Gespenstergeschichten und magische Bücher

Früher galten Comics ausschließlich als ein schlichtes Medium für Kinder – das hat sich im Verlauf der Jahrzehnte auch im deutschsprachigen Raum geändert. Heutzutage werden durchaus anspruchsvolle Comics für Kinder veröffentlicht, häufig mit einem phantastischen Inhalt. Wir präsentieren an dieser Stelle zwei dieser Comics, die im Toonfish-Verlag erschienen sind.

Christophe Arleston / Audrey Alwett / Mini Ludvin: Elfies Zauberbuch

Der französische Comic-Autor Christophe Arleston ist vor allem durch seine teilweise groben, aber unterm Strich lustigen Fantasy-Abenteuer bekannt. Mit „Elfies Zauberbuch“ legt er einen Comic vor, der im Hier und Jetzt spielt, allerlei phantastische Elemente aufweist und sich vor allem an ein jüngeres Publikum richtet. Bei Toonfish ist soeben der zweite Band erschienen.

Die Geschichte hat einen ausgesprochen hübschen Start: Drei Mädchen sind mit einem roten Doppeldeckerbus unterwegs, der zugleich eine rollende Buchhandlung ist. Die älteste der drei fährt den Bus, sie hat sich das Sorgerecht für ihre jüngeren Schwestern erkämpft. Und während sich das Trio immer mal wieder streitet, aber unterm Strich zusammenhält, entdeckt die jüngste der drei Schwestern, dass sie offensichtlich eine magische Gabe hat.

Arleston kann temporeich erzählen, und das zeigt er bei diesem abwechslungsreichen Plot. Unterstützt wird er dabei durch seine Co-Autorin Audrey Alwett. Die drei Mädchen sind hervorragend charakterisiert, jede hat ihre Eigenheiten, und doch schließt man sie schnell ins Herz. Der eigentliche „Fall“, bei dem es unter anderem um eine alte Briefmarke und einen sprechenden Frosch geht, ist unterhaltsam und sehr witzig.

Zeichnerisch kann das Ganze ebenfalls überzeugen. Mini Ludvin schafft es, Elemente aus modernen Mangas – etwa die großen Augen oder die dynamischen Bewegungen – mit klassischer frankobelgischer Comic-Unterhaltung zu verbinden. Die Farben sind ein wenig aquarellig, aber jedes Bild für sich ist stimmig und überzeugend.

Klar bin ich nicht die Zielgruppe, aber das ist ein Comic, den ich jederzeit einem Mädchen oder einem Jungen im Alter von zehn bis 14 Jahren in die Finger drücken würde, um ihn oder sie für Comics zu begeistern.

Julien Monier / Carbone: Sam und die Geister

Sam ist ein Mädchen, das bei seinem Bruder wohnt. Der Vater ist gestorben, über die Mutter erfährt man nichts, also hat der Junge das Sorgerecht – auch wenn das Jugendamt einen kritischen Blick auf ihn wirft.

Sam hält sich gern auf dem Friedhof auf und kann mit einigen der dortigen Toten sprechen; die schwirren als sphärisch wirkende Geister herum und kommunizieren mit ihr. Das ist nicht gruselig, sondern eher witzig.

Als Sam auf eine alte Dame stößt, die auf dem falschen Friedhof begraben worden ist, versucht sie mit ihrem Bruder, dem freundlichen Gespenst zu helfen. Die beiden machen sich auf, die Familie der Verstorbenen zu finden.

Verantwortlich für die Geschichte ist die Szenaristin Carbone, die schon mehrere Comics für Kinder verfasst hat (u. a. „Die magische Spieluhr“) und sich sehr gut auf die fantasievollen Gedanken von Kindern einlassen kann. Trotz des Themas – der Tod! – wirkt der Comic ausgesprochen nett. Die Figuren sind sympathisch, und Sam als Heldin muss man einfach mögen – eine tolle Identifikationsfigur für Kinder!

Die Bilder stammen von Julien Monier, und sie sind absolut gelungen: eine schöne Vermengung von humoristisch, ohne dass es Knollennasenmännchen wären, und ernsthaft, sogar ohne Manga-Einfluss. „Sam und die Geister“ erweist sich als kurzweiliger Comic-Zweiteiler.

Dieser Text erschien zuerst auf: perry-rhodan.net

Audrey Alwett, Christophe Arleston (Autor*innen), Mini Ludvin (Zeichnerin): Elfies Zauberbuch. Band 1 & 2 • Aus dem Französischen von Desirée Schneider • Toonfish, Bielefeld 2023/2024 • je 80 Seiten • Hardcover • je 17,95 Euro

Carbone (Autor), Julien Monier (Zeichnerin): Sam und die Geister. Band 1 & 2 • Aus dem Französischen von Hanna Reininger • Toonfish, Bielefeld 2023/2024 • je 56 Seiten • Hardcover • je 14,95 Euro

Klaus N. Frick ist Chefredakteur der Science-Fiction-Heftroman-Serie „Perry Rhodan“ sowie Autor zahlreicher SF-Romane und -Kurzgeschichten.