Comic-Bestenliste 2018 – Der Siegertitel

Erstmals haben sich 29 Kritikerinnen und Kritiker aus Deutschland, Österreich und der Schweiz zusammengetan, die in Presse, Rundfunk und Internet regelmäßig Comics, Mangas und Graphic Novels besprechen, um eine gemeinsame Bestenliste für das zurückliegende Jahr zusammenzustellen.

Und mit riesigem Vorsprung setzte sich in der hochkarätig besetzten Jury der Titel  „Am liebsten mag ich Monster“ von Emil Ferris durch, der auf Deutsch von Panini Comics herausgeben wurde.

Dass dies – auch in dieser Deutlichkeit! – kein Zufall ist, zeigt die Zusammenstellung einer Auswahl von Kritiken zum Band aus den deutschsprachigen Medien der letzten sechs Monate.


© Emil Ferris/Panini Verlag

Moritz Honert im „Tagesspiegel“: „Am liebsten mag ich Monster“ (Panini) von Emil Ferris: „(…) Ihren Zeichenstil passt sie dabei stets dem Ton an. N iedliche Cartoons gleiten über in wirre Collagen, Ferris kopiert Gemälde, die Karen bei ihren regelmäßigen Museumsbesuchen sieht, die Kapitelüberschriften sind Pulp-Magazinen nachempfunden, auf artifiziell-bunte Kugelschreiberbilder folgen penibel ausgeführte Bleistiftzeichnungen, deren manische Schraffuren denen von Robert Crumb in nichts nachstehen. Einfach zu lesen ist das nicht. Nicht nur wegen der Thematik. Ferris Erzählbogen ist virtuos komponiert, doch wer am Ende des ersten von zwei geplanten Bänden ahnt, wer wem was angetan hat, muss schon aufmerksam mitgearbeitet haben (…), http://t1p.de/pqhd

Christian Endres auf „Die Zukunft“: „(…) Ferris, die durch das West-Nil-Fieber zeitweise gelähmt war und noch immer unter den Folgen der Krankheit zu leiden hat, legt mit ‚My Favorite Thing is Monster’ – so der Original-Titel – einen wahrhaftigen Comic-Roman vor. Ihre dichten Seiten voller Schraffuren, Details, Text und Überraschungen sind anders als alles, was der Comic-Markt derzeit sonst so zu bieten hat, und sowohl eine Herausforderung als auch ein Erlebnis (…)“, http://t1p.de/4jme

Swantje Kubillus in der „Frankfurter Rundschau“: „(…) Auf überwältigenden 420 Seiten im College-Block-Look trifft der Betrachter auf eine Bilderexplosion – als wären unzählige bunte Kugelschreiberkreise über das Papier gelaufen. Dass es sich hierbei um eine Meisterhand handelt, erkennt man nicht zuletzt am Bruch zwischen Medium und Umsetzung. Collage, Kohle, Bleistift, Pastell – Ferris lässt ihre Monster virtuos tanzen (…) eine Erzählung über das Erwachsenwerden und das Gefühl, sich im eigenen Körper fremd zu fühlen. Ferris verarbeitet darin ihre eigene Lebensgeschichte, etwa, dass sie als Kind an einer Wirbelsäulenverkrümmung litt, was sie wie eine Bucklige aussehen ließ und weshalb sie sich immer als ‚Monster‘ fühlte, eine Ausgestoßene (…)“, http://t1p.de/iyfg

Thomas Groh im Deutschlandfunk: „(…) Horror? – Ja! Aber trashig ist ‚Am liebsten mag ich Monster‘ nicht geworden. Es geht nicht darum, Referenzen und Anspielungen für kundige Nerds unterzubringen. Ferris erzählt vielmehr eine dichte, anspruchsvolle Geschichte über Ausgegrenzt-Sein und Empathie, über das Erwachsenwerden in einer Welt, in der man vorn vorneherein der Ausgegrenzte ist: Karen entspringt einer halbmexikanischen Familie und entdeckt gerade ihre lesbische Neigung (…)“, http://t1p.de/0v3u (Zweitveröffentlichung auf Comic.de)

Hansjörg Ebert in der „Jungle World“: „(…) Der Comic ist eine Hommage an Menschen, die gegen Geschlechtsstereotype aufbegehren und versuchen, ihre Identität auszuloten. ­Karen empfindet die für Frauen in den sechziger Jahren vorgesehene Rolle als unerträglich, genau deshalb wäre sie lieber der kleine Werwolf als eine Frau. In Monsterfilmen und -heften findet sie keine eindimen­sionalen, brutalen Ungeheuer, sondern vielmehr widersprüchliche, stigmatisierte Figuren, die alternative Lebensentwürfe, Homoerotik und Diversität denkbar werden lassen (…)“, http://t1p.de/nst0

Christian Gasser auf Radio SRF 2 Kultur: „Als Erstes fallen die Zeichnungen auf: Mit vielen Bleistift- und Kugelschreiberstrichen schafft Emil Ferris ausdrucksstarke und leidenschaftliche Bilder. Sie changieren zwischen bewegten Gemälden und steifen Kinderkritzeleien, zwischen realistischer Räumlichkeit und abstrahierender Stilisierung. ‚Am liebsten mag ich Monster‘ ist durchsetzt mit zahlreichen Referenzen an die Kunstgeschichte und an Horror-Comics. Nicht weniger dicht und vielschichtig ist die Geschichte der amerikanischen Autorin. ‚Am liebsten mag ich Monster‘ heisst ihre Graphic Novel. Es ist das fiktionale Tagebuch der zehnjährigen Karen Reyes aus Chicago und spielt sich ab vor dem Hintergrund der gesellschaftlich bewegten späten 1960er-Jahre. Nichts liebt Karen mehr als Monster. Sehnlichst hofft sie auf eine Begegnung mit einem Werwolf, um dank seines Bisses selber einer zu werden. Bis es soweit ist, zeichnet sie sich selber schon mal als Ungeheuer mit mächtigen Beissern (…)“, http://t1p.de/0t6i

Matthias Penkert-Hennig auf „Dein Antiheld“: „(…) eine beeindruckende, intensive und extrem dichte Comic-Erzählung. Anders als das immer populärer werdende Genre der Coming-Of-Age-Graphic-Novels lässt sich die vielfältig talentierte Künstlerin Emil Ferris nicht auf einen einzigen Stil reduzieren. Angelegt als liniertes Skizzen- und Notizbuch der monströsen kleinen Heldin macht sich die Debüt-Arbeit von Ferris die einzigartigen Möglichkeiten des Mediums zu eigen und präsentiert sich dabei als wundervolles Artefakt mit echtem haptischem Mehrwert (…)“, http://t1p.de/6ohx

Emil Ferris im Gespräch mit Sophie Peyrard für die ARTE-Sendung „Tracks“: „(…) Was Monster anderen Leuten voraus haben? Also für mich sind alle Leute Monster. Und die besten Monster sind die, denen das bewusst ist. Ich wollte als Kind kein Mädchen sein – das will ich bis heute nicht . Ich wollte ein Werwolf sein, wollte in den Wald gehen und mich verwandeln können. Ich wusste immer, dass ich nicht so war wie alle anderen, merkte aber bald, dass ich damit nicht allein bin und dass jeder noch ein anderes Wesen in sich trägt (…)“, http://t1p.de/ypgw (online bis 02.11.2021)

© Emit Ferris/Panini Verlag

Olaf Kieser in der „Berliner Zeitung“: „(…) Inhaltlich wie ästhetisch ist ‚Am liebsten mag ich Monster‘ eine Herausforderung. Ferris, die einen Master of Fine Arts besitzt und über jahrelange Erfahrungen als Illustratorin verfügt, passt ihren Zeichenstil ständig dem Ton der Geschichte an. Sie kopiert Gemälde, Cover von Comic- und Pulp-Heften sowie verschiedene Kunststile. Detaillierte Bleistiftzeichnungen und bunte Kugelschreiberbilder gehen ineinander über. Ferris Stil liegt irgendwo zwischen Robert Crumb, van Gogh und Georg Grosz (…)“, http://t1p.de/namw (kostenpflichtig)

Alex Jakubowski auf hessenschau.de: „(…) Was die Künstlerin aber mit dem vorliegenden Comic abliefert, ist eine Komposition. Kein Strich sitzt zufällig, alles ist perfekt angeordnet. Unglaublich, hier liegt ein Erstlingswerk vor – und das mit Mitte 50. Mit Schulbuchkritzeleien im Allgemeinen hat das Buch im Übrigen nur auf den ersten Blick zu tun. Denn die Zeichnungen sind ausgefeilt bis ins Letzte. Der Kugelschreiberlook ist atemberaubend. Stilecht kommt das Buch auch im Design eines Ringbuchs daher, mit linierten Seiten und einer angedeuteten Ringbindung. Da wird die Geschichte schon fast zur Nebensache, der man aber dennoch von Seite zu Seite fließend folgt und immer wieder überrascht ist von der nächsten Wendung (…)“, http://t1p.de/dbuy

Timur Vermes auf „Spiegel Online“: „(…) Mit Leichtigkeit eröffnet Emil Ferris Abgründe, die Vergangenheit der toten Mrs. Silberberg führt zurück in das Berlin der Zwanzigerjahre, die Ferris mit einer fantastischen Doppelseite aus Straßenszene und Passantenstudien krönt, das Porträt einer vom Krieg verwirrten Stadt mit ihren verstörten und vernarbten Einwohnern, brillant und brutal zugleich. Kann sowas eine Zehnjährige wissen? Warum nicht: Deeze und Karen gehen immer wieder ins Museum, beiläufig liefern sie dabei auch einen Streifzug durch die Kunstgeschichte, und außerdem: Wen juckt’s? (…)“, http://t1p.de/3zei

Thomas von Steinaecker in der „Süddeutschen Zeitung“: „(…) Wie es oft in Debüts geschieht, hat sich die Autorin offenbar vorgenommen, unbedingt alles, was sie jemals beschäftigte oder ihr wichtig erschien, in ihr erstes Buch zu packen (…) Das Maßlose dieser Graphic Novel mag zunächst erschlagend wirken; formal und inhaltlich hat es jedoch schon lange kein Werk mehr gegeben, dass derart unbekümmert und innovativ die ungeschriebenen Gesetze des Genres neu dachte (…)“, http://t1p.de/rw31