„Usagi Yojimbo“ – Wenn Kaninchen Schweine verstümmeln…

Uuund auf ein Neues! Mit „Der Ronin“, so der Titel des Bandes, beginnt der Dantes Verlag Stan Sakais Reihe „Usagi Yojimbo“ von vorne, und zwar von Anfang an. Beinhaltet sind dabei die Geschichten, die auch in den ersten beiden Bänden der Edition von Schwarzer Turm enthalten waren. Der Verlag verfolgt damit die Veröffentlichungsform des US-Publishers Dark Horse, bzw. der dort erscheinenden Usagi-Paperbacks. Der erste Titel in dieser neuen Reihe war Band 8 („Im Schatten des Todes“), der kürzlich in die Läden kam. Als nächstes erscheint Band 9, wobei die Lücke bis Band 8 nach und nach gefüllt wird. Als die in diesem Band gesammelten ersten Usagi-Stories erschienen, hatte „Leibwächter Hase“ noch keine eigene Serie (das war 1985-1986). Die Geschichten erschienen in Publikationen namens „Albedo“ oder „Critters“, wobei Usagi bereits das Cover zierte. Das erste, ihm auch vom Titel her gewidmete Heft ist „Usagi Yojimbo – Summer Special #1“ (bei Fantagraphics) und ebenfalls in diesem Band enthalten.

Was gleich auffällt: Stan Sakais Zeichenstil musste sich kaum entwickeln und ist schon in der ersten Geschichte erstaunlich ausgereift. Lediglich Usagis Kopf ist hier noch etwas groß geraten, was bereits ab der zweiten Story behoben wird. Ansonsten hat sich Sakais Strich über die Jahre (und Jahrzehnte!) wenig verändert. Auch wird ab dem zweiten Kapitel der bis heute aktuelle Personen-Kosmos der Serie eingeführt. Hier treffen wir zuerst auf die Kämpferin Tomoe Ame, die mit Usagi verbündet (und etwas mehr) ist. Die feindlichen Neko-Ninjas, die wir ja gerade erst in Band 8 wieder getroffen haben, geben ein erstes Stelldichein, und auch die allgegenwärtigen, echsenartigen Tokages erleben ihr Debüt. Und ein erster Gastauftritt wird absolviert: Groo der Wanderer, die Conan-Parodie von Mad-Star Sergio Aragonés, erscheint in einem Panel (Sakai letterte vor Usagi zahlreiche Groo-Hefte). Am Ende der Story sehen wir mit Fürst Hikiji die einzige Figur der Serie, die als Mensch und nicht anthropomorph dargestellt wird (sein Adjutant ist Fürst Hebi, eine echt fiese Schlange, in doppeltem Sinne…).

In „Kopfgeldjäger“ trifft Usagi gleich mal einen zukünftigen Weggefährten: den verschlagenen und bauernschlauen Gen (Murakami Gennosuke, als Nashorn dargestellt), von dem sich Usagi gerne übers Ohr hauen lässt. Gen trägt hier noch sein Horn, das er erst viel später verlieren wird. „Das blinde Schwertschwein“ darf natürlich auch nicht fehlen und führt einen weiteren schillernden Charakter ein: Zato-Ino, der als blinder Verbrecher verfolgt wird und zum Feind Usagis aufsteigt. Denn der schneidet ihm im Duell seine Nase ab, mit der er sich als Blinder orientiert. Fortan muss er mit eine Holzprothese vorliebnehmen. Am Ende kehrt Usagi in einem ersten Zweiteiler in seine Heimat zurück und muss feststellen, dass sein Dorf von den Mogura Ninja terrorisiert wird, üble Maulwurfs-Gesellen, die sich durch die Erde graben und überall wie aus dem Nichts auftauchen können. Hier trifft Usagi seine Jugendliebe Mariko wieder, die an einen früheren Rivalen vergeben ist.

Die Geschichten sind zwar – aufgrund des Reiseweges Usagis – lose miteinander verbunden, können aber auch als Einzelabenteuer gelesen werden. Das Storytelling gestaltet Sakai später abwechslungsreicher. Hier kulminiert die Handlung (fast) einer jeden Episode noch in einer wüsten und teilweise durchaus heftigen Keilerei – später ging Sakai mit solchen Actionsequenzen bewusster und dafür intensiver um. Das Motiv des Ronins, des umherstreifenden Einzelgängers, der die Schwachen beschützt und die Bösen (wie auch das Böse in Form von Fantasy-Elementen, wie Gestaltwandlern und Dämonen) bekämpft, ist bereit voll ausgeprägt. Somit bieten auch die frühen Usagi Geschichten – samt vielen wichtigen Charakteren – bereits ein ausgereiftes Lesevergnügen. Die Abbildungen der Original-Cover runden den Band ab.

Dieser Text erschien zuerst auf Comicleser.de

Stan Sakai (Text und Zeichnungen): Usagi Yojimbo Band 1: Der Ronin. Aus dem amerikanischen Englisch von Jens R. Nielsen. Dantes Verlag, Mannheim 2017. 140 Seiten. Softcover. 14,95 Euro