Tabulose Parodie – „Bob Marone“

Der kurzgewachsene Kommandant Bob Marone und sein hünenhafter Freund Bill Gelatine teilen nicht nur das Bett miteinander, sondern auch die Erinnerung an zahlreiche gemeinsame Abenteuer, von denen der Leser nur einen Bruchteil kennt – alles Teil des Meta-Konzepts. In den 80ern entwickelten Szenerist Yann (heute u. a. Autor von „Spirou & Fantasio“) und Zeichner Conrad (der neue Zeichner von „Asterix“) ihre Serie „Bob Marone“ und ließen ihr bahnbrechendes schwules Helden-Duo in einzeiligen Strips mit Prosa-Text und Illustrationen im Comic-Magazin „Spirou“ erstmals auf die Archetypen der frankobelgischen Comic-Landschaft los. Vergangenes Jahr veröffentlichte Carlsen einen Sammelband des ersten langen Abenteuers „Der weiße Dinosaurier“, und auch nach rund 30 Jahren hat es diese Parodie auf „Bob Morane“ und andere abenteuerliche bis pulpige Klassiker nach wie vor in sich, ist das noch herrlich bissig und frech. Nicht allzu subtil oder feinsinnig, und dafür umso böser und derber – doch wer damit vom Humor und Typ her klarkommt, hat an „Bob Marone“ viel Freude und viel zu lachen.

Im zweiten Band „Der Duft der rosa Yetis“, der gerade als deutsche Erstveröffentlich erschienen ist, finden sich nun mehrere Kurzgeschichten jüngeren Datums, die Yann und Conrad mithilfe von Zeichner Yoann umgesetzt haben. In den knackigen Storys treffen Bob und Bill ihren alten Feind, den lila Schatten, der über die rosa Schneemenschen des Himalaja-Gebirges befehligt. Außerdem werden sie beinahe heidnischen Göttern geopfert und von Haien gefressen, jagen in Bills Heimat ihre eigene Version des Hunds der Baskervilles und erfahren alles über das Geheimnis der mutierten Kröten von Mu. Und dann sind da noch die grausame Miss Diling-Diling und die dreifarbige Orchidee, Bills dralle Abenteurer-Schwester Lara Crof… Gelatine, Professor Sonnenblum und das Mysterium der Statuen auf der Osterinsel.

Um an den vielen Anspielungen, Skrupellosigkeiten und Gemeinheiten seinen Spaß zu haben, muss man die Verbindung zu Henri Vernes’ 1953 geschaffenem Helden Bob Morane und seinem Sidekick Bill Ballantine im Grunde nicht mal sehen, das angestaubte, in diverse Medien exportierte Original nicht mal kennen. Es genügt vollkommen, wenn man durch die Lektüre von z. B. „Tim und Struppi“ ein ungefähres Gefühl dafür hat, wie konservativ abenteuerliche europäische Comics lange tickten und ticken mussten – und wie sehr und wie herrlich ihre inhaltlichen und erzählerischen Mechanismen von Yann, Conrad und Co. in „Bob Marone“ durch den Kakao gezogen werden.

Yann, Conrad & Yoann: Bob Marone Bd. 2: Der Duft der rosa Yetis. Carlsen, Hamburg 2015. 72 Seiten, € 17,90

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