Dieser „Godzilla“ hat zweierlei in großem Stil und in mehrerem Sinn: Monster und Blackouts. Der Monster hat er viele. Auch wenn man nicht groß auf die Fan-Expertise in Sachen der vor genau sechzig Jahren gestarteten japanischen Riesenechsenfilmreihe zurückgreift (die zum Kinostart massiv in Umlauf gebracht wird) – in der medialen Erinnerung ist zumindest irgendwie präsent, dass es in diesen als kindisch geltenden fernöstlichen Produktionen oft mehrere Großgeschöpfe gab. Die befetzten sich zwischen Hochhausmodellen, und ihr Status gegenüber den Menschen war oft ambivalent: Tödlicher Feind? Heimlicher Freund? Destruktives Double? (Oder allzu verdiente Städtezertrümmerungsstrafe für böse Taten der alten, Augenklappe tragenden Kriegsherrengeneration wie in Inoshiro Hondas todernstem „Godzilla“ von 1954?)

© Warner Bros.
Eine weitaus kürzere Monstertradition führt zu „Monsters“, zu dem 2010 noch bescheiden gestarteten Debüt des britischen „Godzilla“-Regisseurs Gareth Edwards. „Monsters“ kam im Modus eines Liebes-Roadmovie durch eine alien-infected-zone in Mexiko daher und bezog sich in Bild- und Tonmotiven immer wieder auf „Apocalypse Now“, quasi als neokolonialer Reisefilm und insofern dunkles Schattenbild zur Traditionen des Flucht- und Dschungelfilms. (Ein Bilder-Komplex, den „Godzilla“ immer wieder recht direkt ansteuert, sind die Knochenarchitektur-Designs des unlängst verstorbenen H.R. Giger in „Alien“.)
Vor allem aber warf Edwards‘ „Monsters“ – dessen Titel zu prägnant war, um nicht die Frage, wer gemeint ist, nahezulegen – einen skeptischen Blick gerade auf Grenzregimes und Notstandsverwaltungen, die beim „humanen“ Umgang mit unerwünschten – und, so zeigte sich, an sich harmlos verschmusten – Fremdexistenzen errichtet werden. Am Ende wurde das Liebesverhalten brünftiger Menschen und Monstren recht unverblümt analog gesetzt, als etwas, das jeweils von der bewaffneten Staatsmacht (und ihren Anti-Immigrationsmauern) brutal unterbunden wird.

© Warner Bros.

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Zackig ist an dem immer wieder angenehm gemessen inszenierten Film letztlich nur der Rücken, den der Titelheld uns zukehrt (wie schon programmatisch auf dem Postersujet). Insgesamt präsentiert sich „Godzilla“ als der nicht allzu häufgige Fall eines Blockbusters, der nicht nur malerisch ist (wie etwa Peter Jacksons unterschätzter „King Kong“), sondern oft regelrecht traumwandlerische Noten hat: frontaler Monsterauftritt in lang gehaltener, grauer Totaleinstellung mit roten Lampions im Vordergrund, dazu ein Ton auf dem Klavier; Fallschirmsoldaten im freien Fall, dies nicht als Bungeejump oder sonstiger Sport inszeniert (wie es etwa noch in Guillermo de Toros vorjähriger Japan-Monster-Hommage „Pacific Rim“ geschah), sondern als ein Dämmern vor einem Inferno, mit subjektivem Eigen-Atemhören und heulendem Ligeti-Score aus Kubricks „2001“, bevor wir in ein Soundloch fallen. Vieles hier ist gewagt und gewaltig.
Dieser Text erschien zuerst in: filmgazette.de
Godzilla
USA / Japan 2014 – 123 min.
Regie: Gareth Edwards – Drehbuch: Max Borenstein, Dave Callaham, Frank Darabont, David S. Goyer – Produktion: Jon Jashni, Mary Parent, Brian Rogers, Thomas Tull, Yoshimitsu Banno, Alex Garcia, Kenji Okuhira, Patricia Whitcher – Kamera: Seamus McGarvey – Schnitt: Bob Ducsay – Musik: Alexandre Desplat – Verleih: Warner Bros. – FSK: ab 12 Jahren – Besetzung: Aaron Taylor-Johnson, Bryan Cranston, Elizabeth Olsen, Juliette Binoche, Ken Watanabe, David Strathairn, Sally Hawkins, Al Sapienza, Richard T. Jones, Brian Markinson, Victor Rasuk, Patrick Sabongui, Primo Allon, Jeric Ross, Warren Takeuchi, Anthony Konechny, CJ Adams, Kevin O’Grady, Corey Craig
Kinostart (D): 15.05.2014
Drehli Robnik, geb. 1967, Theoretiker in Sachen Film und Politik, Edutainer, Kritiker, Disk-Jockey. Doktorat Universität Amsterdam (2007). Universitäre Lehrtätigkeit in A, D, CZ, FL 1992-2015. Monografien zu Stauffenberg im Film, zu Jacques Rancière und zur Regierungs-Inszenierung im Kontrollhorrorkino. Herausgeber der Film-Schriften von Siegfried Mattl. In Arbeit: DemoKRACy: Siegfried Kracauers Politik[Film]Theorie. Im Frühjahr 2019 erscheint bei neofelis der von ihm herausgegebene Sammelband „Put the X in PolitiX: Machtkritik und Allianzdenken mit den X-Men-Filmen“.