„Marada die Wölfin“ – Klassische Fantasy von Chris Claremont und John Bolton

Spricht man über Creator-Owned-Comics, deren Rechte nicht beim jeweiligen Verlag liegen, sondern den Kreativen, denkt man an „Sin City“, „Hellboy“, „Bone“, „The Walking Dead“, und „Spawn“ – oder neuerdings an Titel wie „Saga“, „Nonplayer“ und „Low“. Doch ausgerechnet Marvel, einer der zwei großen Konzern-Giganten der amerikanischen Comic-Szene, startete mit dem Epic-Label bereits 1982 ein Imprint für Creator-Owned-Comics, das einige starke Werke hervorbrachte.

In dieser fruchtbaren Umgebung, in der u. a. der legendäre Redakteur Archie Goodwin eine treibende Kraft war, erschienen ab 1984 im Schwarzweiß-Magazin „Epic Illustrated“ auch die Fantasy-Geschichten um Marada die Wölfin, eine Tochter des antiken Roms, das sich gerade von der Republik zum Imperium wandelte. Historie, Mythen und Magie vermischen sich in Maradas Welt voll starker Krieger und Kriegerinnen, böser Zauberer und gefährlicher Dämonen.

Geschrieben wurden Maradas Abenteuer vom legendären „X-Men“-Autor Chris Claremont, die Zeichnungen übernahm der Engländer John Bolton, der u. a. Werke von Neil Gaiman oder Clive Barker auf malerische Art in Panel-Form umgesetzt hat. Für die Sammelband-Verwertung entstand schließlich eine Farb-Fassung der ersten beiden Storys, während die dritte Episode von Anfang an in Farbe angelegt war.

2013 feierte die silberhaarige Heldin auf Englisch ihre üppige Wiederauferstehung, ja wurden erstmals alle drei Geschichten in einem Band zusammengefasst. Dieser Version folgt die deutschsprachige Hardcover-Gesamtausgabe aus dem All-Verlag, und entsprechend gut sehen die Seiten im großen Album aus – Fans von Bolton, diesem unverkennbaren Meister der Fantasy-Kunst, werden es lieben und sich obendrein sicher über die üppige redaktionelle Betreuung freuen.

Aber natürlich ist Marada ein Kind ihrer Zeit – einer Ära, als alle Adaptionen von Robert E. Howards ikonischem, archetypischen Barbaren Conan und die erst durch Marvel zur solchen gemachte Red Sonja ihre Hochzeit erlebten. Ein paar altmodische Fantasy-Manierismen und Mr. Claremonts etwas steife Texte muss man also schon abhaben können.

Von John Bolton erscheint Anfang 2016 als nächstes übrigens das düstere Märchen „Shame: Tochter des Bösen“ erstmals auf Deutsch.

Chris Claremont & John Bolton: Marada – Die Wölfin. All Verlag, Wipperfürth 2015. 112 Seiten, 24,80 Euro