OLYMPIA – Drei Engel für Charlie (in gut)

Wer hat den Nerv, eine Szene, die im Comic selbst nur eine skurille Randbemerkung ist, aufs Cover zu setzen? Man könnte jetzt trocken bemerken, na Bastien Vivès, wer sonst? Denn seit der 1984 geborene französische Autor und Zeichner hierzulande mit „Der Geschmack von Chlor“ erstmals von sich Reden machte, hat er einen steten Strom von Comics produziert, die in ihrer inhaltlichen und stilistischen Bandbreite und der atemberaubenden Qualität ziemlich einzigartig in der Landschaft stehen. Ob „In meinen Augen“, „Polina“, „Für das Imperium“ oder „LastMan“, jedesmal kniete man anschließend auf dem Boden und dankte dem Gott der Comics, dass er Vivès mit solch einem Talent gesegnet hat.

„Die große Odaliske“, gemeinsam mit Florent Ruppert und Jérôme Mulot entstanden, reiht sich da nahtlos ein. Das war ein grandios leichtfüßiger Heist-Comic über drei smarte Kunstdiebinnen, die das titelgebende Kunstwerk aus dem Louvre stehlen. „Olympia“ schließt nun direkt an und ist – was Charme und Cleverness angeht – unglaublicherweise noch überzeugender als der erste Band. Dabei beginnt es eher tragisch, denn Sam und Alex halten ihre Freundin Carole für tot und ohne sie machen die Jobs nur noch halb so viel Spaß. Besonders Alex leidet und bringt sich und Sam in ihrem alkoholisierten Frust immer wieder in Gefahr. Aber Carole ist gar nicht tot, sondern schwanger, und als sich ihre Freundinnen so richtig in die Scheiße reiten, ist sie plötzlich da…

Eigentlich spottet „Olympia“ jeder Beschreibung, denn man muss den sagenhaften Flow der Geschichte, diese wunderbare Mischung aus Action und amüsanten Dialogen wirklich erleben, die Nonchalance, mit der Regeln gebrochen werden, ohne aufdringlich „Meta“ zu sein – was der Band natürlich ist, aber eben auf die sanfte Tour. Denn „Olympia“ will nicht nur schlau sein, sondern vor allem unterhaltsam, und da holen Vivès, Ruppert und Mulot die volle Punktzahl. Tatsächlich merkt man erst danach, wie schwerfällig (und alt) die Konkurrenz im Genre dagegen aussieht.

Bastien Vivès, Florent Ruppert, Jérôme Mulot: Olympia. Reprodukt, Berlin 2017. 136 Seiten, € 20,–