„Echt jetzt?! Bisschen einseitiger Blick! Don’t be such a dick, Freud!“ Viel mehr hat Katja Klengel nicht übrig für Sigmunds Freuds Darstellung der Vagina als kastrierten Penis und der daraus resultierenden Behauptung des Penisneides.
Fragwürdige Theorien wie diese haben immerhin bis heute einzementiert, dass das weibliche „Untenrum“ der „Voldemort unter den Vermeidungsbegriffen“ ist, wie Klengel feststellt. In ihrem Comic-Band „Girlsplaining“ dreht sie den Spieß um und spricht mit schonungsloser Offenheit und erfrischender Frechheit an, was es für sie heute bedeutet, eine Frau zu sein, von Fragen der Körperbehaarung und Kinderkriegen bis hin zu Vorspiel und Spielzeug.
„‚Girlsplaining‘ ist an den Begriff ‚Mansplaining‘ angelehnt, der so viel heißt wie ‚Man is explaining‘. Das beschreibt einen nicht seltenen Zustand, in dem Männer auf herablassende Weise Frauen erklären, wie die Welt läuft und ihre Macht demonstrieren“, sagt Klengel. „Girlsplaining ist also für mich der Moment, in dem ich den Spieß umdrehen kann, reden kann, meine Ruhe habe, Dinge zu denken, auszusprechen und zu formulieren, ohne unterbrochen zu werden und eben ‚ge-mansplaint‘ zu werden.“
In „Girlsplaining“ versammelt die 1988 in Jena geborene Comickünstlerin und Drehbuchautorin hauptsächlich ihre im feministischen Online-Magazin „Broadly“ erschienenen Comic-Kolumnen. Darin zeigt sie die Sicht der Generation „Sailor Moon“ (Klengels größte Kindheitsheldin), die mit „Powerpuff Girls“ und „Buffy“ aufgewachsen ist, auf heute noch immer herrschende Tabus, Vorurteile, Geschlechterrollen und vermeintliche Unzulänglichkeiten. Das mag ziemlich ernst klingen, das Gegenteil ist aber der Fall.
Klengel gräbt Teenageranekdoten zur Entdeckung ihrer Klitoris aus, generiert sich als eine Art Anti-Carry Bradshaw, findet sich im Bett mit Mr. Spock wieder und breitet bereitwillig ihr Nerd-Dasein als manische Puppen- und Figurensammlerin aus.
Mit ihren Geschichten, Strips und Comicvignetten steht Klengel in einer Reihe von feministischen Comiczeichnerinnen, die sich kein Blatt vor dem Mund nehmen und die Gender-Debatte samt Body-Positivity-Trend nicht nur mit Zorn und Zynismus, sondern auch mit Witz und popkulturell geschulten Augenzwinkern in die Hand nehmen – allen voran Liv Strömquist.
Klengel hat sich in den letzten Jahren mit ihrem Web-Comic „Blattonisch“ und ihrer in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vorveröffentlichten Erzählung „Als ich so alt war“ als eine der herausragenden jungen Comic-Talente der deutschen Szene etabliert.
Dieser Beitrag erschien zuerst am 14.12.2018 auf dem Standard-Comicblog Pictotop.
Hier gibt es ein Interview mit Katja Klengel.
Karin Krichmayr arbeitet als Wissenschaftsredakteurin für Der Standard. Außerdem betreibt sie für die österreichische Tageszeitung den Comicblog Pictotop.