Russland, November 1934. Auf Zar Nikolaus II. wird ein Attentat verübt. Der Herrscher wird schwerst verletzt, ist im Koma. Der Tod des „ewigen Zars“ könnte Unruhen unter der ärmlichen Bevölkerung auslösen. Die hat langsam genug von den Entbehrungen. Denn noch immer läuft der Krieg, der 1914 ausbrach. Zwar konnten die Bolschewiken um Lenin besiegt werden, wie auch die Chinesen und die Amerikaner. Dennoch wird weiterhin an verschiedenen Fronten gekämpft. Der Trumpf der Russen ist eine Wunderwaffe, die sogenannten Schlächter, eine Mischung aus krebsartigem Panzer und Mech. Schier unbezwingbare Maschinen, die von jungen Soldaten gesteuert werden. Ausbilderin der Rekruten ist Saskia Urdin. Sie und ihr Mann Kyril Noskov sind verehrte Kriegshelden, denen sogar ein Denkmal gewidmet wurde. Der Dritte im Bunde, Juri, ist seit einigen Wochen verschollen. Zur Rettung des Zaren, dessen Geist im Limbus angeblich in einer Stadt namens Arale weilt, wählt Rasputin, Chef des Konzils der schwarzen Magier, ausgerechnet Kyril aus. Auch Kyrils Geist wird in jene Traumwelt geschickt. Dort soll er Arale und den Zaren suchen. Doch zu seiner Überraschung trifft Kyril zuerst auf Juri…

Tristan Roulot (Autor), Denis Rodier (Zeichner): „Arale“.
Splitter Verlag, Bielefeld 2018. 64 Seiten. 15,80 Euro
Nach und nach wird auch klar, dass der linientreue Kyril nur die Marionette Rasputins (und der Baba Yaga) ist. Seine Herkunft wird geklärt und damit auch der Grund, weshalb ausgerechnet er für die Rettungsmission auserkoren wird. Was clever gelöst ist, ist der Höhepunkt und damit gleichzeitig die Auflösung der Story. Sowohl Kyril in der Zwischenwelt als auch Saskia in der (alternativen) Realität kommen dem wahren Motiv Rasputins und damit dem Geheimnis des ewigen Zaren auf die Spur, was inhaltlich parallel verarbeitet wird. Etwas konfus bleibt dagegen die Beziehung bzw. Rivalität zwischen Rasputin und der Hexe und damit auch deren Motivation. Zum Schluss setzt es noch eine feine Pointe, die diverse Fragen offenlässt und Raum für Interpretation (und vielleicht doch eine Fortsetzung) bietet. In die nur 64 Seiten dieses Einzelbandes packt Roulot eine dichte, konzentrierte Handlung mit diversen Überraschungen. Zeichnerisch liefert der Frankokanadier Denis Rodier, der vornehmlich durch seine Arbeiten für DC bekannt ist, solide Arbeit ab. Die Personen sind akzentuiert dargestellt und die Zwischenwelt wirkt in jedem Panel bedrohlich und unergründlich. In der Kürze liegt manchmal eben doch die Würze.
Dieser Text erschien zuerst auf: Comicleser.de
Bernd Weigand ist schon über vier Jahrzehnte in Sachen Comics unterwegs: lesen, sammeln, übersetzen. Schreibt auch seit 20 Jahren über Comics, seit 2010 auf comicleser.de.