Tobias ist ein ganz normaler Jugendlicher, der in Wesel am Niederrhein aufwächst. Zwei Dinge stellen sich für den verträumten und schüchternen Jungen schnell heraus. Zum einen möchte er sich abheben, möchte er anders sein. Zum anderen verliebt er sich schon in jungen Jahren unsterblich in die Musik. Dabei kann er mit all dem modernen Quatsch, den seine Mitschüler in den Achtzigern und Neunzigern so hören, nicht viel anfangen. Insbesondere die Sechziger haben es Tobi angetan. Soul, R’n’B und Ska. Nachdem er im Sowi-Unterricht den auf einem Album der Band „The Who“ basierenden Film „Quadrophenia“ sieht, ist es um Tobias geschehen. Ab sofort weiß er, wo er hingehört und will ein Mod werden…
Zeichnerisch merkt man „Fahrradmod“ deutlich die Liebe des Künstlers zum klassischen, europäischen Comic an, die sich auch in seiner Arbeit als Illustrator niederschlägt. Anders als bei Tobias Dahmens häufig in der Werbung verwendeten, modernen und bunten Artworks, hat er sich bei seiner Graphic Novel für eine nostalgische Schwarzweiß-Optik entschieden, die dem mächtigen Hardcover-Wälzer hervorragend steht. Überhaupt verleiht die lebendige, freche Comicoptik der überwiegend eher ernsten Handlung eine angenehme Leichtigkeit und punktet immer wieder durch coole, metaphorische Sequenzen und prominent platzierte, handgeletterte Songtexte. Einzig die große optische Ähnlichkeit zwischen Tobi selbst und seinem Freund Wombel ist manchmal doch etwas irritierend.
„Fahrradmod“ ist eine tiefe, echte und informative Szenenstudie und eine melancholische Story über das Heranwachsen, die bei aller Ernsthaftigkeit nie vergisst ihren Leser zu unterhalten. Deshalb vergeht trotz der immensen Informationsfülle die Zeit wie im Fluge. Jeder, der in seiner Jugend einmal irgendeiner Szene angehört hat, wird sich nicht nur wiederfinden, sondern vielleicht sogar einige Antworten auf all diese eigenartigen Typen finden, die man nie wirklich zuordnen konnte.
Tobi Dahmen: Fahrradmod. Carlsen, Hamburg 2015. 480 Seiten, € 29,99
