Kräftemessen zweier Künste

Schon mal in Tschernobyl gewesen? Oder der lebensbedrohlichen Kälte der französischen Süd- und Antarktisgebiete ausgesetzt? Der französische Comiczeichner Emmanuel Lepage bereist Orte, die das Gros seiner Leser/innen vermutlich nicht einmal freiwillig aufzusuchen gewillt ist, und er überträgt seine Eindrücke in atemberaubend aquarellierte Bilder, die selbst den menschenfeindlichsten Schauplätzen noch eine bizarre Schönheit verleihen.

Im Splitter Verlag erschienen mit „Reise zum Kerguelen-Archipel“ und „Ein Frühling in Tschernobyl“ bereits zwei dicke Dokumente von Lepages extravaganten Expeditionen. Nun wächst sein comicjournalistisch-poetisches Werk zur Trilogie. In „Weiß wie der Mond“ (ebenfalls bei Splitter erschienen) verschlägt es Lepage erneut in die TAAF (Terres Australes Françaises), diesmal mitten in die Antarktis. Der Clou: in Gestalt seines Bruders Francois Lepage, einen Fotografen, erhält er kreative Unterstützung, und so entwickelt sich die Reise zu einem spielerischen Kräftemessen zweier Künstler und Künste. Die mit über 200 Seiten auch mit Abstand umfangreichste Arbeit Lepages erhielt in Frankreich bereits mehrere Preise und wurde u.a. als „Bester Comic 2014“ von Telerama Frankreich ausgezeichnet. Ein über 50 Seiten fassender Anhang dokumentiert die Entstehung – ein Glücksfall für die Leser/innen, die von einzigartigen Zeichnungen und großformatigen Fotografien gleichermaßen verwöhnt werden.

Emmanuel Lepage: Weiß wie der Mond. Splitter, Bielefeld 2015. 256 Seiten, € 39,80