMBOLDT-TIER (Carlsen)
HC-Album, 72 Seiten, farbig, € 16,00 • Leseprobe
Andrea Heinze auf rbbKultur: „Das Marsupilami ist ein Geschöpf, das einem Leopard mit meterlangem Schwanz ähnelt und vor 70 Jahren vom belgischen Starzeichner André Franquin erfunden wurde. Flix lässt sein Abenteuer zu Beginn der 1930er Jahre spielen und zeigt darin eine Gesellschaft im Umbruch: Die Wirtschaftskrise bedroht die Existenzen von vielen Menschen – und auf der Straße verbreiten Nationalsozialisten ihre Parolen. Eine politische Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus ist ‚Das Humboldt-Tier‘ nicht. Eher eine Typenkomödie, bei der die Nazis und deren Sympathisanten vom Marsupilami eins auf die Mütze bekommen – wie überhaupt alle fiesen Charaktere vom typischen Berliner Blockwart bis zum ehrgeizigen Tierpräparator. Das Marsupilami stellt mit handfesten Slapstikeinlagen immer wieder die geltende Ordnung in Frage – und entwickelt dadurch eine ungeheure Komik.“
DIE NEUEN ABENTEUER VON HERRN HASE BAND 6: BEIM TEUTATES! (Reprodukt)
SC-Album, 48 Seiten, farbig, € 13,00 • Übersetzung aus dem Französischen: Ulrich Pröfrock • Leseprobe
Christian Endres auf diezukunft.de: „Also darf sich Superstar Lewis Trondheim nun inoffiziell, aber mit offiziellem Segen im Kosmos der wohl erfolgreichsten und gemeinhin akzeptiertesten aller Comic-Ikonen austoben – und Gallien mit seinem fiesen, brutalen, rabiaten und blutigen Humor erobern. Für strenge Asterix-Puristen mag das, Hommage-Boom hin oder her, vielleicht too much sein. Alle anderen haben tierisch viel Spaß mit dem ungewöhnlichsten und frechsten Asterix-Comic ihrer Sammlung. ‚Mit aufrichtiger Bewunderung für René Goscinny und Albert Uderzo‘, schreibt Trondheim in seiner Widmung, und: ‚Allen, die die Abenteuer von Asterix weiterführen, ob jetzt oder in der Zukunft, gilt meine Sympathie und mein Mitgefühl.'“
Héctor Germán Oesterheld, Hugo Pratt:
ERNIE PIKE (Avant-Verlag)
Hardcover, farbig, 364 Seiten, € 49,00 • Übersetzung aus dem argentinischen Spanisch: André Höchemer • Leseprobe
Max Bauer auf SWR2: „Der Avant-Verlag hat erstmals alle ‚Ernie-Pike‘-Storys aus der Feder des Comiczeichners Hugo Pratt veröffentlicht. Die Stories verschmelzen die Schicksale des US-amerikanischen Kriegsreporters Ernie Pyle und des argentinischen Comic-Autors und Militärjunta-Opfers Journalist Héctor Oesterheld. Es geht um die Frage, wie man überhaupt vom Krieg erzählen kann – ob als echter Kriegsreporter oder als Comic-Autor. Inspiriert von der Figur des amerikanischen Kriegsberichterstatters Ernie Pyle schufen Oesterheld und Pratt 1957 in Argentinien die Figur des Ernie Pike: ein Journalist, an die Schrecken des Schlachtfelds gewöhnt, aber entschlossen, seine Menschlichkeit zu verteidigen und zu bewahren. In seinen Händen hält er keine Waffe, sondern ein Notizbuch, in dem er Geschichten und Zeugnisse aus den Schützengräben der halben Welt sammelt. Verrat, Mut, Flucht oder Heldentum, nichts entgeht dem scharfen Blick dieses Zeitzeugen des Krieges.“
Anja Wicki:
IN ORDNUNG (Edition Moderne)
Klappenbroschur, 208 Seiten, farbig, € 24,00 • Leseprobe
Christian Gasser auf SRF: „Auch wenn Anja Wicki vor ‚In Ordnung‘ keine grösseren Arbeiten veröffentlicht hat, wurde sie bereits mehrfach mit Werkbeiträgen gefördert und mit Preisen ausgezeichnet. Das ist kein Zufall: Mit ‚In Ordnung‘ stellt Wicki ihre Qualitäten als Erzählerin und Zeichnerin unter Beweis. (…) Anja Wicki erzählt Evas Leidensgeschichte fragmentarisch, in locker verknüpften Episoden, durchsetzt von Rückblicken. Den Lauf der Zeit verdeutlichen Evas regelmässige Sitzungen mit Therapeutinnen: Jedes Mal sitzt ihr jemand anders gegenüber, jedes Mal erhält sie andere Erklärungen, Tipps und Therapien. Nicht nur erzählerisch hat Wicki eine adäquate Form für Evas Geschichte gefunden – auch zeichnerisch übersetzt sie Evas Innenleben auf passende Weise: Ihre Zeichnungen sind stilisiert, aufgeräumt, ordentlich. Dezente Pastellfarben deuten innere und äussere Zustände und Prozesse an. So wird die Bildsprache zum Spiegel von Evas Innenleben.“
Keito Gaku:
BOYS RUN THE RIOT (Carlsen Manga)
Softcover, 226 Seiten, s/w, € 10,00 • Übersetzung aus dem Japanischen: Gandalf Bartholomäus • Leseprobe
Ulrike Dansauer auf literaturzeitschrift.de: „Der Manga bringt also allmählich ans Licht, worauf es wirklich ankommt: Menschlichkeit, Selbstfindung und das Kämpfen für eine gerechte und barmherzige Welt. Denn die jetzige ist noch weit davon entfernt, wenn sie Gewalttätigkeit und Diskriminierung nicht nur zulässt, sondern sogar gutheißt und destruktive Menschen hohes Ansehen genießen. Der Manga hält der Welt den Spiegel vor und zeigt die Destruktivität der Menschen, für die das zum normalen Leben gehört. Und er bricht eine Lanze für die Kunst, die schon immer Selbstausdruck war, intelligent die Geschehnisse der Zeit beleuchtet, bricht, kritisiert, seziert, mögliche (Lösungs-)Wege aufzeigt und damit ein fundamental wichtiger Teil der Gesellschaft und deren Gewissen ist.“
Hamed Eshrat:
COMING OF H (Avant-Verlag)
Klappenbroschur, 176 Seiten, farbig, € 26,00 • Leseprobe
Heike Byn auf tagesspiegel.de: „Dennoch ist der neue Comic mehr als eine lockere Adoleszenz-Story. Denn nach Alkohol, Zigaretten und Cannabis steigt Hameds bester Freund Sven auf Heroin um – das ‚H‘ im Titel spielt darauf an. Auch für Hamed sind anfangs Drogen eine hilflose Strategie gegen Langeweile und Angst vor der Zukunft. (…) Der Kleinstadtenge entfliehen, sich von zuhause abnabeln – für Hamed heißt das am Ende, zum Design-Studium nach Berlin aufzubrechen: In drei aus dem Panel-Rahmen befreiten Zeichnungen vermischen sich Wunsch und Wirklichkeit, verabschiedet sich Hamed sehr persönlich und liebevoll von seinem inzwischen an Herzinfarkt gestorbenen und herbei imaginierten Vater und versöhnt sich mit ihm. (…) Eshrat wählt die Vogelperspektive für bessere Orientierung, Überblick oder mehr Distanz zum Geschehen. Oder er zoomt Details heran und zieht uns damit in eine Situation hinein. Stilistisch hat sich der Zeichner seit seinem Debüt sichtbar weiterentwickelt und zu einer selbstbewussten, expressiv-kraftvollen Bildsprache gefunden – mit eigenem Sound und Rhythmus.“
Anna Rakhmanko, Mikkel Sommer:
HINTERHOF (Avant-Verlag)
Softcover, 128 Seiten, farbig, € 20,00 • Leseprobe
Klappentext: „Bevor sie nach Berlin zog, lebte Dasa Hink ein ganz gewöhnliches Leben in einer festen Beziehung und der Aussicht, eine Familie zu gründen und auf ein eigenes Haus zu sparen. Aber ihr Hund träumte von etwas anderem. Sie verließ schließlich ihren Freund, zog nach Deutschland und wurde Domina. Mitten in Berlin findet sie das Leben, von dem sie immer geträumt hat: als Musikerin, Filmemacherin, Künstlerin – und Sexarbeiterin. Die Orte, an die wir als Gesellschaft die Sexarbeit verlegt haben, sind meist nicht offensichtlich, und deshalb scheint es passend, dass sich Dasas Studio in einem Hinterhof befindet. Die Comicreportage Hinterhof erzählt von ihrem Alltag, ihren Gedanken und reflektiert die Bedürfnisse ihrer Kunden. Für dieses Buch haben Rakhmanko und Sommer ihren Tagesablauf begleitet und viele Interviews mit ihr geführt – über ihre Kindheit, ihre Träume, ihre Familie, die Liebe und die Kunst. Entstanden ist ein dokumentarischer Comic über ein Leben außerhalb der Norm.“
Marijpol:
HORT (Edition Moderne)
Softcover, 368 Seiten, einfarbig, € 28,00 • Leseprobe
Martina Knoben in der SZ: „In dieser körperpositiven Zeit, die so vieles eingemeindet und domestiziert, tut es gut, Fremdes wieder als unheimlich zu erleben. Mancher Reiz braucht die Distanz. Zudem hat das offensive Wohlwollen vieler gender- und körpertypischer Menschen gegenüber den ‹anderen› immer auch etwas Paternalistisches. Die Supermonsterfrauen in ‚Hort‘ sind bei aller weirdness so rührend lieb, dass man sie einfach mögen muss – die Spannung zwischen Abscheu und Sympathie macht das Buch interessant. Diese Spannung wird nicht durch Identitätsdebatten oder andere Deutungskämpfe aufgelöst, stattdessen gibt es einen freundlichen Pragmatismus: der einer Giftschlange schon mal einen Maulkorb verpasst oder einen Schlangenhort als Kita akzeptiert.“
Joann Sfar:
DIE KATZE DES RABBINERS Sammelband 4 (Avant-Verlag)
Hardcover, 160 Seiten, farbig, € 30,00 • Übersetzung aus dem Französischen: Annika Wisniewski • Leseprobe
Jonas Engelmann in ND: „Das Heilige Land, so hoffen sie, könnte ein solcher Ort sein, doch bleibt diese Hoffnung in den 1920er-Jahren noch eine reine Imagination. Verschiedene Figuren erzählen von ihren Erlebnissen in Palästina, letztlich entscheiden sie sich, Algerien noch eine Chance zu geben, ein Nebeneinander der Religionen zu leben. In dem Zusammenprall der Kulturen, dem fruchtbaren Streit und in gemeinsamen Feiern verwirklicht sich die Utopie eines anderen Miteinanders, in dem sich aus den unterschiedlichen Stimmen eine gemeinsame erhebt: die Stimme der Mitmenschlichkeit. Joann Sfars Utopie hofft darauf, dass jüdische Stimmen in der Kunst eine Sprache praktizieren, die nicht nur von Juden verstanden wird. Der Künstler selbst arbeitet, wie er einmal erklärte, mit jedem seiner Werke an der Verwirklichung eben dieser Utopie.“
Barbara Yelin, Miriam Libicki, Gilad Seliktar:
ABER ICH LEBE (C.H. Beck)
Hardcover, 176 Seiten, farbig, € 25,00 • Leseprobe
Christoph Haas in der Taz: „‚Aber ich lebe‘ wurde angeregt von einer Professorin an der University of Victoria. So unterschiedlich die Schicksale der auftretenden Überlebenden, so unterschiedlich sind auch die Zeichenstile. Miriam Libicki fängt David Schaffers Erinnerungen in Aquarellbildern ein, die an kindliche oder naive Malerei erinnern. Gilad Seliktar abstrahiert stark. Er beschränkt sich auf die Farben Blau, Beige und Schwarz und lässt die Kamp-Brüder vor oft nur skizzierten Hintergründen auftreten. Beide Beiträge sind gelungen, aber am stärksten ist doch der über Emmie Arbel, für den Barbara Yelin verantwortlich ist. Erzählgegenwart und Erinnerung lässt Yelin fließend ineinander übergehen, und die ästhetisch wie moralisch überaus schwierige Aufgabe, die Höllenwelt der Lager bildlich darzustellen, meistert sie ohne einen einzigen Fehltritt. Anderthalb Millionen jüdischer Kinder unter zwölf Jahren wurden während der Kriegsjahre ermordet. Dass nun Stimmen von Kindern, die davongekommen sind, gehört werden, heißt auch, Stimmen zu hören, die bislang kaum zu Wort gekommen sind. Dass die vier in ‚Aber ich lebe‘ es trotz ihrer traumatischen Erfahrungen geschafft haben, ein normales Berufs- und Familienleben wie andere auch zu führen, ist eine Leistung, die man nur bewundern kann.“
DIE MEDIENPARTNER
buchreport – Die meinungsbildende Fachzeitschrift für die Buchbranche
Comic.de – Das Magazin für Comic-Kultur im Internet
rbbKultur – Deine Ohren werden Augen machen
Der Tagesspiegel – Die größte Zeitung der Hauptstadt
DIE JURY
Niels Beintker (Bayerischer Rundfunk, https://t1p.de/8o0h)
Barbara Buchholz (Der Tagesspiegel, Schnüss, http://t1p.de/p02p)
Anne Delseit (Animania, https://t1p.de/ae4v)
Christian Endres (die zukunft, Geek!, http://t1p.de/ukpk)
Birte Förster (Titel Kulturmagazin, Der Tagesspiegel, http://t1p.de/qtej)
Gerhard Förster (Die Sprechblase, http://t1p.de/wv34)
Christian Gasser (Radio SRF 2, Neue Zürcher Zeitung, http://t1p.de/mlz5)
Meheddiz Gürle (Lektoratsdienste des ekz.bibliotheksservice, https://t1p.de/qsog)
Christoph Haas (Süddeutsche Zeitung, taz. die tageszeitung, http://t1p.de/fqdm)
Volker Hamann (Alfonz, Reddition, http://t1p.de/lr8o)
Andrea Heinze (Deutschlandfunk, rbbKultur, https://t1p.de/lcg9)
Jule Hoffmann (Deutschlandfunk Kultur, http://t1p.de/htfj)
Alex Jakubowski (ARD-aktuell, Comic-Denkblase, https://t1p.de/34ug)
Lucas Sebastian Jordan (Manga Passion, https://t1p.de/7ig7)
Martin Jurgeit (Buchreport, die neunte, http://t1p.de/mnzr)
Michael Klamp (Ostsee-Zeitung, Rostock, https://t1p.de/z4pe)
Karin Krichmayr (Der Standard, http://t1p.de/yjp7)
Jörg Krismann (Comixene, http://t1p.de/axkj)
Gerrit Lungershausen (Comicgate, Comic.de, Closure, http://t1p.de/7xy3)
Mattes Penkert-Hennig (Dein Antiheld, http://t1p.de/5j86)
Andreas Platthaus (Frankfurter Allgemeine Zeitung, http://t1p.de/8f1s)
Claudia Reicherter (Südwest Presse, http://t1p.de/8v3n)
Martin Reiterer (Wiener Zeitung, http://t1p.de/71xu)
Volker Robrahn (Comic-Talk, http://t1p.de/m4q0)
Martin Schöne (3sat, http://t1p.de/qzyh)
Sabine Scholz (Animania, Der Tagesspiegel, http://t1p.de/g2ju)
Anna Mháire Stritter (Orkenspalter TV, https://t1p.de/lyts)
Lars von Törne (Der Tagesspiegel, http://t1p.de/zuip)
Ralph Trommer (taz.die tageszeitung, http://t1p.de/cagt)
Gesa Ufer (Deutschlandfunk Kultur, rbb radioeins, http://t1p.de/680j)