Comic-Bestenliste – Zweites Quartal 2020

30 Kritikerinnen und Kritiker aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, die in Presse, Rundfunk und Internet regelmäßig Comics, Mangas und Graphic Novels besprechen, stellen alle drei Monate eine gemeinsame Bestenliste zusammen.

Die Comic-Bestenliste – präsentiert von buchreport, Comic.de, rbbKultur Radio und Tagesspiegel – orientiert sich in ihrem Erstellungsverfahren an der renommierten „SWR Bestenliste“ für Literatur.

Die Jurorinnen und Juroren, die am Ende der Seite aufgelistet sind, konnten bis zu vier Comic-Novitäten benennen, denen sie möglichst viele Leser und Leserinnen wünschen, und vergaben je einmal 15, 10, 6 sowie 3 Punkte. Hier folgen jetzt die zehn Bestplatzierten für die zurückliegenden Monate …


Platz 1 (mit 67 Punkten)

Emilie Gleason:

TRUBEL MIT TED (Edition Moderne)

Klappenbroschur, 128 Seiten, farbig, € 24,00, ISBN: 978-3-03731-200-1 • Erstveröffentlichung 2018 unter dem Titel „Ted, drôle de coco“ im französischen Verlag Atrabile • Übersetzung aus dem Französischen: Christoph Schuler • Handlettering: Michael Hau • Leseprobe

Birte Förster im Tagesspiegel: „Wie es ist mit dieser Form von Autismus zu leben, beschreibt Émilie Gleason in ihrer Graphic Novel „Trubel mit Ted“. Für ihren Comic wurde die in Frankreich lebende belgisch-mexikanische Zeichnerin 2019 beim Internationalen Comicfestival in Angoulême mit dem Preis für das beste Debüt ausgezeichnet. (…) Die Kolorierung richtet sich nach Teds Wahrnehmungshorizont: Menschen, die in seinem Leben eine Bedeutung haben, sind vollständig mit Farbe ausgefüllt. Ihnen haucht Gleason Leben ein. Bei flüchtigen Begegnungen bleibt es bei den Konturen. Skizzenhaft-wackelig wird der Strich und expressive Formen entstehen, wenn Ted in Panik gerät.“


Platz 2 (mit 59 Punkten)

Lukas Jüliger:

UNFOLLOW (Reprodukt)

Klappenbroschur, 168 Seiten, farbig, € 18,00, ISBN: 978-3-95640-217-3 • Leseprobe

Eric Hartmann in der Süddeutschen Zeitung: „In ‚Unfollow‘ reflektiert Lukas Jüliger über die aktuelle Klimadebatte, über Social Media und Personenkulte, über Technologien und ihre Grenzen. Scharfsinnig zeigt er, welche Rolle digitale Kanäle heute spielen und was passiert, wenn Menschen die Kontrolle über ihr eigenes Narrativ verlieren.“


Platz 3 (mit 58 Punkten)

Martin Panchaud:

DIE FARBE DER DINGE (Edition Moderne)

Hardcover mit Halbleinenrücken, 224 Seiten, farbig, € 35,00, ISBN: 978-3-03731-201-8 • Übersetzung aus dem Französischen: Michael Hau • Leseprobe

Andreas Platthaus in der FAZ: „Panchaud nähert sich auf diese Weise als Comic-Erzähler dem Prinzip von Prosa an, indem er unsere Phantasie dazu herausfordert, sich ein eigenes Bild der Akteure zu machen. Eine intelligente und dabei unterhaltsame Kartierung des Territoriums der Comics. Dessen Grenzen erweitert ‚Die Farbe der Dinge‘ erheblich.“


Platz 4 (mit 51 Punkten)

Nina Bunjevac:

BEZIMENA (avant-verlag)

Hardcover mit Leinenrücken, 224 Seiten, s/w, € 30,00, ISBN: 978-3-96445-032-6 • Übersetzung aus dem kanadischen Englisch: Benjamin Mildner • Leseprobe

Andrea Heinze in rbb Kultur: „Bezimena kommt aus dem slawischen und bedeutet namenlos. Damit steht diese Geschichte für alle Frauen, die sexuelle Gewalt erleben mussten. Zugleich ist es eine Täterbiografie. Benedict heißt der Täter und wir lesen, dass er das späte Wunschkind seiner Eltern war. Dass er schon als Kind gerne masturbierte, was damals mit dem Rohrstock geahndet wurde. Dass er sich mehr und mehr in sich selbst zurückzieht, einen Job im Zoo annimmt und dort im Schatten der Bäume masturbiert und schließlich immer übergriffiger wird. Hier wird die Geschichte eines Mannes erzählt, der nicht lernen durfte, seine Bedürfnisse anzunehmen, sich darüber auszutauschen und damit viel Leid in die Welt bringt.“


Platz 5 (mit 50 Punkten)

Joann Sfar (Autor), Christophe Blain (Autor und Zeichner):

BLUEBERRY – DAS TRAUMA DER APACHEN (Egmont)

Hardcover, 64 Seiten, farbig, € 15,00, ISBN: 978-3-7704-4103-7 • Übersetzung aus dem Französischen: Horst Berner • Leseprobe

Christoph Haas im Tagesspiegel: „Anders als mehrere seiner französischen Kollegen, die Western zeichnen, erweist Blain sich dem übermächtigen Einfluss Girauds gegenüber als völlig immun. Er zeichnet realistischer als in seinen sonstigen Arbeiten; durch ihre Flächigkeit und die Art der Schraffur haben seine Bilder aber oft etwas Holzschnitthaftes, die sie vom reinen Realismus entfernt. Der majestätischen Landschaft des Westens huldigt er weniger als Giraud; wenn er dies tut, gelingen ihm starke Momente.“


Platz 6 (mit 46 Punkten)

Uli Oesterle:

VATERMILCH BUCH 1(Carlsen)

Hardcover, 128 Seiten, zweifarbig, € 20,00, ISBN: 978-3-551-71158-8 • Leseprobe

Andrea Heinze in rbb Kultur: „Wir lernen den Vater als kleinen Markisenvertreter kennen, der gern den charmanten Schickeria-Typen gibt, Frauen abschleppt und sich mit Champagner und einem tollen Auto schmückt. Oesterle gelingt damit eine Charakterisierung der Schickeria der 70er Jahre mit all dem Disco-Glitter und Partygetümmel – die durch die Enge des kleinbürgerlichen Milieus gebrochen wird, aus dem der Vater kommt. (…) ‚Vatermilch‘ ist ein Comic für Menschen, die sich dafür interessieren, wie wir wurden, was wir sind. Und für Eltern, die im Umgang mit ihren eigenen Kindern merken, wie sehr sie von der Erfahrung mit den eigenen Eltern geprägt wurden.“


Platz 7 (mit 37 Punkten)

Jérémy Perrodeau:

DÄMMERUNG (Edition Moderne)

Flexi-Einband, 144 Seiten, farbig, € 32,00, ISBN: 978-3-03731-197-4 • Handlettering von Michael Hau • Übersetzung aus dem Französischen: Christoph Schuler • Leseprobe

Andreas Platthaus im FAZ-Comicblog: „Wir werden von diesem Buch in einen Flow versetzt, von dem wir uns durchs Geschehen treiben lassen können. Ob er uns mitreißt oder eher nur dümpeln lässt, entscheidet sich wohl daran, wie viel Liebe zur Science Fiction man besitzt. (…) Man ist als Leser herausgefordert, sich ‚Dämmerung‘ anders zu erschließen, als es bei einer geradlinigen Erzählung der Fall wäre. Perrodeaus Szenario führt uns auf Um- und Irrwege, lässt Parallelen zu, aber schließt auch Kreise. Am Ende steht in mehrfacher Hinsicht Leere, und das wird manche Leser frustrieren. Aber ohne genau beschreiben zu können, warum, fühle ich mich von ‚Dämmerung‘ erfüllt.“


Platz 8 (mit 31 Punkten)

Shigeru Mizuki:

KINDHEIT UND JUGEND (Reprodukt)

Klappenbroschur, 480 Seiten, s/w, € 24,00, ISBN: 978-3-95640-214-2 • Übersetzung aus dem Japanischen: Nora Bierich • Leseprobe

Ralph Trommer in der taz: „Mit oft hinreißender Selbstironie gelingt Mizuki so ein oftmals abgründiges Porträt seiner Jugend. Der zunehmende Nationalismus in Japan wird früh gestreift. Der Zeichner erinnert daran, wie die Soldaten bereits von kleinen Kindern als Helden verehrt wurden. Unterbrochen werden die aus Sicht Shigerus erzählten Episoden gelegentlich von Kommentaren des ‚Rattenmannes‘. Sie ist eine bekannte Yōkai-Figur aus ‚Kitarō‘ und fungiert hier als Alter Ego Mizukis. So vermag der Autor, Erläuterungen zu politischen Ereignissen im zunehmend imperialistisch-aggressiven Japan einzustreuen.“


Platz 9 (mit 25 Punkten)

Koyoharu Gotōge:

DEMON SLAYER Band 1 (Manga Cult)

Softcover, 192 Seiten, s/w, € 10,00, ISBN: 978-3-964332-80-6 • Übersetzung aus dem Japanischen: Burkhard Höfler • Leseprobe

Sabine Scholz im Tagesspiegel: „Angesiedelt wurde ‚Demon Slayer‘ in einem fiktiven Japan in der Taisho-Ära am Anfang des 20. Jahrhunderts. Der Manga verbindet die politisch aufregende Zeit mit einer bewegenden Familiengeschichte und übernatürlichen Phänomenen. Diese Mischung macht den Erfolg der Serie aus, da Japaner nicht nur viel auf Familienzusammenhalt geben. Sie schätzen auch das Motiv der Dämonen, die überlieferten Erzählungen entstammen dem japanischen Volksglauben.“


Platz 9 (mit 25 Punkten)

Max Baitinger:

HAPPY PLACE (Rotopol)

Layflat-Bindung, 160 Seiten, farbig, € 18,00 ISBN: 978-3-96451-016-7  • Leseprobe

Jule Hoffmann in Deutschlandfunk Kultur: „In allen Strips ist der gleiche Protagonist zu sehen, ein schlanker Typ in schwarz-weiß. Er fährt Rolltreppe, wartet unter einer Yuccapalme, liegt im Bett oder isst ein Eis. In Baitingers Miniaturbeobachtungen und in seinen Texten liegt ein feiner Sinn für Ironie, der fast an Loriot erinnert.“


DIE MEDIENPARTNER

buchreport – Die meinungsbildende Fachzeitschrift für die Buchbranche
Comic.de – Das Magazin für Comic-Kultur im Internet
rbbKultur – Deine Ohren werden Augen machen
Der Tagesspiegel– Die größte Zeitung der Hauptstadt


DIE JURY

Barbara Buchholz (Comixene, Der Tagesspiegel, http://t1p.de/p02p)
Anne Delseit (Animania, https://t1p.de/ae4v)
Christian Endres (die zukunft, Geek!, http://t1p.de/ukpk)
Birte Förster (Titel Kulturmagazin, Der Tagesspiegel, http://t1p.de/qtej)
Gerhard Förster (Die Sprechblase, http://t1p.de/wv34)
Christian Gasser (Radio SRF 2, Neue Zürcher Zeitung, http://t1p.de/mlz5)
Meheddiz Gürle (Lektoratsdienste des ekz.bibliotheksservice, https://t1p.de/qsog)
Christoph Haas (Süddeutsche Zeitung, taz. die tageszeitung, http://t1p.de/fqdm)
Volker Hamann (Alfonz, Reddition, http://t1p.de/lr8o)
Gerd Heger (Saarländischer Rundfunk, http://t1p.de/6kz0)
Andrea Heinze (Deutschlandfunk, rbbKultur, https://t1p.de/lcg9)
Jule Hoffmann (Deutschlandfunk Kultur, http://t1p.de/htfj)
Alex Jakubowski (ARD-aktuell, Comic-Denkblase, https://t1p.de/34ug)
Martin Jurgeit (Buchreport, die neunte, http://t1p.de/mnzr)
Karin Krichmayr (Der Standard, http://t1p.de/yjp7)
Jörg Krismann (Comixene, http://t1p.de/axkj)
Gerrit Lungershausen (Comicgate, Comic.de, Closure, http://t1p.de/7xy3)
Mattes Penkert-Hennig (Dein Antiheld, http://t1p.de/5j86)
Andreas Platthaus (Frankfurter Allgemeine Zeitung, http://t1p.de/8f1s)
Claudia Reicherter (Südwest Presse, http://t1p.de/8v3n)
Martin Reiterer (Wiener Zeitung, http://t1p.de/71xu)
Volker Robrahn (Comic-Talk, http://t1p.de/m4q0)
Martin Schöne (3sat, http://t1p.de/qzyh)
Sabine Scholz (Animania, Der Tagesspiegel, http://t1p.de/g2ju)
Anna Mháire Stritter (Orkenspalter TV, https://t1p.de/lyts)
Lars von Törne (Der Tagesspiegel, http://t1p.de/zuip)
Ralph Trommer (taz.die tageszeitung, http://t1p.de/cagt)
Gesa Ufer (Deutschlandfunk Kultur, rbb radioeins, http://t1p.de/680j)
Hans Jürg Zinsli (Berner Zeitung, Tages-Anzeiger, http://t1p.de/kifj)