Unter Bären, Monsterjägern, Urmenschen und Nachwuchsdetektivinnen

Es empfiehlt sich, immer mal wieder nach den Comics von Toonfish zu schauen. Unter dieser Marke veröffentlicht der Splitter Verlag vor allem Comics für Kinder, wobei es mit den „Schlümpfen“ einen klaren Schwerpunkt gibt. Es lohnt sich, auch die weiteren Perlen des Programms zu betrachten – heute stelle ich vier davon vor.

Enola Holmes

Bei „Enola Holmes“ handelt es sich um die Comic-Umsetzung eines Jugendbuches. Nancy Springer hat es mit ihren Romanen um Enola, die schlaue Schwester des bekannten Detektivs Sherlock Holmes, geschafft, viele Leserinnen und Leser weltweit zu begeistern. Die Romane gibt es bereits in Form zweier Netflix-Filme (der zweite ist seit wenigen Tagen zu sehen), eine Comic-Umsetzung war also nur eine Frage der Zeit.

Die Geschichte ist flott erzählt: Enola Holmes ist ein kluges Mädchen, das sich selbst oft im Weg steht. So hat sie herausgefunden, dass ihr Name „Alone“ ist, wenn man ihn andersherum liest, und das frustriert sie. Zudem ist ihre Mutter verschwunden und hat ihr nur allerlei Geheimbotschaften zurückgelassen. Wie soll man da mit gerade mal vierzehn Jahren ein vernünftiges Leben anfangen?

Serena Blasco versteht es hervorragend, die Romane von Nancy Springer – die ich nicht gelesen habe – in eine gelungene Geschichte zu verwandeln. Als Leser folgt man interessiert den Ermittlungen, die Enola anstellt, und ist die ganze Zeit gewissermaßen in ihrem Kopf. Für die eigentliche Zielgruppe, also junge Comic-Leser, ist das sicher großartig, aber als Erwachsener fühlt man sich auch gut unterhalten.

Die Bilder, mit denen Serena Blasco die Geschichte illustriert, sind ebenfalls recht außergewöhnlich: Die Farben sind eher blass, die Linien hingegen dynamisch, die Gesichter immer ein wenig „verzogen“. Die Künstlerin hat sich offenbar bei mehreren modernen Comic-Stilrichtungen bedient und daraus einen eigenen, sehr schönen Strich entwickelt. Der erste „Enola Holmes“-Band macht auf die Fortsetzungen neugierig, von denen kürzlich die sechste erschienen ist.

Elma – ein Bärenleben

Ein riesiger Bär, ein kleines Mädchen: Gemeinsam ziehen sie durch die Wälder eines Fantasy-Landes. Sie unterhalten sich, sie haben viel Spaß miteinander, sie erleben gemeinsam Abenteuer. Doch dann kommt der Tag, an dem der Bär das Kind zurück in die Welt der Menschen bringen muss…

Nach einem Szenario von Ingrid Chabbert entstand „Elma – ein Bärenleben“, ein schöner Comic, der streckenweise die Anmutung eines Kinderbuches hat. Die Dialoge sind gelungen, das kleine Mädchen ist fröhlich und aufgeweckt, der Bär wirkt ruhig und gelassen. Gemeinsam sind die beiden ein gutes Paar. Die Story wirkt ein wenig wie eine modernisierte Version des „Dschungelbuches“, ist aber eigenständig genug, um zu überzeugen.

Gelungen sind vor allem die Zeichnungen von Léa Mazé. Sie sind kindgerecht, mit eher blassen Farben und dünnen, sehr lockeren Linien, manchmal bewusst „künstlerisch“ und auf ihre Art wunderschön. „Elma – ein Bärenleben“ erweist sich als eine Geschichte um Liebe und Freundschaft, um Familie und Hoffnung. Toll!

Frnck

Schnell erzählt, mit dynamischen Bildern und schnellen Szenen: Der erste Band von „Frnck“ ist eine gelungene Lektüre für Kinder ab zehn Jahren. Dass das so gut funktioniert, liegt sicher an der witzigen Hauptfigur.

Dabei handelt es sich um einen Jungen namens Franck, der als Waise davon besessen ist, seine Eltern zu suchen. In einem Vergnügungspark, wo er sich herumtreibt, wird er durch einen Zufall von einer Art Zeitfalle erfasst und in die Vergangenheit geschleudert. Es gibt allerlei monströse Wesen, Säbelzahntiger und andere Bestien, und er trifft schnell auf die ersten Urmenschen. Da kapiert er, dass er in die Vergangenheit geschleudert wurde – und dort ist nun mal alles anders…

So lässt sich die Geschichte von „Der Anfang vom Anfang“ zusammenfassen, dem ersten Band der Serie, der im Sommer 2021 erschienen ist. Mittlerweile sind zwei Forsetzungen erhältlich (Band 4 ist für März 2023 angekündigt), und ich könnte mir vorstellen, dass die Serie vor allem bei Jungs gut ankommen dürfte. Olivier Bocquet schrieb eine Geschichte, die flott erzählt ist und in der ständig etwas passiert. Franck ist ein Held, der oft handelt, bevor er nachdenkt. Dabei gerät er ständig in Situationen, die entweder spannend oder peinlich sind.

In Szene gesetzt wird das von Brice Cossu; die Bilder sind dynamisch und richten sich stark an der potenziellen Zielgruppe aus, also Kinder und junge Jugendliche. Vor allem die Action ist stets dynamisch, die Figuren wirken wie eine Mischung aus klassischen frankobelgischen Comics à la „Asterix“ und modernen Anime-Serien.

Archibald, der Monsterdetektiv

Mit „Archibald, der Monsterdetektiv“ ist eine aus Korea stammende Serie in Deutschland gelandet. Den ersten Band habe ich mittlerweile gelesen, über diesen schreibe ich hier. In den vier weiteren Bänden geht es übrigens um Werwölfe, Vampire und Trolle. Da passt es, dass gleich in der ersten Geschichte allerlei Zombies auf den Plan treten.

Archibald ist ein Junge, der in der Schule seine Probleme mit kräftigen Jungs hat, in seiner Freizeit aber als Detektiv unterwegs ist. Er hat sich auf Monster spezialisiert, die er überall sieht. Und gleich sein erster Fall hat es in sich: Sein Auftraggeber entpuppt sich als ein aufrecht gehender Hund, der sprechen kann. Der Hund und der Junge werden in der Folge dicke Freunde, vor allem deshalb, weil sie es gemeinsam mit einer Bande von Zombies aufnehmen müssen…

Von Kim Hyun-Min hatte ich zuvor nicht gehört. Sein Comic ist flott und kindgerecht – sofern man es als Erwachsener gut findet, dass acht Jahre alte Kinder schon wissen, was Zombies und dergleichen sind. Archibald ist eine tolle Figur, die Geschichte ist witzig, abwechslungsreich und ausgesprochen rasant erzählt. Die Zeichnungen ergänzen das wunderbar. Der Koreaner ist vom klassischen frankobelgischen Kinder-Comic beeinflusst, was auf seine Zeichnungen abfärbt. Die Figuren sind witzig, die Hintergründe stecken immer wieder voller Details.

Der erste Band ist ein gelungener Einstieg in die Reihe: ein gruseliger Comic mit hohem Spaßfaktor für Kids und Erwachsene, die Freude an kindlichen Geschichten haben! Mittlerweile sind alle fünf Alben veröffentlicht worden und die Serie liegt vollständig vor.

Dieser Text erschien zuerst auf: perry-rhodan.net

Klaus N. Frick ist Chefredakteur der Science-Fiction-Heftroman-Serie „Perry Rhodan“ sowie Autor zahlreicher SF-Romane und -Kurzgeschichten.

Ingrid Chabbert (Szenaristin), Léa Mazé (Zeichnerin): „Elma. Ein Bärenleben“. Aus dem Französischen von Anne Bergen. Toonfish, Bielefeld 2021. 88 Seiten. 19,95 Euro

Serena Blasco: „Enola Holmes. Bd. 1-6“. Aus dem Französischen von Désirée Schneider. Toonfish, Bielefeld 2021/2022. Je 64 Seiten. 14.95 Euro/15,95 Euro

Olivier Bocquet (Szenarist), Brice Cossu (Zeichner): „Frnck. Bd. 1-3“. Aus dem Französischen von Jano Rohleder und Swantje Baumgart. Toonfish, 2021/2022. Je 56 Seiten. Je 13,95 Euro

Hyun-Min Kim: „Archibald, der Monsterdetektiv“. Aus dem Französischen von Tanja Krämling. Toonfish, Bielefeld 2021/2022. Je 40 Seiten. Je 12,95 Euro