Wie ein nicht jugendfreier Warner-Cartoon – „Deadpool: Wade Wilson Superstar“

Nach den umfassenden Änderungen durch das universelle „Secret Wars“-Ereignis ist neben Tony Stark und Peter Parker ein weiterer Superheld zu gewaltigem Reichtum gekommen. Kein geringerer als Gaga-Killer Deadpool ist nun der neue, superreiche Player im marvelschen Comic-Kosmos. Doch anstatt seine Kohle in Fusel, mexikanisches Essen und zeitweilige Gespielinnen zu investieren, wird der Sprüche klopfende Publikumsliebling mit den Selbstheilungskräften tatsächlich zum zugkräftigsten Finanzier der „Avengers Initiative“. Wie zuvor bereits in der Crossover-Reihe „Spider-Man / Deadpool“ angedeutet, leidet darunter allerdings seine Beziehung zur dämonischen Gattin Shiklah, die ihren Wade Wilson als egoistischen, dauerpotenten Krawallmacher deutlich lieber mochte. Statt seiner Ehe muss der Star des Marvel-Universums zunächst aber erst seinen Ruf retten. Aufgrund seiner unglaublichen Popularität machen nämlich unzählige Deadpool-Doubles den Planeten unsicher. Und eins davon hat einen heimtückischen Mord begangen…

dp2017_1miniDie neue Hauptserie des Söldners mit der Schnodderschnauze ist die konsequenze Fortführung des Konzepts aus „Deadpool & die Söldner“. Und das muss man mögen. Natürlich bedeuten neue, cartoonig-überdrehte Charaktere auch mehr überzogene, politisch unkorrekte Gewalt und ein regelrechtes Kalauer-Inferno. Dem fehlt allerdings schon ein wenig der Zunder, wenn einfach neunzig Prozent der agierenden Charaktere mental neben sich stehen. Denn egal ob im Film oder im Comic – wirklich starke Deadpool-Geschichten bedienen sich in der Regel eines Mechanismus, bei dem der hyperaktive Zoten-Ninja deutlich ernsteren, schwereren Figuren gegenüber gestellt wird. Das hat den Reiz im Zusammenspiel mit Wades altem „Kumpel“ Cable ausgemacht und war auch ein ganz wichtiger Faktor in der großartigen, letzten Inkarnation des Schurken-Teams „Thunderbolts“, wo Deadpool klassischen Miesepetern wie Elektra, dem Punisher oder dem roten Hulk auf den Senkel gehen durfte.

Was übrig bleibt wirkt häufig wie ein nicht jugendfreier Warner-Cartoon, bei dem es nicht verwundern würde, wenn Figuren wie „Wile E. Coyote“ oder der „Roadrunner“ auf den ansprechend grellbunten Panels auftauchen würden. Wirklich hysterisches Gelächter bleibt aufgrund der völligen Abwesenheit von Kontrasten bislang aber leider aus. Nichtsdestotrotz birgt die neue Reihe großes Potential und wird bereits mit den nächsten Bänden von Deadpools Hofstaat der Duplikate abrücken, um Platz für die Verlags-Parodie „Deadpool 2099“ oder einem wirklich aufregend klingendem Storybogen zu machen, bei dem Mutanten-Fiesling Sabertooth eine tragende Rolle spielen wird. Das wär doch mal was!

Gerry Duggan, Mike Hawthorne: Deadpool 1: Wade Wilson Superstar. Panini, Stuttgart 2017. 132 Seiten, € 12,99