Eine neue Ms. Marvel macht die Comicwelt unsicher. Und sie ist eine junge Muslima.
Die in ihrer Studienzeit zum Islam konvertierte Autorin Gwendolyn Willow Wilson hat mit ihrer neuen Interpretation einer klassischen Marvel-Heldin international für Furore gesorgt. Das wird sicher auch daran liegen, dass die noch immer überwiegend von kulturellen Stereotypen besetzte Superhelden-Landschaft gründlich aufgemischt wird. Durch die liebevolle Cartoon-Optik und den Schwerpunkt auf Kamalas persönliche Probleme wirkt „Ms. Marvel“ gleichzeitig sehr frisch und oft eher wie ein europäischer Comic. Überhaupt hätte das ambitionierte Projekt sicher auch fabelhaft außerhalb des Marvel-Universums funktioniert, bezieht aber vielleicht gerade aus diesem kontrastreichem Bezug so viel Charme.
In Zeiten, in denen offenbar noch immer nicht jedem Menschen klar ist, dass der Islam wie jede Weltreligion auf unzählige Weisen interpretiert und gelebt werden kann, ist es außerdem wichtig und begrüßenswert einen Einblick in eine muslimische Familie zu gewähren, die ihr kleines Mädchen zwar gern traditionell erziehen und aufwachsen sehen möchten, sie dabei vielleicht sogar einengt, sich durch ihre Liebe zu Kamala aber dem Klischee der zwangsverheiratenden Unterdrücker klar entgegenstellt.
„Ms. Marvel“ ist einer der wichtigsten, eigenständigsten und wertvollsten Superhelden-Comics dieses Jahrzehnts, der versucht kulturelle Grenzen zu überwinden, indem er rassistische Klischees und eine romantisierte, idealisierte Vorstellung von Religion gleichermaßen vermeidet. Ein spannendes und witziges Abenteuer, dessen Heldin eben ein junges Mädchen ist. Und eine Muslima.
Gwendolyn Willow Wilson, Adrian Alphona: Ms. Marvel Bd. 1. – Meta-Morphose, Panini, Stuttgart 2015. 124 Seiten, € 16,99
Gwendolyn Willow Wilson, Adrian Alphona, Jake Wyatt: Ms. Marvel Bd. 2 – Generation Fragezeichen, Panini, Stuttgart 2015. 140 Seiten, € 16,99