Subtil-absurde Alltagsminiaturen – „Katze hasst Welt“

Eigentlich war die Welt von Katze noch nie in Ordnung. Schon auf der Kunsthochschule wird sie Opfer einer Performance, die nahelegt, dass sie nur wegen eines Computerfehlers aufgenommen wurde. Die Professoren nehmen den Körperbau ihrer Studentinnen ernster als deren Kunst. Und irgendwie wirkt Katze immer ein bisschen verloren. Kathrin Klingner sagt: „Es ist auf jeden Fall ein Comic übers Scheitern – weil die scheitert nicht nur an ihrem Künstlersein, die scheitert ja auch mit ihrer Beziehung, die macht ja sogar den Versuch, dass sie in eine andere Stadt zieht und macht ja sogar eine Therapie, wie man am Ende sieht. Und trotzdem hasst sie noch die Welt.“

Kathrin Klingner (Text und Zeichnungen): „Katze hasst Welt“.
MamiVerlag, Berlin 2017. 96 Seiten. 17 Euro

Da hilft nicht mal, dass Comic-Künstlerin Kathrin Klingner ihre Katze schließlich auf der Hamburger Reeperbahn zwischen lauter anderen Katzen, Vögeln und Tieren landen lässt. Auf der Kunsthochschule war sie noch allein unter Monstern, sprechendem Gemüse und – Menschen. Kathrin Klingner hat für ihren Comic „Katze hasst Welt“ eine Horde herrlich skurriler Wesen entworfen, die allein schon die Lektüre lohnen: Schafe mit Hipster-Schal, Touristen mit Wölkchen-Gesicht und ihr Psychologe wirkt, als sei er eine dicke Kartoffel. „Ich hatte auch so ein bisschen vor Augen, so was zu machen wie ein Album mit einzelnen Liedern. Ich hatte zu der Zeit ganz viel Singer-Songwriter gehört und die hatten dann zum Teil so Konzeptalben, wo jedes Lied zu einer größeren Geschichte gehört – und das hat mich zu der Zeit auch beeinflusst.“

Zum Beispiel die Songs des New Yorkers Jeffrey Lewis, der selbst auch Comiczeichner ist. Die einzelnen Episoden in „Katze hasst Welt“ sind allerdings noch knapper als ein Popsong. Mit schnellem Strich skizziert Kathrin Klingner Alltagsbeobachtungen auf eine Seite. Kolleginnen, die ungefragt zur Gesichtsenthaarung raten, sind genauso darunter wie Mädelscliquen beim Junggesellinnenabschied. Die Zeichnungen wirken präzise und verzerrt zugleich. Kathrin Klingner spielt darin auch mit Geschlechterklischees. Dass die Beziehung von Katze so unerträglich stumm verläuft, liegt vor allem daran, dass Katze selbst ihren Mund nicht auf kriegt. Und als dann Schluss ist, dröhnt sich Katze zu Hause die Birne zu, während Ex-Freund Panda sich mit Freunden trifft und zum Beispiel kocht. „Also ich war ja in Holland auf der Kunstschule und ich hatte schon das Gefühl, dass die Männer hier in Deutschland so ein bisschen softer sind. Und das hat sich auch auf jeden Fall auf das Buch ausgewirkt. Der Panda und seine Freunde, also dass die dann so sagen: Ah, früher haben wir immer schön zusammen gekocht – die kamen mir dann so ein bisschen weicher vor – und daher kommt das.“

Kathrin Klingner ist übrigens gerade mit einem Deutsch-Holländer zusammen. „Also dieser Teil mit der Beziehung – das ist keine Beziehung, die ich selbst hatte oder keine Trennung, die ich hatte. Aber da steckt trotzdem viel drin, was ich selbst kenne, so dieser Freundeskreis, der sich zu sehr einmischt und so Sachen. Aber ich hatte noch nie so eine Trennung am Handy. ‚Vielleicht ist es besser, wenn wir uns mal eine Zeit lang nicht sehen‘ – so eine Trennung hatte ich nie.“

Und warum um alles in der Welt fokussiert Kathrin Klingner in ihrem Comic dann immer nur auf die furchtbaren Seiten des Lebens, auf all die kleinen und großen Demütigungen? Da kann Katze doch nur mürbe und misanthropisch werden: „Ist das wirklich so scheußlich? Oje, ich muss sagen, während ich den Comic gezeichnet habe, habe ich oft wirklich am Tisch gesessen und laut gelacht. Wie soll man denn sonst diesen absurden Sachen begegnen, die es wirklich gibt?“ Tatsächlich ist der Humor von „Katze hasst Welt“ ganz ähnlich, wie man ihn von den Film-Tragödien der Coen-Brüder kennt: fein und zersetzend.

Dieser Text erschien zuerst auf: Deutschlandfunk.

Andrea Heinze arbeitet als Kulturjournalistin u. a. für kulturradio rbb, BR, SWR, Deutschlandfunk und MDR.