Wann wird aus einer Autobiographie Fiktion, und wann aus dem Erfundenen Realität? Auch mit diesen Fragen spielt Dominique Goblet in ihrer autobiographischen Erzählung „So tun als ob heißt lügen“, da sie Schlüsselmomente ihres eigenen Lebens nimmt, sie aber neu anordnet und bewertet. Ist es dieser Moment, wo die Fiktion in die Realität einbricht? Oder fängt es schon damit an, dass man die Lücken in der eigenen Biographie, in der eigenen Erinnerung auffüllen muss?
Goblet erzählt davon, wie sie ihren Vater wiedertraf. Einen Alkoholiker, der schon zu Zeiten seiner Ehe trank, danach noch mehr Grund dazu hatte, und ein Trauma erlebt hatte, das vielleicht der Auslöser dafür war. Auf jeden Fall hat es ihn seiner Tochter entfremdet. Als sie sich nun wiedersehen, kommen alte, nicht wirklich unterdrückte Gefühle zum Vorschein.
Das verpackt Goblet in eine starke, emotional packende Erzählung, die sich sogar über die schroffe Art der Zeichnungen hinwegsetzen kann. Über Jahre hinweg entstanden, verändert sich der Stil von Kapitel zu Kapitel, behält aber immer eine gewisse ungelenke Rohheit, mit der man sich erst anfreunden muss.
„So tun als ob heißt lügen“ ist eine beeindruckende, die Erzählform herausfordernde Erzählung, die noch lange nachwirkt.
Dominique Goblet: So tun als ob heißt lügen. Avant-Verlag, Berlin 2017. 148 Seiten, € 29,95