„Hauptmann Veit“ – Im Gespräch mit Lutz „Novi“ Nosofsky

Ein interessantes Comic-Projekt ist die Geschichte um Hauptmann Veit, die in der Edition 52 eine neue Heimat gefunden hat. Vor dem Hintergrund des ausgehenden Mittelalters und der damit einhergehenden Reformationszeit erzählt die Saga um den Hauptmann Veit die Geschichte seiner Familie, die in die Wirren des Deutschen Bauernkrieges hineingezogen wird. Autor und Zeichner des Comics ist der in Hamburg lebende Lutz Nosofsky. Im nachfolgenden Interview beantwortet NOFI zehn Fragen rund um sein ambitioniertes Comic-Projekt.

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Lutz Nosofsky

Wie entstand die Idee für das Comic-Projekt „Hauptmann Veit“?

Der Gedanke kam vor über 30 Jahren, anlässlich einer Urlaubslektüre über den Deutschen Bauernkrieg. Es hat mich deshalb so fasziniert, weil darin so viele bekannte Figuren auftauchen, die man aber in diesem Zusammenhang gar nicht kennt, z. B. den Götz v. Berlichingen, Dürer, Luther, Müntzer. Außerdem spielt das alles im S/W-deutschen Raum und da bin ich geboren. Auf einmal erschienen alle mir bekannten Orte in einem anderen Licht und man bekommt einen ganz neuen Zugang. Außerdem ist diese Zeit sehr spannend, historisch die Schwelle vom Mittelalter zur Neuzeit. Amerika wurde entdeckt und neue Ideen kamen auf, vor allem in Glaubensfragen, Stichwort: Reformation. Das zündete gerade in Deutschland mit seiner damaligen feudalen Struktur, die sich ja noch überwiegend auf Leibeigenschaft stütze wie der Funke im Pulverfass. Wie aktuell das ist, sieht man Heute z.B. an den Debatten um den Islamismus, der ja seine „Reformation“ noch vor sich hat. Da lag es nahe, diese Zeit aufzugreifen und einmal bildlich-erzählerisch darzustellen.

hauptmann-veit-1-cvrWie kam es zu dem langen Entstehungszeitraum?

Von Comics kann man ja nicht leben. Jedenfalls nicht gleich. Ich bin jetzt seit über 30 Jahren selbstständig, als Illustrator und Grafiker, davor war ich einige Jahre bei Werbeagenturen. Aus anfänglich kleinen Möglichkeiten entwickelte sich eine veritable Kleinagentur, mit Angestellten und Full-time Stress. Gleichzeitig entwickelte ich Cartoon Projekte mit einem befreundeten Texter („Normans-Cartoons“), die wirtschaftlich außerordentlich erfolgreich waren. Das gab mir die Möglichkeit, aus dem Agenturgeschäft auszusteigen und nur noch zu zeichnen. „Hauptmann Veit“ hatte ich nie vergessen.

Seit wann bist du als zeichnender und schreibender Comic-Künstler tätig? Was waren deine bisherigen Arbeiten?

Meinen ersten Kontakt mit Comics hatte ich Ende der 1970iger bei ZACK, Koralle Verlag. Dort machte ich kleinere Layout-Arbeiten.  Leider war das Magazin bereits stark im Niedergang begriffen, da man dort aus lauter Schusseligkeit vergessen hatte, die großen Serien wie Lucky Luke etc. vertraglich zu verlängern. So erhielt ich die Anfrage zu einer eigenen Serie wozu es aber nicht mehr kam, da das Magazin kurz darauf vom Mutterhaus Springer eingestellt wurde. Meine ersten richtigen Comics veröffentlichte ich 1987 und 88 mit „Zippe & Zack“, ein Projekt eher außerhalb jeder Normalspur, allerdings mit einer hohen Auflage von 50.000 Stck. pro Band. Kurz darauf entwickelte ich für Bastei für das damals sehr bekannte „Pillhuhn“ Comics. Aus Kostengründen ließ Bastei dann in Spanien zeichnen. Neben meiner sonstigen Arbeit als Illustrator und Cartoonist habe ich auch immer „Veit“ in der Schublade gehabt. Versuche mit Textern zu arbeiten klappten allerdings nicht, da ich zu sehr „im Thema“ war. Blieb mir also zu guter Letzt nur übrig, selbst zu schreiben, letztlich war’s so genau richtig.

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Dein Hauptmann Veit wird jetzt von Edition 52 verlegt. Wie kam es zu der neuen Verlagsverbindung?

Uwe Garske von Edition 52 bot mir auf der Frankfurter Büchermesse 2015 eine Zusammenarbeit an. Ich hatte nach dem 3. Band von Hauptmann Veit ein Jahr lang versucht, stärker in die Vermarktung zu gehen. Das klappte zwar erstaunlich gut, aber ich kam in dieser Zeit nicht mehr zum Zeichnen. Zu viele Baustellen blieben dann einfach unbearbeitet, das überstieg meine Kapazitäten. Es freut mich sehr, Partner gefunden zu haben, die eine ähnliche Liebe und Engagement wie ich für das Produkt haben. Mit der 2. Auflage des 1. Bandes ist jetzt die erste gemeinsame Arbeit realisiert.

Was ist konkret neu an der 2. erweiterten Auflage von Band 1? Wie viel Seiten kommen hinzu?

Im Vorspann sind 2 Saga-Seiten eingefügt, die auch bereits im 2. und 3. Band enthalten sind. Der Anhang ist um sechs Seiten erweitert, davon 2 Seiten einer 1984 entstandenen Vorläufergeschichte. Außerdem gibt es eine limitierte Premiumedition mit einem signierten Druck.

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Bleistiftvorzeichnung

Kommen alle bereits erschienenen Bände nach und nach bei Edition 52 als Neuauflage?

Das hängt natürlich von den Verkäufen ab. Grundsätzlich steht dem nichts im Wege.

Wie geht es inhaltlich weiter in Band 4? Gibt es wieder einen Sekundärteil? 

Band 4 schließt in der Erzählung nahtlos an die Vorläuferbände an. Jetzt geht es aber erstmalig konkret um die geschichtlich realen Ereignisse des Bauernkrieges, um die Erhebungen in Leibheim bei Ulm, sowie in Weingarten am Bodensee. Auch Thomas Münzer und Luther treten auf, das passt ja auch gut in das jetzige 500-Jubiläumsjahr der Reformation. Außerdem gibt es da ja noch Veits überaus attraktive Gefährtin, die allerdings ihren eigenen Kopf hat. Der Sekundärteil über die geschichtlichen Hintergründe ist immer ein fester Bestandteil des Konzeptes. Das rundet die Bände entscheidend ab und dadurch erhalten sie erst ein historisch unterhaltendes Niveau.

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Auf wie viel Bände ist Veit insgesamt angelegt?

Ich habe die Reihe jetzt auf acht Bände konzipiert, dafür bin ich noch einmal richtig in die Geschichte eingetaucht, um zu wissen, worauf man sich konzentrieren muss und was man weglassen kann. Wichtig war auch festzulegen, wie sich die einzelnen Handlungsstränge in der gesamten Geschichte entwickeln. Band 4 erscheint dieses Jahr im Sommer. Für die folgenden Bände möchte ich dann einen Veröffentlichungsrhythmus von einem Jahr einhalten.

Woran arbeitest Du neben Deiner Comic-Tätigkeit?

Wie schon erwähnt, hauptsächlich Cartoons und illustrative Arbeiten für diverse Werbepartner.

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Bleistiftvorzeichnung

Liest Du noch selbst Comics und wenn ja: welche sind deine Favoriten?

Auch für mich gilt: Mit Neuerscheinungen komme ich kaum mehr in Kontakt. Kommt auch daher, dass viele den „Kunstberger“ geben – optisch aufgemotzte Erscheinungsformen, denen der Inhalt dann selten standhält. Gute Serien? 50 Jahre alt. Mangas sind für mich eher eine interessante Stilrichtung. Bleiben halt leider im Moment eher die Klassiker: Barks, Foster, Hergé, Nickel, Goscinny, Morris.

Lutz Nosofsky: Hauptmann Veit 1: Blutbruder. Edition 52, Wuppertal 2017. 72 Seiten, € 22,–

Lutz Nosofsky: Hauptmann Veit 1: Blutbruder. VZA. Edition 52, Wuppertal 2017. 72 Seiten, inkl. signiertem und limitiertem Druck, € 29,–

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