Josephine Mark hat mit „Trip mit Tropf“ einen erfahrungsgesättigten Comic gezeichnet, der das Leid einer Krebserkrankung von seiner komischen Seite nimmt. Ihr Werk ist für den diesjährigen Max und Moritz-Preis nominiert.
Es geht schon rasant los: In einer Tierklinik mitten im Wald sitzen Igel, Bär, Reh – und warten auf ihre Behandlung. Dann fallen Schüsse. Eine Jagdgesellschaft scheucht die leidenden Tiere auf. Und ausgerechnet das krebskranke Kaninchen rettet dem rüden Wolf das Leben: Eine Gewehrkugel ist am Infusionsständer abgeprallt.
Für den Wolf ist diese Rettung eine Zumutung, denn gemäß dem wölfischen Ehrenkodex ist er nun für das Wohlergehen des Kaninchens verantwortlich. Was folgt, ist eine rasante Flucht vor den Jägern durch den Wald, bei der selbst das Rattern des Tropfständers zur wunderbaren Slapstick-Einlage wird. Josephine Mark hat sich das ausgedacht, als sie selbst eine Chemotherapie machen musste.
Das Wort Krebs fällt in diesem Comic kein einziges Mal. Die Symptome der Chemotherapie sind aber eindeutig: Das Kaninchen hat Haarausfall, sodass es im Laufe des Comics immer nackter durch den Wald läuft. Josephine Mark hat in dem Comic ihre eigenen Erfahrungen mit der Chemotherapie einfließen lassen und lässt all das das Kaninchen durchleben. Wie die Medikamente den eigenen Körper übel riechen lassen. Und dann immer wieder Nasenbluten.
„Trip mit Tropf“ hat Josephine Mark als bunten Funny-Comic gezeichnet, in dem schon mal Häuser explodieren oder Schweißtropfen durch die Luft fliegen – zum Beispiel, wenn eine neue Dosis der Chemotherapie in den Kaninchenkörper muss und das Kaninchen die Spritze selbst setzen muss.
Auch diese Erfahrung kennt Josephine Mark. Sie erinnert sich, wie sie gehadert hat und am Anfang dann doch Hilfe von der Krankenschwester benötigte. All das kann sie deshalb so lustig umsetzen, weil sie sich auch in Extremsituationen ihren Humor bewahrt hat, wie sie selbst sagt.
Zaudern, leiden – und dann doch immer wieder einen herrlichen Spaß haben. Josephine Mark zeichnet die Höhen und Tiefen einer Chemotherapie auf. Und sie gibt dem Comic durch das Aufeinanderprallen des anschmiegsamen Kaninchens und des abgebrühten Wolfs zusätzlich Rasanz.
Josephine Mark hat mit „Trip mit Tropf“ einen Comic gezeichnet, der die Zumutungen und das Leid der Krebserkrankung von seiner komischen Seite nimmt. So wird die Krankheit auch für Außenstehende zugänglich. Und vermittelt eine ungeheure Lust am Leben.
Dieser Beitrag erschien zuerst am 02.06.2022 auf: kulturradio rbb
Andrea Heinze arbeitet als Kulturjournalistin u. a. für kulturradio rbb, BR, SWR, Deutschlandfunk und MDR.