Steht da ein Starship Trooper? – „Colony“

Irgendwann mal im 23. Jahrhundert: Die Menschheit unternimmt erste zaghafte Versuche, fremde Planeten zu kolonisieren. Zu diesem Zweck schickt man diverse Schiffe los, deren Mannschaft jeweils in einer Cryokapsel die lange Reise überleben soll. Leider ist die Technik alles andere als ausgereift, der Kontakt reißt ab, das Schicksal der Pioniere bleibt im Ungewissen. Bis 40 Jahre später der berühmte First Contact stattfindet: Eine wohlwollende Alien-Rasse namens Atils gibt sich der Menschheit zu erkennen und sorgt für einen kometenhaften technischen Aufstieg, der es unter anderem auch ermöglicht, auf die Suche nach den verlorenen Schiffen zu gehen und zu versuchen, zu retten was zu retten ist. Zu den draufgängerischen Suchtrupps gehört auch Milla Aygon, die gemeinsam mit ihren Kadetten bei der Agentur in Ausbildung ist und auf einer ersten Mission auch gleich fündig werden. In einem der alten Siedlerschiffe finden sich tatsächlich noch Lebenssignale. Dumm nur, dass auch diverse Piraten auf der Fährte der Kapseln sind, die auf dem Schwarzmarkt Rekordpreise bringen.

Denis-Pierre Filippi (Autor), Vincenzo Cucca (Zeichner): „Colony Band 1“.
Aus dem Französischen von Tanja Krämling. Splitter Verlag, Bielefeld 2020. 48 Seiten. 15 Euro

Milla und ihre bunte Truppe schaffen es tatsächlich, den letzten überlebenden Siedler aus seinem Schlaf zu wecken und den Piraten unter der Nase weg per Raumsprung ein Schnippchen zu schlagen. Der geborgene Offizier Clarence Sternis kommt zunehmend zu Bewusstsein, während sich Milla nach einem gewagten Sprung doch einige Tage Raumreise entfernt von ihrem eigentlichen Ziel wiederfindet. Plötzlich empfängt man Signale, die von einem weiteren gestrandeten Kolonie-Schiff stammen müssen. Wagemutig nimmt man Kurs auf den Planeten und findet tatsächlich Überreste einer offenbar fehlgeschlagenen Landnahme – mitsamt einem von giftiger Strahlung verformten Wesen, das offenbar als Kind an Bord der Expedition ging.

Kolonialisierung fremder Welten! Aliens, die der Menschheit den Überlichtflug schenken! Raumpiraten! Gestrandete Schiffe, die betrügerische Rettungssignale aussenden! In ihrer Erzählung um ein paar junge Kadetten, die sich auf der ersten Mission bewähren wollen, mischt Denis-Pierre Filippi (u. a. „Ethan Ringler“, „Die Korsaren der Alkibiades“, „Träume“) ein Potpourri populärer SF-Motive zusammen, die wie eine Melange aus „Star Trek“, „Alien“ und Joss Whedons TV-Serie „Firefly“ daherkommt. Da jagen Piraten ihre wertvolle Beute rund um Meteoritengürtel, die geneigte Alien-Rasse nimmt auch an den Rettungsmissionen der Siedler teil, eine „Agentur“ bildet wie die Starfleet Academy ihre Kadetten aus, und die Kolonialisten liegen in ihren Schlafkapseln wie weiland die Besatzung der Nostromo, die auch einem Notruf-Signal auf einen wüsten Planeten folgte.

Die Grundidee, diverse Kolonien im All zu errichten, was gerne auch mal schiefgeht, haben wir in der frankobelgischen Comic-Ecke schon wiederholt erlebt, wie etwa jüngst in der „Rückkehr nach Belzagor“. Filippi bringt das Geschehen flott voran, und auch wenn von Anfang an klar ist, dass das vermeintliche arme Strahlenopfer der eigentliche Missetäter ist und Milla mit den Piraten nicht ganz so unbekannt ist, wie sie glauben machen möchte, haben wir eine handfeste, unterhaltsame Space Opera vor uns, die kurzweilig und actionreich beste Unterhaltung bietet. Auch die Inszenierung von Vincenzo Cucca passt wunderbar in den Rahmen, liefert schmackige Raumkampf-Aktion und ordentlich exotische fremde Welten. Wir sind gespannt, was wir hier noch erleben dürfen – Band 2, „Der Untergang“, und Band 3, „Der Mutterbaum“, sind bereits in Vorbereitung.

Dieser Text erschien zuerst auf Comicleser.de.

Holger Bachmann ist Autor diverser Bücher und Aufsätze zur Film- und Literaturgeschichte. Neben dem Comicleser.de schreibt er auf kühleszeug.de über Konzerte und geistvolle Getränke.

Seite aus „Colony“ Band 1 (Splitter Verlag)