Ein Hauch von Funny – „Valerian & Veronique Spezial 2“

Eigentlich sollten die beiden Raum-Zeit-Agenten Valerian und Veronique einen betrügerischen High-Tech Androiden dingfest machen. Doch dann kommt alles anders. Der Androide findet ein unrühmliches (und äußerst witziges) Ende, als unvermittelt die Shinguz mit ihrem Raumschiff auftauchen und von einer Geschäftsidee berichten, die ihnen mächtig Ärger einbrockt: Mithilfe von Sonden, die sie ins All schicken, sollen unbekannte und noch nicht kartographierte Planeten gefunden werden, die man danach schleunigst in Besitzt nimmt („Das nennt man Kolonialismus“, bemerkt Veronique, worauf ein Shinguz trocken erwidert, dass das eine irdische Erfindung sei…).

Eine dieser Sonden flog – wie auch immer – durch die Zeit und landete auf der Erde, lange bevor dort Leben entstand. Nun gehört – rechtlich gesehen – die Erde den Shinguz bzw. deren Firma „Shinguzlooz“. Und genau da liegt der zweite Hase im Pfeffer, denn just diese Firma haben die lustigen Kreaturen beim Pokern verzockt. Sie gehört nun Sha-Oo, dem Welten-Absauger. Nicht gut. Denn Sha-Oo ist zwar nicht ganz so schlimm wie Galactus bei Marvel, aber immerhin ein Wasserhändler, der mit riesigen kosmischen Schweinswalen (!) das Wasser der Planeten absaugt, um es dann an Welten, in denen Wassermangel herrscht, zu verkaufen. Während Valerian bei den Shinguz bleibt, um deren Schiff zu reparieren, versucht Veronique bei Sha-Oo Zeit zu gewinnen, um die Erde zu retten…

Wilfrid Lupano (Text), Mathieu Lauffray (Zeichnungen): „Valerian & Veronique Spezial, Band 2: Shinguzlooz Inc.“.
Carlsen Verlag, Hamburg 2017. Softcover. 56 Seiten. 12 Euro

Bereits 2011 erschien in Frankreich ein Valerian & Veronique Album, ganz ohne Beteiligung der Serien-Väter Pierre Christin und Jean-Claude Mézières. Das Album, das Manu Larcenet (Blast, Brodecks Bericht) mit dem Titel „Die Rüstung des Jakolass“ im Alleingang zeichnete und schrieb, wurde im letzten Jahr, sicher begünstigt durch den Valerian-Kinofilm, auch bei Carlsen veröffentlicht (als „Valerian & Veronique Spezial“). Nun legt der Verlag einen zweiten Band nach, der in Frankreich ganze sechs Jahre nach dem Larcenet-Album erschien. Wieder sind zwei bekannte und beliebte Comic-Schaffende am Werk, die die berühmte SF-Serie in ihrem eigenen Stil interpretieren: Wilfrid Lupano, von dem bei Splitter nicht nur „Die alten Knacker“ erscheinen und Mathieu Lauffray, der u. a. durch „Prophet“ (auch bei Splitter) bekannt ist und der zuletzt mit dem Vierteiler „Long John Silver“, der gerade in einer beeindruckenden Gesamtausgabe bei Carlsen erschienen ist, beeindruckte.

Obwohl Lauffray seine Zeichnungen auch hier im realistischen Stil anlegt (mit einer bezaubernden Veronique), durchweht ein Hauch von Funny das ganze Album. Das liegt zum einen an den Shinguz, die immer drollig aussehen, egal in welchem Zeichenstil sie dargestellt werden, und zum anderen – und das ist die Hauptsache – an dem wunderbaren Humor, den Autor Wilfrid Lupano in die Story einbringt und der auch seinen Hit „Die alten Knacker“ prägt. Keine plumpen Gags, sondern gelungene, komische Situationen, die kein Mittel zum Zweck sind, sondern auf denen die Story auch noch aufbaut. Bestes Beispiel ist Mr. Zi-Pone, der Android, dessen Auftritt als vermeintliche Einleitung zur Story dient, der dann aber später noch eine wichtige Rolle in der Geschichte spielen wird.

Auch spinnt Lupano das Hauptmotiv gnadenlos und konsequent weiter: Die Erde gehört erst der Firma der Shinguz, die verlieren diese dann an den zwielichtigen Sha-Oo. Der ist an dem ohnehin verseuchten Wasser der Erde nicht interessiert, sondern an deren Bewohner. Und vor allem an Veronique – Stichwort Merchandise. Und dann liefert Lupano noch eine großartige wie groteske Erklärung für das Entstehen des Lebens auf der Erde, bei der ein chronisch verschnupfter Shinguz sowie Zeitreisen eine gewisse Rolle spielen… Der Band ist weder Parodie noch Klamauk. Vielmehr haben wir hier eine schöne und amüsante Verbeugung vor dem Original, mit einem angenehmen frischen Wind von „serienfremden“ Autoren. Und all dies verpackt in einer durchdachten, originellen Story. So kann die Reihe gerne weitergehen. Aber bitte nicht erst in sechs Jahren.

Dieser Text erschien zuerst auf: Comicleser.de

Bernd Weigand ist schon über vier Jahrzehnte in Sachen Comics unterwegs: lesen, sammeln, übersetzen. Schreibt auch seit 20 Jahren über Comics, seit 2010 auf comicleser.de.