DAS ERBE DES TEUFELS – Ein mächtiges Verschwörungs-Getriebe

erbe-des-teufels-crParis, 1938: Der Maler Constant ist nicht nur mittellos, sondern auch zu Tode betrübt. Denn seine geliebte Juliette hat ihn verlassen und ist seitdem spurlos verschwunden. Das ist zwar schon vier Jahre her, aber seitdem kann er nicht anders, als sie tagtäglich zu malen, um sie so im Gedächtnis zu halten. Zufällig entdeckt Constant bei einem Kunsthändler eine schlechte Kopie des Gemäldes „Die arkadischen Hirten“ von Nicolas Poussin und zu seinem Erstaunen stellt er fest, dass die weibliche Figur niemand anderen als Juliette darstellt! Was er nicht merkt: noch ein weiterer Kunde, ein Priester, interessiert sich für die Kopie. Als Constant diesen Priester erschossen vor seiner Wohnung findet, schliddert er zwar unfreiwillig, aber auch neugierig in ein gefährliches Abenteuer, das rasant ungeahnte Ausmaße annimmt. Denn auch die Nazis sind hinter dem Geheimnis her, das noch zu entschlüsseln ist, zu dem der sterbende Priester Constant in Form von unverständlichen Worten vor seinem Tod noch einen Hinweis zustecken konnte und an dessen Auflösung ungeahnte Macht stehen soll…

Die Geschichte, in die Constant in „Das Erbe des Teufels“ hineingezogen wird, basiert natürlich auf der Legendenbildung rund um den Abbé Saunière, den Pfarrer des Dörfchens Rennes-le-Château im Süden Frankreichs. Von 1885 bis zu seinem Tod 1917 übte er sein Amt dort aus und machte von sich reden, da er für die Renovierung der Kirche und diverser Neubauten sehr viel mehr Geld ausgab, als er eigentlich verdienen sollte. Schnell verbreitete sich das Gerücht, sein Vermögen basiere auf einem Schatz, den er in der Kirche gefunden habe. Spätere Publikationen stellten dann gar die Verbindung zum heiligen Gral oder zum Schatz der Tempelritter her, ein bis heute bei Esoterikern hartnäckig beliebtes Thema (für all dies gibt es natürlich keinerlei Belege, tatsächlich sammelte der findige Priester durch Annoncen in religiösen Zeitschriften Geld, um Messen zu halten, übernahm sich dann finanziell und musste später sogar Diverses aus seinem Besitz veräußern – aber wen interessiert das schon angesichts einer so fabulösen Legende…). In diesem Zusammenhang wird auch erstmals Poussins Gemälde „Die arkadischen Hirten“ mit der vielgedeuteten Inschrift „Et In Arcadia Ego“ erwähnt, welches bei unserer Geschichte die Ereignisse auslöst. Mit seinem „Da Vinci Code“ sorgte Dan Brown dann endgültig für die Verbreitung des Stoffes.

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Autor Jérôme Félix spinnt nun den Faden dieser Legende weiter, ändert dabei aber diverse historische Umstände. So lässt er den Abbé gleich zu Beginn der Geschichte sterben und führt als Antagonistin Constants die Operndiva Emma Calvé (1858-1942, sie soll sich angeblich auch mal mit dem Abbé Saunière getroffen haben) ein, die mit den Nazis paktiert, um ihre Ziele zu erreichen. Und die mischen bekanntlich immer gerne mit, wenn es um übersinnliche, okkulte Mächte geht – siehe Hellboy und Konsorten. Denn am Ende der Suche und nach Lösung aller Rätsel steht angeblich eine teuflische Macht, die es zu ergattern gilt. Für Constant dagegen zählt nur das Wiedersehen mit Juliette, doch scheint er nur ein Rädchen im Verschwörungs-Getriebe zu sein. Bald stellt sich heraus, dass seine Beteiligung an der Sache tatsächlich nur zufällig zustande kam, aber da ist es schon zu spät. Der Weg ist also das Ziel, und so versuchen beide Gruppen – Emma Calvé, ihre Schergen und Constant mit seiner noch namenlosen rotschopfigen Bekanntschaft, die offenbar gerne die Fronten wechselt – dem Rätsel auf die Spur zu kommen.

Félix inszeniert das noch immer beliebte Thema und seine eigene Version davon frisch und munter und sorgt damit stets für actionreiche Verwicklungen. Die Protagnisten sind schnell positioniert, was der esoterischen Schnitzeljagd den Weg ebnet. Das ist kurzweilig wie unterhaltsam und wird von Paul Gastine elegant in Szene gesetzt, wobei sein realistischer Zeichenstil in bester franko-belgischer Tradition steht und bisweilen Anklänge an den von Félix Meynet oder Philippe Berthet liefert. Insgesamt wird die Reihe vier Bände umfassen, die in Frankreich bereits komplett als „L’Héritage du Diable“ erschienen sind. Es kann also zügig weitergehen – Band 2 erscheint im März. Wer mal den Stoff als Comic-Variation lesen will, eingebettet in andere historische Begebenheiten, ist hier bestens bedient. Die auf nur 160 Stück limitierte Vorzugsausgabe des Bandes mit alternativem Cover und signiertem Druck ist bereits vergriffen.

Jérôme Félix, Paul Gastine: Das Erbe des Teufels, Band 1: Rennes-le-Château. Bunte Dimensionen, Augsburg 2016. 52 Seiten. 15 Euro