2008 veröffentlichte Fantastik-Superstar Neil Gaiman (Der Ozean am Ende der Straße), der mit „Sandman“ einen modernen Comic-Klassiker geschaffen hat, seinen Roman „Das Graveyard-Buch“. Dieser wurde aufgrund einer Jubiläums-Aktion des Arena Verlages gerade als günstige, limitierte Taschenbuch-Sonderausgabe neu aufgelegt. Bei Eichborn, wo Anfang des Jahres bereits Mr. Gaimans vielfach ausgezeichneter Roman „American Gods“ als neu übersetzter Director’s Cut ein neues Zuhause fand, erschien nun außerdem die Comic-Adaption von „Das Graveyard-Buch“. Roman wie Comic erzählen die Geschichte des kleinen Nobody. Ein übersinnlicher Killer bringt dessen Familie um, weshalb der Junge auf einem Friedhof von Geistern und einem Vampir-Vormund großgezogen wird.
Treibende Kraft hinter der Panel-Adaption, die im Original in zwei Bänden erschien und auf Deutsch direkt als Komplettausgabe veröffentlicht wird, ist der amerikanische Künstler P. Craig Russell. Der arbeitete mit Gaiman schon an der originalen „Sandman“-Serie und an „Mordmysterien“ zusammen und kanalisierte zudem Gaimans Sandman-Novelle „Die Träumjäger“ in einen wunderschönen Comic. Darüber hinaus setzte Russell Mozarts „Zauberflöte“, Wagners „Ring der Nibelungen“, Michael Moorcocks Elric, Robert E. Howards Conan sowie die Märchen von Oscar Wilde in Comic-Form um und steuerte Artwork zu hochkarätigen Genre-Dauerbrennern wie „Fables“ und „Hellboy“ bei.
Dass der 1951 geborene Russell überdies mehr als einmal Rudyards Kiplings „Die Dschungelbücher“ als Comic adaptierte (als Tuscher von Gil Kane für Marvel und viele Jahre später als Autor und Zeichner), war sicher ebenfalls kein Nachteil. Schließlich ist „Das Graveyard-Buch“ einerseits Gaimans Verbeugung vor Kiplings zeitlos grandiosen „Dschungelbüchern“ und andererseits ein Gruß in Richtung von „He, Rebeck!“, dem ersten Roman von Einhorn-Experte Peter S. Beagle.
Russell lieferte neben dem Text und den ein, zwei Kapiteln, die er selbst zeichnete, die Layouts für die komplette Comic-Interpretation – die Reinzeichnung der übrigen Kapitel übernahmen namhafte Künstler wie Tony Harris, Kevin Nowlan und Scott Hampton, Jill Thompson oder David Lafuente. So hat jedes von Bods Abenteuern zwischen den Welten der Toten, der Untoten, der Lebenden und der Mörder einen eigenen Touch, während Russells typische Seitenaufteilung und sein makelloses Storytelling ein starker visueller roter Faden sind, der alles zusammenhält.
„Das Graveyard-Buch“ ist einer der schönsten Romane von Neil Gaiman und wurde dank P. Craig Russell und seinem zeichnenden Allstar-Team ein toller Comic mit allerhand ‚Gaiman’-Momenten – der Friedhofs-Besuch lohnt also allemal, egal ob man den Roman kennt oder nicht.
Neil Gaiman, P. Craig Russell, Kevin Nowlan u. a.: Das Graveyard-Buch. Eichborn, Köln 2015. 358 Seiten, € 29,95