Andreas‘ „Rork“ zu lesen fühlt sich ein wenig an, wie an einem grellbunten, giftigen Frosch zu lecken.
Der mysteriöse Rork kann nicht nur mit der Geisterwelt kommunizieren, sondern auch sogenannte „Passagen“ in fremde Welten durchschreiten. All diese magischen Aktivitäten unterliegen jedoch strikten Regeln mit unter Umständen fatalen Nebenwirkungen. Das führt nicht nur dazu, dass der geheimnisvolle Ermittler mit dem wallenden, weißen Haar und dem langen, schwarzen Mantel langjährige Freunde in den Windungen der Paralleldimensionen verliert, sondern auch auf neue trifft. Neben einer seltsam verfärbten Version seiner selbst ist es vor allem der verwegene Astrologe Capricorn, mit dem Rork neue Abenteuer erlebt. Gemeinsam stellen sich die beiden scharfsinnigen Helden Capricorns Erzfeind „Mordor God“ (ja, der heißt wirklich so) entgegen. Was Capricorns Mitstreiter Rork jedoch vorenthalten, ist, dass er offenbar lediglich der Held einer Comic-Reihe ist und keine reale Person…
Im zweiten und gleichzeitig auch letzten Band der großen „Rork-Gesamtausgabe“ des Verlags Schreiber & Leser wandeln sowohl die Serie selbst, als auch ihre Inszenierung auf neuen Wegen. Deutlich geringer fällt diesmal der redaktionelle Teil des wuchtigen Hardcover-Bandes aus und lässt der mittlerweile deutlich psychedelischeren und verworrenen Handlung so viel Raum für die Interpretationen der Leser. Zwar wurde „Rork“ auch zuvor weder gradlinig noch traditionell erzählt, offenbar bestärkte der Erfolg des eigenwilligen Werkes Künstler Andreas jedoch darin, seine oft schwer zugängliche, später dafür aber um so intensivere Geschichte mit keinerlei künstlerischen Kompromissen zu verfälschen.
Lange vor den Meta-Spielereien von Marvels „Deadpool“ sprengte der Künstler den Rahmen des Comic-Mediums nicht nur durch seine extrem aufwändigen, präzisen Zeichnungen, sondern auch durch Figuren, die bloß lebendig gewordene, künstlerische Gedanken aus Comics und Heftromanen und sich dieser Tatsache sogar bewusst sind. Dieses Stilmittel setzten zwar auch andere Autoren wie Michael Ende mit seiner „Unendlichen Geschichte“ zuvor ein, aber nie in dieser Konsequenz. „Rork“ zu lesen fühlt sich ein wenig an, wie an einem grellbunten, giftigen Frosch zu lecken. Allerdings mit einem herrlich bizarrem und tiefem Comic als Nebenwirkung, an Stelle von Kopfschmerzen und Erbrechen.
Wer Zugang zu den berauschenden Werken des Andreas gefunden hat, muss aber nicht verzweifeln. Mit dem Serienableger „Capricorn“ führen Schreiber & Leser die transdimensionalen Reisen durch Rorks Universum noch dieses Jahr fort. Das erste Kapitel wird sogar kostenlos im Rahmen des „Gratis Comic Tag 2016“ erhältlich sein.