Kindercomics – 3 Last-Minute-Geschenktipps

Bild aus "Nowhere Girl" (Reprodukt)

Noch schnell in den Comicladen, denn irgendwie fehlt immer noch das ein oder andere Geschenk? Um die Entscheidung leichter zu machen, stellt Andrea Heinze drei Comics für Kinder und Jugendliche vor.

Für Grundschulkinder
Tanja Esch: „Boris, Babette und lauter Skelette“

Boris wünscht sich eigentlich kein Haustier – doch als das deutlich ältere Nachbarkind Lynette Urlaub in London machen will, schwatzt sie ihm ihre Babette auf. Babette ist ein zu groß geratener Hamster, der sprechen kann und sich nur dann richtig zuhause fühlt, wenn es im Zimmer gruselig ist. Diese Ausgangslage stellt Boris vor einige Herausforderungen. Zum Beispiel wie man gruselige Skelette zusammenbaut. Oder dass die aufmüpfige Babette unbedingt vor den Eltern versteckt werden muss, denn die mögen keine Haustiere.

Tanja Esch hat mit „Boris, Babette und lauter Skelette“ eine kunterbunte Geschichte gezeichnet, die allen Quatsch und alle Abenteuer beinhaltet, die Grundschulkinder lieben: So hat Babette einen S-Fehler, der jede Gruselparty zur Gruschelparty werden lässt. Ferner muss ein Einbruch im Tierheim verübt werden, bei dem Babette gerettet werden soll.

Ganz nebenbei erzählt Tanja Esch auch, was es bedeutet, anders zu sein als die anderen – und wie einsam man sich damit fühlen kann. Und sie zeigt, wie Verständnis füreinander hilft, auch große Unterschiede zu überwinden. „Boris, Babette und lauter Skelette“ von Tanja Esch ist also ein großer Spaß mit leisem Tiefgang.

Kibitz Verlag, Berlin 2022. 160 Seiten. 22 Euro

Für Kinder ab 12 Jahren
Brenna Thummler: „Sheets: Am Ende bleibt uns nur ein Bettlaken“

Die 13-jährige Marjorie Glatt findet ihr Leben furchtbar gruselig. Allerdings nicht nur, weil in ihrer Wäscherei nachts ein Geist auftaucht, der das strahlend weiße Ballkleid von Marjories Erzrivalin versehentlich rot einfärbt und auch sonst einiges durcheinanderbringt.

Marjorie findet ihr Leben vor allem gruselig, weil ihre Mutter gestorben und ihr Vater seitdem so kraftlos ist, dass sie den ganzen Familienbetrieb allein schmeißen muss. Und weil in der Schule die demütigenden Kommentare der Mitschüler auf sie warten – und ein Sportunterricht, der nichts für Marjorie ist.

Die US-Zeichnerin Brenna Thummler taucht mit „Sheets: Am Ende bleibt nur ein Bettlaken“ tief in die Verstörung der Pubertät ein. Wie unbehaust sich Marjorie fühlt, sieht man schon an ihrem Gesicht, das Brenna Thummler immer wieder dermaßen derangiert zeichnet, als würde ihre Persönlichkeit aus dem Ruder laufen.

In die Depression abgleiten lässt sie diesen Comic aber nie. Das liegt daran, dass sie immer wieder Typen karikiert, wie Mr. Saubertruck, der den Waschsalon von Marjories Familie sabotiert, um auf dem Gelände ein Edel-Spa mit Yoga-Wellness aufzubauen. Aber auch an Wendell, dem Geist eines verstorbenen Jungen, der so viel Chaos anrichtet und am Ende Marjorie zu neuem Lebensmut verhilft.

Brenna Thummler legt mit „Sheets: Am Ende bleibt nur ein Bettlaken“ die abgründig komische Charakterstudie einer Pubertierenden vor.

Cross Cult, Ludwigsburg 2022. 240 Seiten. 25 Euro

Für Kinder ab 12 Jahren
Magali Le Huche: „Nowhere Girl“

Geradezu beschwingt kommt der Comic „Nowhere Girl“ von Magalie Le Huche daher. In dem autobiografischen Comic beschreibt die Zeichnerin, wie sie voll und ganz in die Welt der Beatles abdriftet und mit deren Musik am Ende sogar ihre Schulangst besiegt.

Diese Schulangst ist in der 5. Klasse so groß, dass Magalie jeden Morgen erbrechen muss – so lange, bis sie nicht mehr zur Schule geht. Die Last der Schule zeichnet Magalie Le Huche zum Beispiel als Schul-Rucksack, der von Tag zu Tag immer größer wird, bis er die kleine Magalie unter sich zu erdrücken droht.

Quirlig und knallbunt sind dagegen die Zeichnungen der Musik, in die Magalie im wahrsten Sinne des Wortes immer wieder eintaucht, etwa wenn sie mit der „Yellow Submarine“ auf Tauchstation geht. Oder sich beim Hören von „Nowhere Man“ vorstellt, von den Armen der Beatles gehalten zu werden. In „Nowhere Man“ besingen die Beatles Selbstisolation und Orientierungslosigkeit. Diese Beatles-Musik wird für Magalie Droge und Therapie zugleich. „Nowhere Girl“ von Magalie Le Huche ist eine Freude für Teenager und Beatles-Fans.

Reprodukt, Berlin 2022. 120 Seiten. 24 Euro

Dieser Beitrag erschien zuerst am 21.12.2022 auf: kulturradio rbb

Andrea Heinze arbeitet als Kulturjournalistin u. a. für kulturradio rbb, BR, SWR, Deutschlandfunk und MDR.