In der fernen Zukunft von Rick Remenders und Greg Tocchinis neuem Science-Fiction-Comic-Highlight „Low“ hat die radioaktive Strahlung der sterbenden Sonne die Reste der Menschheit in Kuppel-Städte am Meeresgrund getrieben. Doch die wiederaufbereitete Luft wird dort nicht nur immer giftiger, sondern auch immer knapper. Die Obrigkeit flüchtet sich bereits in dekadente Orgien und hält dank ihrer Privilegien höchstens etwas länger durch als der noch früher zum Untergang verdammte Rest der Tiefsee-Metropole Salus. Andernorts regieren indes ohnehin Mord und Gewalt, da Piraten die Massen mit Gladiatoren-Kämpfen zwischen Tauchern und Tiefsee-Monstern in der Aqua-Arena bei Laune halten. In dieser harten, rohen Unterwasser-Welt ist Stel Caine die Einzige, die noch Hoffnung hat und optimistisch an eine Zukunft glaubt. Und das, obwohl das Leben ihr und ihrer Familie übel mitgespielt – und noch lange nicht mit ihr fertig ist …
Der ehemalige Animations-Zeichner Rick Remender (Der Gigant aus dem All) machte sich in den letzten Jahren als Comic-Autor zum einen mit Superhelden-Storys für Marvel einen Namen, und zum anderen mit eigenständigen Science-Fiction-Titeln wie „The Last Days of American Crime“, „Fear Agent“, „Black Science“ und jetzt eben „Low“. Letzteres setzt er dabei erneut zusammen mit dem brasilianischen Künstler Greg Tocchini um, der schon den finalen Bankraub in der Geschichte der Vereinigten Staaten in seinem außergewöhnlichen Stil bebilderte. Tocchinis Artwork kommt im deutschen „Low“-Hardcover übrigens noch besser zur Geltung, da dieser größer ist als die amerikanischen Hefte und Paperbacks.
Im Vorwort zu „Stadt ohne Hoffnung“, dem ersten „Low“-Sammelband, verrät Mr. Remender außerdem, dass Stel Caine stellvertretend steht für den Wandel seiner eigenen Lebensphilosophie und -einstellung. Denn mithilfe einer Therapie wurde aus dem pessimistischen Remender letztlich ein Optimist, der an die Kraft und die Macht des positiven Denkens glaubt und seither ein besseres Leben führt, wie er selbst sagt. So, wie Stel, erschütterte Mutter und Ehefrau, die dennoch unumstößlich daran glaubt, dass es stets einen Ausweg und eine Chance auf Rettung gibt.
Rettung braucht die Science-Fiction im Comic indes keine, solange Kreative wie Rick Remender und Greg Tocchini solche Panel-Geschichten abliefern. Am Grunde des Ozeans setzen sie auf ein frisches Setting, coole Einfälle, gefälliges Abenteuer, gute Action Bilder, die keine Stangenware sind – eine überzeugende Mischung für erwachsene SF-Fans und ein echter Genre-Höhenflug in der Tiefe.
Rick Remender & Greg Tocchini: Low Bd. 1: Stadt ohne Hoffnung. Splitter, Bielefeld 2015. 176 Seiten, 24,80 Euro